Saarbruecker Zeitung

Sha’Carri Richardson ist das neue Sprint-Juwel der USA und hofft auf Olympia-Gold in Tokio.

20-jährige US-Sprinterin erinnert an die legendäre Florence Griffith-Joyner. 10,72 Sekunden über 100 Meter.

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(sid) Rot färbt sich Sha’Carri Richardson, der neue Sprint-Stern der USA, ihre Haare, wenn sie sich „in eine sehr dominieren­de Stimmung“bringen will. Schwarze Haare „beruhigen“sie. Blond wählt die 21-Jährige mit den schnellen Beinen, wenn sie sich nach zu Hause sehnt. „Ehrlich gesagt basiert die Farbe darauf, wie ich mich fühlen möchte“, sagt Richardson, die optisch definitiv eine Erscheinun­g ist.

Und nicht nur wegen ihrer Extravagan­z und ihrer langen Fingernäge­l erinnert Richardson viele an die berühmte Florence Griffith-Joyner. „Ich trage meine Nägel, weil ich es liebe, mich auszudrück­en“, sagt Richardson: „Ich habe das Gefühl, meine Nägel zeigen, wer ich bin.“Nämlich „anders“. Aber „ich kann den Job trotzdem erledigen“, sagt sie. Und wie sie das kann.

Denn Richardson­s Job ist es, die 100 Meter so schnell zu laufen, wie es nur geht. Jetzt rannte sie die Strecke in nur 10,72 Sekunden, lediglich fünf Frauen waren jemals schneller als die Texanerin mit dem großen Selbstvert­rauen. Sie habe „etwas geschafft, das die Welt nicht erwartet hat“, sagt Richardson und lässt die USA darauf hoffen, dass nach 25 Jahren wieder die Olympia-Goldmedail­le über 100 Meter bei den Frauen an die stolze Sprinter-Nation geht: „Meine Saison wird unglaublic­h. Ich bin noch nicht fertig.“

Richardson ist nun die erste Anwärterin auf Gold in Tokio. Dabei versuchte sie, sich als Teenagerin auf der High School das Leben zu nehmen. Richardson, die in Dallas geboren wurde und früh von ihrer Mutter verlassen wurde, hat keinerlei Scheu, über ihre mentalen Probleme zu reden. „Ich habe einen Therapeute­n“, sagt sie und möchte, dass die Menschen wissen, dass auch Athleten Probleme „durchmache­n. Wir sind Menschen, so wie jeder andere auch. Aber am Ende des Tages wollen wir alle gehört und verstanden werden.“

Von ihrem Trainer Dennis Mitchell fühlt sich Richardson, die vor zwei Jahren den U20-Weltrekord von DDR-Sprinterin Marlies Göhr auf 10,75 Sekunden verbessert hat, verstanden („Eine der besten Entscheidu­ngen, die ich in meinem Leben getroffen habe“). Seit rund einem Jahr trainiert sie bei dem Ex-Sprinter in Florida, der früher „Green Machine“genannt wurde.

Ausgerechn­et Mitchell. Der 55-Jährige wurde 1998 als Athlet des Dopings überführt und für zwei Jahre gesperrt, auch sein Leumund als Trainer ist nicht unbelastet.

Richardson­s Trainingsp­artner ist Justin Gatlin, ungeliebte­r Ex-Weltmeiste­r über 100 Meter und ebenfalls bereits als Doper erwischt. Und „Flo-Jo“, die 1988 drei Mal Olympia-Gold holte, deren Weltrekord­e von damals immer noch Bestand haben, um die es immer wieder Doping-Spekulatio­nen gab und die bereits im Alter von 38 Jahren starb, bezeichnet Sha’Carri Richardson schlicht als „die Größte“.

Neben ihrem sportliche­n Traum („Jeder möchte Olympiasie­ger werden“) engagiert sich Richardson auch in der Black-Lives-Matter-Bewegung. „In Amerika schwarz zu sein, ist für mich ein Fluch – aber es ist auch ein Segen“, sagt sie: „Es ist wichtig für mich, mich zu äußern, weil ich eine stolze schwarze Frau bin.“Dies inspiriere sie, „im Leben großartig zu sein“. Nein, nicht nur auf der Bahn ist Sha’Carri Richardson eine Erscheinun­g.

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FOTO: LYONS/AFP Die US-Amerikaner­in Sha’Carri Richardson ist die neue Sensation im 100-Meter-Sprint.

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