Gefangene warten auf Corona-Impfung
Das Tempo beim Impfen zog zuletzt an. Im Vollzug ist davon nichts zu spüren. Die Häftlinge in den SaarGefängnissen haben noch keinen Corona-Schutz erhalten. Insassen des Gefängnisses Zweibrücken dagegen schon.
Die Häftlinge in den beiden Saar-Gefängnissen in Saarbrücken und Ottweiler haben noch keine Impfung erhalten. Auch nicht die Gefangenen, die wegen Vorerkrankungen in Gruppe 2 priorisiert waren. Über der Grenze in der JVA Zweibrücken ist man da schon weiter.
Mehr als ein Viertel aller Saarländer haben bisher eine Impfung bekommen. Es handelt sich überwiegend um Personen, die älter als 60 Jahre sind oder Vorerkrankungen haben. Bislang ohne Corona-Schutz sind dagegen Straftäter in den Saar-Gefängnissen Saarbrücken und Ottweiler. Und das, obwohl es dort auch Risikopatienten gibt. Die Insassen sind zwar überwiegend jung – nur rund fünf Prozent der 757 Gefangenen im Saarland sind älter als 60 Jahre – doch manche leiden an Krankheiten. Zum Beispiel verursacht durch jahrelangen Drogenkonsum. In anderen Ländern, zum Beispiel in Brasilien, haben Gefängnisse bei den
Impfungen besondere Priorität. Ist es hier anders?
Laut Corona-Impfverordnung (Paragraph 4) werden Gefängnisinsassen besonders berücksichtigt: sie sind dort in Priorisierungsgruppe 3 aufgelistet. Wie ein Sprecher des für die Gefängnisse im Land zuständigen Justizministeriums schreibt, könnten seit der Öffnung der Gruppe 3 vor zwei Wochen inzwischen alle Häftlinge „priorisiert geimpft werden.“
Also auch die Jungen und Gesunden. Gefangene, die über 70 Jahre alt sind oder eine bestimmte Vorerkrankung haben, hätten schon vorher geimpft sein können. Die zählen nämlich regulär zur Gruppe 2. Das Justizministerium hat dem Gesundheitsministerium nach eigenen Angaben die Anzahl der besonders zu priorisierenden Häftlinge mitgeteilt. Es handelt sich um gerade einmal 20 Gefangene. Ein Termin befände sich derzeit aber noch in der Abstimmung, heißt es.
Geimpft ist also noch kein Saar-Häftling. Anders sieht das direkt hinter der Grenze in Rheinland-Pfalz aus. Im Gefängnis Zweibrücken – wo auch die straffälligen Frauen aus dem Saarland untergebracht sind – haben 20 Gefangene aus den Priorisierungsgruppen 1 oder 2 bereits ein Impfangebot erhalten. „Die, die wollten, wurden schon geimpft“, erklärt Gefängnisleiter Jürgen Buchholz.
Doch wie läuft so eine Impfung in der Justizvollzugsanstalt ( JVA) überhaupt ab? Werden die Gefangenen in Handschellen in die Impfzentren gebracht? Laut einem Sprecher von Saar-Justizminister Peter Strobel (CDU) soll es anders laufen. Die Häftlinge außerhalb der JVA zu impfen sei „aus Gründen der Sicherheit nicht möglich.“Einzelheiten zur Durchführung der Impfung befänden sich derzeit ebenfalls noch in der Abstimmung.
Geplant ist ein Ablauf wie in der JVA Zweibrücken. Dort hat der medizinische Dienst, bestehend aus einem hauptamtlichen Arzt und 14 Helfern, das Impfen übernommen. „Wir sind sozusagen zum eigenen Impfzentrum geworden“, sagt Leiter Buchholz. Das Gefängnis meldete den Bedarf beim Land und bekam daraufhin den Impfstoff geliefert. Nachdem die Freigabe aus Mainz erteilt wurde, verabreichte das eigene medizinische Personal den impfwilligen Häftlingen das Vakzin.
Doch auch wenn die JVA in Zweibrücken anders als die beiden Saar-Gefängnisse schon impft, sind die meisten der aktuell 742 Insassen (davon 116 Frauen) auch dort noch ohne Impfschutz. Leiter Buchholz sagt, dass die Häftlinge durch die Maßnahmen der JVA schon besonders geschützt seien. Zum Beispiel, weil man Außenkontakte nahezu komplett runtergefahren habe. Außerdem hätte man in der ersten Jahreshälfte 2020 bei 19 Gefangenen eine Haftunterbrechung erwirkt, um die Belegungssituation zu entspannen. Durch diese Entlassungen auf
Zeit wurden zusätzliche Räume frei. Neue Insassen müssen seit Beginn der Pandemie nämlich zunächst vorsorglich 14 Tage in Isolation.
Von ausgetüftelten Schutzmaßnahmen berichtet auch das Justizministerium über die Saar-Gefängnisse. Bei Besuchen trennt eine Glasscheibe die Insassen von ihren Angehörigen. Innerhalb der Vollzugsanstalt gelten in den Freistunden und bei den Freizeitangeboten Maskenpflicht und Abstandsgebote. Und Gruppenangebote wie Gesprächskreise seien auf ein Minimum reduziert worden.
Zum Schutz der Insassen gehöre es auch, dass die Vollzugsbeamten möglichst schnell geimpft werden. Demnach hätten 230 Beschäftigte im Saar-Vollzug schon einen Priorisierungscode für die Gruppen 1 oder 2 erhalten. Alle weiteren Beamten sind nach einem Beschluss des Ministerrats aus der vergangenen Woche in Gruppe 3 zu berücksichtigen. Daten darüber, wie viele Beamte sich eine Impfung abholten, erfasst das saarländische Justizministerium nicht.
In Zweibrücken hat der medizinische Dienst auch die Vollzugsbeamten geimpft. Alle bekamen ein Angebot, rund 70 Prozent nahmen es an, sagt Buchholz. In der kommenden Woche erhalten die Bediensteten
in der JVA Zweibrücken bereits die Zweitimpfung.
Wie am Mittwoch bekannt wurde, plant das saarländische Gesundheitsministerium, den Justizvollzugsanstalten den neu eingetroffenen Impfstoff der US-Firma Johnson&Johnson zukommen zu lassen. 2400 Dosen des Vakzins seien am Dienstag eingetroffen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Das Mittel des Pharmariesen habe den Vorteil, dass für einen vollständigen Schutz nur eine einzige Impfung nötig ist. Neben den Gefängnissen sollen zum Beispiel auch Obdachlosenheime Johnson&Johnson-Impfstoff erhalten.