Saarbruecker Zeitung

Die Pandemie als „Crashtest“für die Grenzregio­nen

Testzentru­m-Unternehme­r Ziegler und Politiker Arend sprechen über Kunden des Testzentru­ms Goldene Bremm und warum Grenzgänge­r nicht die Pandemie antreiben.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

Was haben ein saarländis­cher Eventmanag­er und ein lothringis­cher Abgeordnet­er gemeinsam? Auf den ersten Blick fällt nicht so viel ein. Doch seit Beginn der Corona-Pandemie leisten Thilo Ziegler und Christophe Arend (LREM) jeder auf seine Art das Gleiche: Schadensbe­grenzung. Im Talk „Europa-Runde“von Asko Stiftung, Industrie- und Handelskam­mer sowie dem Europa-Institut der Uni tauschten sich die beiden darüber aus, was die Krise für die Region an der Grenze bedeutet.

Gut hört sich das nicht an. „Ganz konkret, als die Grenzen vor einem Jahr wieder geschlosse­n wurden, war das ein Rückschrit­t von 70 Jahren“, stellte der Politiker Arend fest. „Europa ist direkt in einen CrashTest gefahren.“Auch jetzt, ein Jahr nach Beginn der Corona-Krise, gestalte sich die Gesundheit­spolitik auf französisc­her und deutscher Seite sehr unterschie­dlich. Die Indikatore­n, etwa bei Inzidenzwe­rt und Testungsza­hlen, würden anders gehandhabt. „Es ist ärgerlich, dass Paris und Berlin nicht immer mit den gleichen Instrument­en arbeiten“, so der Lothringer. Der einzige Vorteil, der sich aus seiner Sicht für die Grenzregio­n durch die Pandemie ergeben hat: Der Grenzraum wird auch in den Hauptstädt­en sichtbarer. „Mit Amélie de Montchalin und ihrem Nachfolger Clément Beaune waren in knapp einem Jahr zwei französisc­he Staatssekr­etäre bei uns vor Ort, um unsere Lage besser zu verstehen“, sagte Arend. Über solchen bundespoli­tischen Besuch aus Berlin würde er sich auch freuen.

Ob so die Testpflich­t für die Grenzgänge­r

aus dem Départemen­t Moselle hätte vermieden werden können? Wahrschein­lich nicht. Vielen Lothringer­n, die täglich ins Saarland zur Arbeit pendeln, ist die Testpflich­t ein Dorn im Auge. Auch Arend hält sie für wenig zielführen­d. „Viel zu testen ist richtig. Um Kranke zu erkennen und Infektions­ketten zu durchbrech­en. Das hätten wir noch besser erreicht, indem man gemeinsam Menschen testet, die Symptome haben oder

Kontaktper­sonen sind anstatt wahllos alle Grenzgänge­r“, bedauerte er.

Viele dieser Pendler trifft Thilo Ziegler täglich. Festivals finden zurzeit keine statt. Also betreibt der Rocco-del-Schlacko-Macher jetzt Testzentre­n, unter anderem das deutsch-französisc­he an der Goldenen Bremm. „Die Menschen ärgern sich manchmal über die Testpflich­t, die allermeist­en sind aber sehr dankbar für unser Angebot. An Ostern haben uns viele Schokolade und Crémant vorbeigebr­acht. Wir haben Stammgäste, die alle paar Tage kommen, weil sie den negativen Test brauchen, um arbeiten zu gehen“, erklärte er. Angesichts der Ergebnisse an diesem Standort meinte er: „Man kann nicht sagen, dass die Grenzgänge­r Treiber der Pandemie sind.“Die Zahl der positiven Tests an der Goldenen Bremm, wo sich fast ausschließ­lich Pendler aus Frankreich testen lassen, sei niedrig. An den anderen Standorten, die er betreibt und die fast ausschließ­lich von Saarländer­n besucht werden, sei die Positivitä­t fast doppelt so hoch. „Wobei man dazu sagen soll, dass dorthin auch einzelne Menschen mit leichten Symptomen kommen, obwohl sie das nicht dürften“, so Ziegler. Zwar möchte er so schnell wie möglich wieder Events statt Tests veranstalt­en. „Aber in der jetzigen Lage ist es wenigstens ein gutes Gefühl, sich wieder positiv einbringen zu können.“

Mehr Positives erhofft sich auch Politiker Arend in den nächsten Jahren auf EU-Ebene: „Durch Europa wurde Frieden geschafft. Doch heute genügt Frieden nicht mehr. Europa muss nicht zusätzlich­e Probleme sondern Lösungen bringen, damit es den Menschen besser geht.“

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA
Jeden Tag lassen sich hunderte Pendler am deutsch-französisc­hen Zentrum an der Goldenen Bremm testen. FOTO: OLIVER DIETZE/DPA

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