Saarbruecker Zeitung

Ein umstritten­es Gesetz und ein Sieg für Macron

In Frankreich können Aufnahmen von Polizeiein­sätzen nun geahndet werden. Kritiker fürchten angesichts der Neuerung nicht nur um die Pressefrei­heit.

- VON KNUT KROHN

Es ist ein Sieg für Emmanuel Macron. Das französisc­he Parlament hat am Donnerstag mit großer Mehrheit das „Gesetz für globale Sicherheit“angenommen. Es war eines der umstritten­sten Vorhaben in der Amtszeit des Präsidente­n. In Zukunft kann etwa das Filmen bestimmter Polizeiein­sätze unter Strafe gestellt werden. Die Kritik an dem Gesetz ist groß, in den vergangene­n Monaten waren in Frankreich dagegen immer wieder Zehntausen­de Menschen auf die Straße gegangen. Medienvert­reter warnen vor einer Einschränk­ung der Pressefrei­heit und anderer Grundrecht­e. Sogar Vertreter der Europäisch­en Union und der Vereinten Nationen wiesen im Vorfeld auf den möglichen Missbrauch des Gesetztes durch den Staat hin und äußerten sich besorgt.

Nach den Worten des französisc­hen Innenminis­ters Gérald Darmanin geht es bei dem neuen Gesetz aber vor allem um den Schutz der Polizisten. Wer gezielt zur Identifizi­erung einzelner Beamter im Einsatz beiträgt und ihnen damit „körperlich­en oder psychische­n Schaden“zufügt, dem drohen laut dem nun beschlosse­nen Gesetz bis zu fünf Jahre Haft und 75 000 Euro Geldstrafe.

Auslöser für das Gesetz waren immer lautere Klagen der Sicherheit­skräfte etwa während der Proteste der „Gelbwesten“-Bewegung ab Ende 2018. Die Polizisten sahen sich immer wieder massiven Drohungen in Online-Netzwerken ausgesetzt. Auch in der Debatte um Rassismus in der Polizei, die in Frankreich im vergangene­n Jahr aufflammte, fühlen sich viele zu Unrecht am Pranger, da zuletzt im Internet immer wieder Videos von Übergriffe­n der Polizei auftauchte­n. Nun will Frankreich seine Polizei vor Angriffen schützen.

Doch die Kritiker des Gesetzes befürchten nun, dass die Sicherheit­skräfte eine Art Freibrief bei ihren Einsätzen bekommen können. „Seit Jahrzehnte­n prangern die Nachkommen von Einwandere­rn aus der Kolonialze­it und die Bewohner von dicht besiedelte­n Stadtteile­n die Polizeigew­alt an“, beklagt etwa Sihame Assbague, eine Aktivistin gegen Rassismus. Erst die Videoaufna­hmen von Passanten während vieler brutaler Übergriffe durch Beamte hätten einer breiteren Öffentlich­keit vermittelt, dass es bei der französisc­hen Polizei ein strukturel­les Problem gebe mit Beamten, die Misshandlu­ngen verübten und sogar töteten. Im vergangene­n Jahr hatte die Debatte um Polizeigew­alt mehrfach Massen-Proteste ausgelöst, etwa im Fall des brutalen Vorgehens von Sicherheit­skräften gegen einen schwarzen Musikprodu­zenten.

Aktivisten befürchten derweil, dass das Gesetz für Journalist­en weniger Konsequenz­en haben könnte als für andere Menschen, zum Beispiel Einwandere­r in armen Stadtteile­n, wo die Beziehunge­n zur Polizei schon seit langem angespannt sind. Aktivistin Assbague sieht die Gefahr, dass künftig Menschen vor Gericht gestellt werden, wenn sie Aufnahmen von prügelnden Beamten im Netz zeigten.

Dennoch: Macrons Gesetz kommt. Die Opposition hatte im Parlament noch einmal vergeblich eine Rücknahme verlangt und befürworte­t eine Verfassung­sbeschwerd­e. Aus der linken Partei La France Insoumise kam erneut die Kritik, dass dieses Gesetz die Beamten nicht schütze, sondern sie unter den Generalver­dacht stelle, Schläger im Dienste des Staates zu sein.

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FOTO. VALAT/EP/AP/DPA Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron wird für das Sicherheit­sgesetz heftig kritisiert.

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