Michelin-Werk Homburg produziert seit 50 Jahren
Das Lkw-Reifenwerk nahm vor 50 Jahren seinen Betrieb auf und hat sich bei Michelin offenbar einen besonderen Status erworben: Homburg ist der Vorreiter-Standort für Neuerungen.
Vor 50 Jahren wurde im Homburger Michelin-Werk der erste Lkw-Reifen gefertigt. Seitdem wurden dort rund 50 Millionen Reifen produziert. Homburg ist mittlerweile der Vorreiter-Standort des Reifenherstellers für Neuerungen.
gewesen wäre. Seitdem laufe das Werk nahezu auf vollen Touren. Insgesamt habe Michelin in Homburg im vergangenen Jahr 850 000 Neureifen gefertigt. Eine Million sind möglich. Die geringere Auslastung war nicht nur eine Folge von Corona. Seit Mitte 2019 schwächelte der Lkw-Markt, und auch „die Billigimporte aus Fernost machen uns das Leben schwer“.
In diesem Jahr sieht es besser aus. „Wir sind für 2021 in Richtung eine Million unterwegs“, sagt Lanius. Ähnlich bei der Runderneuerung gebrauchter Lkw-Reifen. Die Kapazität liegt bei 620 000 Stück pro Jahr.
„Das Einzige, was uns momentan bremst“, hänge mit der zeitweisen Blockade des Suezkanals und der Containerkrise zusammen, sagt Lanius. Das bringt die weltweite Logistik durcheinander und wirkt sich auf den dritten Teil des Homburger Werks aus: die Herstellung von Vorprodukten für die Reifenherstellung. Dort können jährlich bis zu 150 000 Tonnen Gummi-Mischungen und 10,5 Millionen Quadratmeter Stahlcord-Gewebe produziert werden. Die Logistikprobleme führen dazu, „dass wir ab und zu mal keinen Naturkautschuk haben und deswegen abstellen müssen“, sagt Lanius. Insgesamt sei aber auch die Vorproduktion gut ausgelastet.
Das saarländische Werk spielt eine besondere Rolle in der Michelin-Gruppe. „Die neuen Dinge kommen nach Homburg“, sagt Lanius. Die Fertigung der komplexesten Lkw-Reifen werde hier gestartet und bleibe dann auch in Homburg oder werde auf andere Werke im Verbund übertragen. „75 Prozent unserer Produkte kommen auf die Antriebsachse. Da sind die Anforderungen am höchsten“, sagt Lanius. Die einfachen Reifen, bloß „schwarz und rund“, das sei nichts für die Homburger. Dafür sei das Lohnniveau in Deutschland zu hoch. Angesichts der starken Konkurrenz mit anderen Reifenherstellern vor allem aus Asien und des Wettbewerbs innerhalb des Michelin-Konzerns könne der Standort nur mit Know-how punkten, ist Lanius überzeugt.
Das größte Problem sieht er darin, den Anstieg der Lohnstückkosten zu bremsen. Die Digitalisierung und die damit verbundene Produktivitätssteigerung sind dem Werksleiter daher ein großes Anliegen. So werde zum Beispiel nach wie vor jeder Reifen, der ausgeliefert wird, von einem Mitarbeiter der Qualitätskontrolle überprüft. Der Personalaufwand ist entsprechend hoch. Das Ziel sei, über die Auswertung von Daten zu einem Verfahren zu kommen, das erlaubt, ohne Qualitätsverlust in eine Stichprobenkontrolle durch die Mitarbeiter zu wechseln, erläutert Lanius.
Welche Rolle Alleinstellungsmerkmale in Homburg spielen, zeigt das Beispiel RFID-Chips. Solche Sender-Empfänger-Systeme werden in Reifen verbaut. Mithilfe dieser Chips können etwa Informationen zur Lebensdauer von Reifen ermittelt werden. Das macht es leichter zu bestimmen, wann ein Reifen erneuert werden muss. Die RFID-Chips werden in einem laut Michelin aufwändigen Verfahren mit einer Gummischicht ummantelt. Das Werk Homburg ist das einzige in Europa für diesen Fertigungsschritt. 15 Millionen Chips würden pro Jahr so verarbeitet. „Wir sind momentan dabei, in ein Drei-Schicht-System zu gehen“, sagt Lanius. Die Chips werden von Homburg aus an Michelin-Standorte auf der ganzen Welt geliefert.
Eine große Aufgabe für die Zukunft sieht Lanius in dem Weg zur Klimaneutralität. Der Michelin-Konzern hat sich vorgenommen, dies bis 2050 zu erreichen. Bis 2030 sollen die Kohlendioxid-Emissionen im Vergleich zum Stand von 2010 halbiert werden. Lanius plant dafür, die eigene Energieversorgung in Homburg 2023 von Erdgas auf Biomasse umzustellen. Darüber hinaus soll zum Beispiel ein Projekt starten, Gummi-Abfälle in einen Wertstoff zu verwandeln, der wieder am Anfang der Reifenproduktion genutzt werden kann: in der Herstellung von Gummi-Mischungen. Eine entscheidende Herausforderung ist aus Sicht des Werkschefs, dass der Standort Homburg trotz der Investitionen für den Klimaschutz wettbewerbsfähig bleibt. Schließlich wollen alle in zehn Jahren wieder ein Jubiläum feiern.