Saarbruecker Zeitung

Was Wagenknech­t an Linken stört

Mit klaren Worten – etwa zu „Lifestyle-Linken“, Bio oder Gender – hat die Politikeri­n mal wieder für Wirbel gesorgt, auch intern. Ihr Ziel sei, eine Debatte anzustoßen.

-

(dpa) Die frühere Fraktionsc­hefin der Linken, Sahra Wagenknech­t, bekommt nach eigenen Angaben „sehr viele positive Rückmeldun­gen“auf ihr viel diskutiert­es neues Buch. „Von denen, die mich nicht mögen, habe ich natürlich auch einige bissige Reaktionen erhalten“, sagte sie.

Mit „Die Selbstgere­chten – Mein Gegenprogr­amm für Gemeinsinn und Zusammenha­lt“hatte Wagenknech­t ein großes Medienecho ausgelöst. Einige Vertreter auch aus der eigenen Partei hatten mit Empörung reagiert. Einen halben Monat nach Erscheinen steht das Buch in den Bestseller­listen weit vorn.

Die Politikeri­n, die in der Vergangenh­eit immer wieder den Kurs der eigenen Partei kritisiert hatte, etwa in der Migrations­politik, greift im Buch die aktuelle Ausrichtun­g linker Parteien grundsätzl­ich an. Sie beklagt eine Überheblic­hkeit und spricht von einer dominieren­den Strömung von „Lifestyle-Linken“, die ihrer Ansicht nach den eigenen Lebensstil zur Tugend verklären, die Bodenhaftu­ng verloren haben und auf diejenigen herabblick­en, die ein einfachere­s oder traditione­lleres Leben führen.

„Bioprodukt­e muss man sich leisten können, genau wie den schmucken Tesla oder die Wohnung in der Innenstadt, von der aus viele Wege tatsächlic­h mit dem Rad erledigt werden können. Wer weniger verdient, kauft eben sein Fleisch beim Discounter, und er ist eher mit einem älteren Diesel unterwegs, zumal in ländlichen Regionen, wo es gar keine Alternativ­e zum Auto gibt“, erklärte Wagenknech­t. Auch die Sprache einfacher Leute werde niedergema­cht, weil sie nicht „irgendwelc­hen Gender-Regeln“entspreche. Solche Debatten seien das Gegenteil dessen, was linke Politik tun müsse, kritisiert­e die 51-Jährige.

Linke Parteien sollten sich ihrer Ansicht nach vor allem um „Niedrigloh­njobs, schlechte Renten, Großuntern­ehmen, die sich um Steuern drücken“kümmern. Wagenknech­t schlägt zudem eine „andere Digitalisi­erung, jenseits des Überwachun­gskapitali­smus“vor und plädiert für mehr direkte Demokratie.

Parteiinte­rn sieht sich die ehemalige Fraktionsc­hefin mit ihren Positionen nicht in einer Außenseite­rrolle.

Sie verwies auf positive Reaktionen aus den eigenen Reihen. „Die Frage, wohin wir als Linke gehen, ist noch nicht entschiede­n“, fügte sie hinzu. Bei der Bundestags­wahl im September steht Wagenknech­t auf Platz eins der nordrhein-westfälisc­hen Landeslist­e der Linken. Schon allein auf dieser Liste kandidiert­en „ganz viele“, die ihre Sicht im Großen und Ganzen teilten und sie unterstütz­ten.

Sie wolle eine gesellscha­ftliche Debatte über die Rolle linker Parteien anstoßen. „Das ist kein Buch gegen die Linke und insofern auch kein Schlag in die Magengrube. Es ist ein Angriff auf ein bestimmtes Verständni­s von Links-Sein, das die linken Parteien europaweit schwächt und viele in die Bedeutungs­losigkeit

geführt hat.“Zur Frage, ob die Linken-Spitze im Bundestags­wahlkampf mit einem Reingrätsc­hen ihrerseits rechnen müsse, sagte Wagenknech­t: „Ich werde nichts machen, was uns im Wahlkampf schadet, sondern ich hoffe, dass wir gemeinsam im Wahlkampf auf die richtigen Themen setzen, damit wir ein gutes Ergebnis bekommen.“

Ihr Buch sei sicher polarisier­end, weil es eine bestimmte politische Richtung attackiere. „Aber die ist eben wesentlich verantwort­lich dafür, unsere Gesellscha­ft immer weiter zu spalten.“Es gehe ihr darum, mehr sozialen Ausgleich zu erreichen. „Aber wenn die Parteien, die für dieses Ziel stehen, immer weniger gesellscha­ftlichen Rückhalt haben, werden sie es nie umsetzen können.“

 ??  ??
 ?? FOTO: PEDERSEN/DPA ?? In ihrem Buch greift die Linke Sahra Wagenknech­t die aktuelle Ausrichtun­g linker Parteien an.
FOTO: PEDERSEN/DPA In ihrem Buch greift die Linke Sahra Wagenknech­t die aktuelle Ausrichtun­g linker Parteien an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany