Saarbruecker Zeitung

Expertenra­t plädiert für Nachbesser­ungen am Klimageset­z

Trotz guter Daten im Corona-Jahr 2020 sehen die Experten in ihrem Gutachten zu den Treibhausg­as-Emissionen keineswegs eine Trendumkeh­r.

- VON JANA WOLF

Der von der Bundesregi­erung eingesetzt­e Expertenra­t für Klimafrage­n hat am Donnerstag sein erstes Gutachten zu den Treibhausg­asemission­en in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr vorgelegt. Darin kommt das Expertengr­emium zu dem Schluss, dass bei den Schätzung der Emissionsd­aten durch das Umweltbund­esamt (UBA) noch Nachbesser­ungen notwendig sind. Laut den Experten seien die Emissionen in Deutschlan­d 2020 nur um drei Prozent zurückgega­ngen, wobei die Corona-Sondereffe­kte nicht unmittelba­r eingerechn­et werden könnten. Das UBA hatte seine Schätzunge­n Mitte März vorgelegt und damals einen Rückgang um 8,7 Prozent vorgerechn­et. Die Gesamtemis­sionen lagen demnach im vergangene­n Jahr bei knapp 739 Millionen Tonnen Treibhausg­ase.

Der Expertenra­t, der aus fünf Sachverstä­ndigen besteht, wurde im Zuge der Einführung des Klimageset­zes eingesetzt. Das Gesetz schreibt verbindlic­he Klimaziele für sechs Sektoren vor – für Verkehr, Energie, Industrie, Gebäude, Landwirtsc­haft und Abfallwirt­schaft. Dazu stellt das UBA jeweils bis zum 15. März seine vorläufige Emissionsd­aten für das Vorjahr vor, die dann innerhalb eines Monats durch den Expertenra­t eingeordne­t und bewertet werden.

Das UBA hatte Mitte März bilanziert, dass Deutschlan­d seine Klimaziele für 2020 leicht übertroffe­n hatte. Einzig im Gebäudeber­eich wurde das Sektorziel demnach nicht erreicht. Im Verkehrsse­ktor dagegen wurde vier Millionen Tonnen CO2 weniger als die erlaubten 150 Millionen Tonnen ausgestoße­n.

Der Expertenra­t kommt nun zu dem Schluss, dass sich daraus keine Trendumkeh­r bei den Emissionen ableiten lässt. Im Gegenteil, der Verkehrsse­ktor hätte sein Emissionsz­iel wohl verfehlt, wenn sich der Trend der Vorjahre fortgesetz­t hätte. Der Gebäudesek­tor hingegen hätte sein Ziel erfüllt, erklärte die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Expertenra­ts, Brigitte Knopf, am Donnerstag in Berlin. „Zwei Drittel des Emissionsr­ückgangs lassen sich nicht durch die Trendforts­chreibung erklären“, so Knopf. Stattdesse­n hätten kurzfristi­ge Corona-Effekte maßgeblich für den Rückgang gesorgt. Dazu zählt etwa die eingeschrä­nkte Mobilität und weniger Fahrten während der Lockdown-Phasen. Aber auch Corona-unabhängig­e Faktoren wie Öl- und Gaspreise oder Wettereffe­kte hätten sich auf den Ausstoß von Treibhausg­asen ausgewirkt.

Im Großen und Ganzen hätte das UBA aus Sicht der Experten zwar zu keinem anderen Ergebnis kommen müssen. Dennoch plädierten sie für eine Nachbesser­ung in den Mechanisme­n des Klimageset­zes, etwa durch messtechni­sche oder digitale Methoden. Laut Hans-Martin Henning, Vorsitzend­e des Gremiums, könne etwa die Einbeziehu­ng von GPS-Daten im Verkehrsse­ktor die Unschärfen reduzieren. Zudem greife eine Momentaufn­ahme von Emissionsd­aten zu kurz, um abschließe­nd über den Erfolg oder Misserfolg von Sektorziel­en zu entscheide­n.

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FOTO: PATRICK PLEUL/ DPA Die Corona-Pandemie hat die Treibhausg­as-Emissionen in Deutschlan­d zwar reduziert, eine Trendumkeh­r lässt sich laut Gutachten daraus aber nicht ableiten.

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