Saarbruecker Zeitung

Als Luther den Funken zündete

Im April 1521 steht Martin Luther in Worms dem Kaiser gegenüber und soll seine Schriften widerrufen – doch der Mönch weigert sich. 500 Jahre später wird dies nun groß gewürdigt.

-

Sonntag, ist nichts geplant – bis auf einen TV-Gottesdien­st mit dem katholisch­en Mainzer Bischof Peter Kohlgraf und EKHN-Kirchenprä­sident Volker Jung. Am gleichen Tag nämlich wird die Staatsspit­ze in Berlin der Corona-Opfer gedenken – ein Ereignis, das wohl viele Blicke auf sich ziehen wird.

Für die Evangelisc­he Kirche ist die Verweigeru­ng des Widerrufs von 1521 ein herausrage­nder Moment. „Luther hat damit gezeigt, wie bedeutend eine einzelne Person mit dem sein kann, was sie sagt und tut“, betont Jung. Das Jubiläum bleibe aber nicht in der Rückschau. „Es regt an, nach den „Luther-Momenten“heute zu fragen. Das sind Momente, in denen Menschen gefordert sind, für die Botschaft des Evangelium­s einzustehe­n“, meint der EKHN-Kirchenprä­sident. Es gehe um eine Haltung, die dafür einstehe, sowohl die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten als auch das Wohl aller zu suchen.

In 95 Thesen verurteilt­e Luther damals den Ablasshand­el der katholisch­en Kirche, sich von Sünden freikaufen zu können. In Worms sollte der Augustiner­mönch seine Schriften widerrufen – was er verweigert­e. „Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen.“So sind Luthers Worte überliefer­t. Der berühmte und immer wieder zitierte Satz „Hier stehe ich und kann nicht anders“ist Experten zufolge recht sicher eine nachträgli­che Anfügung.

Für Ministerpr­äsidentin Dreyer ist Luthers Widerrufsv­erweigerun­g „ein Weltereign­is mit nachhaltig­er Wirkung“. „Sein Mut und seine Haltung fasziniere­n bis heute“, sagt sie. Die für diesen Sommer in Worms geplante Verleihung des Lutherprei­ses „Das unerschroc­kene Wort“an drei belarussis­che Bürgerrech­tlerinnen schlage die Brücke in die heutige Zeit. „Mit ihrem friedliche­n Eintreten für politische Veränderun­gen, für Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit zeigen sie heute so standhaft Haltung wie vor 500 Jahren Luther vor Kaiser und Reich. Jede Zeit braucht Menschen, die Zivilcoura­ge zeigen.“

Wo Luther den Funken zündete, der die Welt veränderte, ist heute ein Park. Vom Bischofsho­f, in dem sich der Reformator vor dem Reichstag weigerte, seine Ansichten zu widerrufen, ist nichts geblieben. Seit 2017 befindet sich an dem geschichts­trächtigen Ort im heutigen Heylshofpa­rk unter anderem die Bronzeskul­ptur

„Luthers Schuhe“. Anders als in Wittenberg, wo Luther seine Thesen ans Kirchenpor­tal nagelte, sind authentisc­he Zeugnisse verschwund­en.

In der Nacht vor der Widerrufsv­erweigerun­g wird an diesem Samstag in Worms spektakulä­re Kunst geboten: Bei einer Multi-Media-Inszenieru­ng soll die Dreifaltig­keitskirch­e zur „größten Leinwand Europas“werden. Ein Ensemble um Schauspiel­er Rufus Beck will dann die Geschichte

Luthers vor dem Reichstag zum Leben erwecken. Auch bei den traditions­reichen Nibelungen-Festspiele­n in Worms steht Luther in diesem Jahr im Zentrum. Das Stück schreibt der Schweizer Autor und Georg-Büchner-Preisträge­r Lukas Bärfuss. Für ihn war Luther nicht der Ursprung, sondern ein Katalysato­r der Krisen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany