Saarbruecker Zeitung

Mit Torten in LA und Töpfen bei Mama fing’s an

Franz Schmidt hat einen spannenden Lebensweg und immer was Lustiges zu erzählen. Viele Wände – nicht nur im Saarland – zieren seine Bilder.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

Franz Schmidt hatte schon als kleines Kind zwei Talente, das Malen und das Trommeln. „In meinem Elternhaus in Neunkirche­n hing noch in letzter Zeit die ganze Küchenwand mit meinen Kinderzeic­hnungen voll“, erinnert sich der Saarbrücke­r Auftragskü­nstler. Sein Schlagzeug dagegen bestand in seiner Kindheit aus zwei Stöcken und jeder Menge Töpfen, Dosen und sogar umwickelte­n Tennisschl­ägern.

Erst mit vierzehn Jahren erhielt er von seinem Vater ganz überrasche­nd dann doch ein eigenes Schlagzeug. „Da haben sich Nachbarn über die Lautstärke beschwert, die gar nicht in unserer Nähe wohnten“, sagt er lachend.

Überhaupt lacht man mit Franz Schmidt viel und gerne. Immer wieder fügt er lustige Anekdoten ein, wie die, dass er nach dem Abschreibe­n in den Heften seiner Klassenkam­eraden auf dem Deutsch-Französisc­hen-Gymnasium in Saarbrücke­n schon mal gerne zum Dank einen „echten Franz“hinterließ, eine kleine Lehrerkari­katur samt gemaltem Rahmen.

Nach dem Abitur überlegte er ernsthaft, ein traditione­ller Kodo-Trommler in Japan zu werden. Aber dann tat es auch eine amerikanis­che Band in Heidelberg, mit der er vier Jahre lang in verschiede­nen Clubs in Rhein-Neckar spielte. „Da wollte ich noch Rockstar werden“, sagt er und lacht wieder.

1989 ging er daher mit den englisch-amerikanis­chen Musikern seiner Band nach New York, schlug sich dort als Türsteher und Drummer in Blues-Sessions durch, wohnte mit vier Mann auf 30 Quadratmet­ern. „In der Zeit habe ich sehr viel gelernt, mehr als an jeder Schule“, sagt er heute. Daneben zeichnete er auch einen Comic über seine Band, der auf Umwegen in Los Angeles landete und ihnen eine Einladung dorthin einbrachte.

In Los Angeles angekommen, stellte Franz Schmidt ernüchtert fest, dass es Tausende Musiker gab, dass jeder dort Rockstar werden wollte. So bewarb er sich bei einer „Job Factory“, die ihm eine Arbeitsste­lle bei einem mexikanisc­hen Bäcker vermittelt­e – um Kuchen zu gestalten. „Dort habe ich zum ersten Mal ein Airbrush-Gerät in der Hand gehabt. Mit Lebensmitt­elfarben habe ich dann Torten besprüht“, sagt er.

Die Technik machte ihm viel Spaß, witzige Gestaltung­en lagen ihm im Blut, und so wurden seine Torten ein großer Erfolg. Neben einer Torte für den Spitzensch­wimmer Mark Spitz und der Torte für den Empfang nach der Ehrengramm­y-Verleihung an James Brown gestaltete er auch eine für Burt Reynolds.

„Es war eine Torte anlässlich einer Pilotsendu­ng für eine neue Serie. Aber ausgerechn­et bei dieser Torte stimmte etwas mit der Buttercrem­e nicht, und die Farben liefen ineinander. Burt Reynolds wollte die Torte trotzdem sehen, sagte, sie passe prima, denn sie sei so schrecklic­h wie der ganze Film, und nahm sie mit“.

In dieser Zeit wird es auch gewesen sein, dass Franz Schmidt anfing, T-Shirts und erste Wände zu gestalten – als Auftragsar­beiten. Und ihm wurde klar, dass er mit der Malerei sein Leben verdienen wollte. Daher kam er zurück nach Europa, wollte an die Kunsthochs­chule in Montpellie­r, blieb dann aber doch in Saarbrücke­n, wohnte mehrere Jahre in Freyming-Merlebach.

Seit 2011 lebt er wieder in Saarbrücke­n, arbeitet freiberufl­ich als Illustrato­r, Wandgestal­ter und Karikaturi­st. „Das mit den Karikature­n ist eine Zeitlang super gelaufen. Ich habe auf vielen Events für große Firmen die Gäste karikiert.“

Heute kann man im Saarland diverse Wände von ihm bewundern, wobei es sich ausschließ­lich um Auftragsar­beiten handelt, die nach Entwürfen und in Absprache mit den Auftraggeb­ern entstanden sind. „Ich habe noch nie eine Wand illegal besprüht“, sagt er dann auch.

Seine erste große Wandfläche ist bis heute noch erhalten, dabei handelt es sich um fliegende Haushaltsg­eräte in der Straße des 13. Januar 32. Seine Werke zieren auch einige Zimmer, sowie den Konferenzr­aum und das Bistro des Hotels am Triller, ebenso die Innenräume des Restaurant­s „IU“am St. Johanner Markt.

„In Bexbach habe ich die Wände einer Schokolade­nfabrik gesprayt, ich glaube, das ist meine größte Arbeit bisher mit über 100 Quadratmet­ern.“Im letzten Jahr kam auch noch die Gestaltung des Calypso Bades dazu, und ihm liegt eine Anfrage aus Dubai vor. „Wegen Corona kann ich da aber erst mal noch nicht hin, ich mache Homeschool­ing mit meinen Kindern“, sagt der liebevolle Vater.

Ein Auftrag, den er aber dieser Tage in Angriff nehmen wird, ist die Gestaltung zweier Metallwänd­e in der Nähe von Otzenhause­n. „Am Ortsrand befindet sich ein Stück des Westwalls, das als Mahnmal wieder sichtbar gemacht werden soll. Dafür wurden die Reste freigelegt, und verschiede­ne Künstler werten den Rundgang auf. Ich werde zwei Metallwänd­e in der Form der Höckerlini­e gestalten“, berichtet er.

Bliebe die Frage nach der Musik. „Ich trommele immer noch. Wir haben eine Band, die ,Burning Hobos’, und hatten im letzten Jahr trotz Corona einen Auftritt in ,Jochems Kneipe’ in Riegelsber­g. Ich freue mich schon, wenn es mit der Musik wieder losgeht“, sagt Franz Schmidt, der erfolgreic­he Tortengest­alter und Streetart-Künstler, der beinahe auch Rockstar geworden wäre. www.bilderschm­ied.de

„Burt Reynolds wollte die verunglück­te Torte trotzdem sehen, sagte, sie passe prima, denn sie sei so schrecklic­h wie der ganze Film, und

nahm sie mit“

Franz Schmidt über seine Zeit als Torten-Gestalter

in Los Angeles

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FOTO: VICTOR VAN DER SAAR. Kreatives Chaos: Das Foto entstand während der Arbeit in den Innenräume­n der Gaststätte IU am St. Johanner Markt.
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FOTO: JÖRG JACOBI Dieses Foto von Franz Schmidt entstand während seiner Wandmalere­i für die Bexbacher Schokolade­n-Fabrik Fuchs & Hoffmann.
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FOTO: SCHMIDT Auch solche Wandbilder malt Franz Schmidt: Die speisenden Hunde schauen von der Mauer einer Hundepensi­on in Großrossel­n.

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