Tarik Yilmaz verblüfft mit Kunst aus der Dose
Der Maler und Lackierer integriert Graffiti in den Handwerker-Alltag. Ihn nerven illegale Schmierereien, die Graffiti in Verruf bringen.
Ein Graffito der besonderen Art ziert seit wenigen Wochen den alten Brunnen im Sulzbacher Salzbrunnenhaus. Wer von oben hineinblickt, hat den Eindruck, ganz tief in den historischen Brunnen hineinzuschauen. Dabei wurde der längst zugeschüttet und ist nur noch zwei Meter tief. „Es war echt viel Arbeit, das genau so hinzubekommen. Du musst genau wissen, wo du etwas auf den Boden sprühst und musst ständig aus dem Brunnen, um die Perspektive von oben zu haben“, erklärt Tarik Yilmaz. Er hat vier Wochen an dem Kunstprojekt gearbeitet. Eine Arbeit, die zwar anstrengend war, aber für die ganze Leidenschaft des 29-Jährigen steht.
Er wuchs in Burbach auf, und im Alter von sechs Jahren kickte er Ende der Neunziger auf einem Sportplatz. „Ich sah während des Spiels einen alten Zug auf einem benachbarten Gelände. Er war bunt angemalt, und ich lief gleich nach dem Spiel hin, um mir das genau anzusehen.“
Damals war noch nicht daran zu denken, dass man sich über Graffiti im Internet informieren konnte, geschweige denn, dass es eine Anleitung im Netz gab, wie Graffiti funktionieren. „Wir hatten außerdem noch gar kein Internet. In Buchhandlungen gab es tolle Bücher, in denen wunderbare Bilder waren und Graffiti erklärt wurden. Das Problem war, dass so ein Buch 50 Mark kostete“, sagt heutige Dudweiler.
Der junge Tarik gab nicht auf und verfolgte seinen Traum. Er mähte in der Nachbarschaft Rasen, strich Zäune oder führte Hunde aus. Er Investierte alle Einnahmen in Graffiti-Bücher und erlernte die Kunst immer mehr. „Ich wollte eigentlich Abitur machen, habe aber bei einem Praktikum in einer Malerwerkstatt sofort gemerkt, dass der Beruf mich und meine Kunst weiterbringen wird“, sagt er.
Also wurde er nach der mittleren Reife Maler und Lackierer. Danach arbeitete er drei Jahre als Geselle und sparte für die Meisterschule. „Ich bin jetzt seit fünf Jahren Meister und kann mich voll auf meine Leidenschaft und meinen Beruf konzentrieren. Das ist schon ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Aber ich bin noch lange nicht fertig.“
Yilmaz hat mittlerweile ein eigenes Unternehmen, nimmt die klassischen Maler- und Lackierer-Aufträge und gleichzeitig Graffiti-Aufträge an – oder er kombiniert sie. „Die Hälfte aller Aufträge sind für Graffiti, die andere Hälfte normale. Wenn man eine tolle Hausfassade hat und diese nach einem neuen Anstrich mit Kunst verzieren kann, ergibt das ein echtes Unikat“, sagt der Künstler.
In der Europa-Galerie hat er eine Unterwasserlandschaft auf eine Wand gesprüht und auf der Folsterhöhe mit fünf weiteren Künstlern einen 43 Meter hohen Bergsteiger auf eine Hausfassade. In Dudweiler hat der 29-Jährige ein großes Gelände gepachtet. Dort möchte er ab dem kommenden Jahr Graffiti-Workshops geben, damit der Nachwuchs eine Möglichkeit hat, die Kunst zu erlernen. „Mich nerven die vielen Schmierereien an den Wänden und Brücken auch. Graffiti sind eine Kunst und dürfen mit den Schmierereien nicht verwechselt werden Auch deshalb möchte ich dieses tolle Hobby so vielen wie möglich genauer vorstellen“, sagt der Dudweiler Graffiti-Spezialist.
„Ich wollte eigentlich Abitur machen, habe aber bei einem Praktikum in einer Malerwerkstatt sofort gemerkt, dass der Beruf mich und meine Kunst weiterbringen wird.“
Tarik Yilmaz