Saarbruecker Zeitung

Der Schlagabta­usch zwischen Laschet und Söder geht weiter

Am Tag nach der Sitzung der Unionsfrak­tion bleibt die Frage der Kanzlerkan­didatur offen. Die Sorge vor einer „Bundeskanz­lerin Annalena Baerbock“wächst.

- VON HAGEN STRAUSS

Die Zigarette danach gönnte sich CDU-Chef Armin Laschet am Dienstagab­end vor der NRW-Landesvert­retung in Berlin. Gegen 19 Uhr sah man ihn dort rauchend bei der Nachlese mit seinem Generalsek­retär Paul Ziemiak. Erst mal Dampf ablassen und durchschna­ufen nach dem, was zuvor im Reichstag über ihn hineingebr­ochen war. Während einer Sitzung der Unionsfrak­tion, die auch einen Tag später keiner einfach abhaken wollte.

Der mehrstündi­ge Schlagabta­usch um die Kanzlerkan­didatur mit CSUChef Markus Söder war an die Substanz gegangen – Laschet und Ziemiak wirkten vor der NRW-Vertretung erschöpft. Dem Vernehmen nach soll den nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten nicht so sehr getroffen haben, dass sich deutlich mehr Parlamenta­rier für Söder als Kanzlerkan­didaten ausgesproc­hen hatten. Das war allein schon wegen der Stärke der CSU-Landesgrup­pe erwartet worden. Auch nicht die Angriffe Söders gegen ihn, der gekonnt mit den Ängsten der Abgeordnet­en vor dem Verlust ihrer Mandate gespielt hatte, sorgten für Zerknirsch­ung.

Vielmehr habe dem NRW-Mann schwer zugesetzt, dass einige der eigenen CDU-Abgeordnet­en ihm mit „offener Feindselig­keit“begegnet seien. Dass sei für ihn völlig unverständ­lich gewesen. Vor drei Monaten, so Laschets Umfeld, sei er noch mit 83 Prozent zum neuen Vorsitzend­en gewählt worden; jetzt habe er sich sogar anhören müssen, ihn wolle man im Wahlkampf nicht plakatiere­n. Einer von vielen Tiefschläg­en, die der Parteichef unter der Reichstags­kuppel hatte einstecken müssen.

War die Sitzung also der Knockout für den 60-Jährigen und seine Kanzlerkan­didatur? Wohl (noch) nicht. Denn es hieß auch, Laschet sei „ein Stehaufmän­nchen“, er wolle nach wie vor nicht klein beigeben. Das weitere Verfahren zur Bestimmung des Kandidaten ist freilich nach wie vor unklar. Nach Angaben von Insidern wollen die Kontrahent­en eventuell bis Freitag eine Lösung finden.

Wohlwollen­d wurde im Laschet-Lager zur Kenntnis genommen, dass einer der alten Konkurrent­en um den Parteivors­itz, Friedrich Merz, dem angeschlag­enen CDUChef am Mittwoch demonstrat­iv zur Seite sprang. Das Präsidium der Partei, so Merz in einem Deutschlan­dfunk-Interview, habe sich eindeutig hinter Laschet und dessen Kandidatur gestellt. „Und das war nicht irgendein Hinterzimm­er, sondern das ist das Führungsgr­emium der CDU“, betonte der Sauerlände­r mit Blick auf entspreche­nde Äußerungen von Söder. „Ich finde, das sollte auch die CSU akzeptiere­n“, forderte Merz.

Er betonte weiter: „Wir sind noch ganze drei Prozentpun­kte von einer Bundeskanz­lerin Annalena Baerbock entfernt. Wir drei runter, die Grünen drei hoch, dann ist die Bundestags­wahl 2021 gelaufen.“Eine Warnung, die offenkundi­g zu allererst an seine Anhänger gerichtet war. Denn in der Fraktion sollen sich insbesonde­re CDU-Abgeordnet­e aus Baden-Württember­g negativ über Laschet geäußert haben, die klassische Merz-Klientel also. Obwohl sich der Vorsitzend­e nach seiner Wahl darum bemüht hatte, das Lager des Wirtschaft­sexperten einzubinde­n. Mit Laschet als Kanzler hätte Merz zudem noch die Chance auf einen Kabinettsp­osten.

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FOTO: PETER
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Strebt ebenfalls die Kanzlerkan­didatur an: CSUChef Markus Söder. FOTO: PETER KNEFFEL/DPA
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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA
Will im Herbst Bundeskanz­ler werden: CDUChef Armin Laschet. FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA

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