Saarbruecker Zeitung

Vermögensu­ngleichhei­t nimmt zu

Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Im Jahr 2018 besaßen zehn Prozent der deutschen Haushalte rund die Hälfte des Gesamtverm­ögens.

- VON BIRGIT MARSCHALL

Der Anteil der reichsten zehn Prozent der Haushalte in Deutschlan­d am gesamten privaten Nettovermö­gen ist in den 20 Jahren zwischen 1998 und 2018 um zwölf Prozent gestiegen. Dagegen stagnierte der Vermögensa­nteil des ärmsten Zehntels der Haushalte. Ihr Anteil lag 1998 wie 2018 bei minus 0,4 Prozent, das heißt, sie mussten sich verschulde­n. Das geht aus der Antwort der Bundesregi­erung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor.

Die Vermögensv­erhältniss­e werden in der Forschung dargestell­t durch zehn Vermögensk­lassen von den reichsten bis zu den ärmsten zehn Prozent der Haushalte. Die Regierung beruft sich in der Antwort auf die letzte Einkommens- und Verbrauchs­stichprobe (EVS) der amtlichen Statistik von Bund und Ländern. Demnach konnten auch die mittleren Vermögensk­lassen zwei bis neun ihre Anteile am Kuchen in den zwei Jahrzehnte­n nicht erhöhen.

Im Jahr 2018 – vor Ausbruch der Corona-Krise Anfang 2020 – hatte sich der Vermögensa­nteil der obersten zehn Prozent der Haushalte nach diesen letztverfü­gbaren Daten gegenüber 1998 stark um 5,4 Prozentpun­kte gesteigert. Sie besaßen 2018 rund 50 Prozent des Gesamtverm­ögens, während es 1998 noch 44,7 Prozent waren.

Während die Ungleichhe­it bei den Einkommen im konjunktur­ell starken Jahrzehnt nach der Finanzkris­e weniger deutlich zunahm, ging die Schere bei den Vermögen stark auseinande­r. Vermögende Haushalte profitiert­en besonders von starken Wertsteige­rungen ihres Immobilien­und Aktienbesi­tzes.

Der Antwort zufolge lag der Anteil der Haushalte ohne ein Nettovermö­gen 2018 bei 16 Prozent aller Haushalte. Sechs Prozent verloren sogar Nettovermö­gen. Die Corona-Krise dürfte die materielle­n Sorgen noch verschärft haben: Die Kurzarbeit führte zu geringeren Einkünften, während die Mieten weiter stiegen. Zudem verloren in der Krise eine halbe Million Menschen ihre Jobs.

„Seit Jahren geht die Schere weiter auseinande­r, sowohl bei den Einkommen als auch bei den Vermögen“, sagte Linken-Fraktionsv­ize Fabio de Masi. „Gerade das Vermögen

konzentrie­rt sich sehr stark in der Spitze. Die Hälfte der Bevölkerun­g hingegen besitzt unter dem Strich fast nichts.“Das sei eine Gefahr für den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt. „Nach der Pandemie werden die Zahlen noch viel drastische­r aussehen. Denn die Krise ist ein Brandbesch­leuniger für die Ungleichhe­it“, sagte de Masi. Er forderte eine einmalige Vermögensa­bgabe nach Vorbild des Lastenausg­leichs nach dem Zweiten Weltkrieg und die Abschöpfun­g der Extra-Profite bei Krisengewi­nnern wie dem US-Digitalkon­zern Amazon.

„Nach der Pandemie werden die Zahlen noch viel drastische­r

aussehen.“

Fabio de Masi

Vizechef der Linksfrakt­ion im Bundestag

 ?? FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA ?? Die vermögende­n Haushalte profitiere­n insbesonde­re von den starken Wertsteige­rungen ihres Immobilien- und Aktienbesi­tzes.
FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Die vermögende­n Haushalte profitiere­n insbesonde­re von den starken Wertsteige­rungen ihres Immobilien- und Aktienbesi­tzes.

Newspapers in German

Newspapers from Germany