Wer im Saarland Zinsen aufs Ersparte erhebt
Der Druck, den die Zinsflaute auf die Banken ausübt, wird durch Corona noch verschärft. Viele Institute geben Negativzinsen inzwischen an die Kunden weiter.
Immer mehr Banken und Sparkassen reagieren auf die anhaltende Zinsflaute, indem sie Verwahrentgelte auf Kundenvermögen erheben. Eine Umfrage unserer Zeitung zeigt, wo Kunden inzwischen mit Strafzinsen rechnen müssen.
Immer mehr Banken und Sparkassen erheben für Giround Tagesgeld-Konten Minuszinsen. Dies bedeutet, dass die Inhaber dieser Konten Geld dafür bezahlen müssen, wenn sie ihr Erspartes zur Bank bringen – in der Regel ein halbes Prozent. Grund: Die Europäische Zentralbank (EZB) führte 2014 Negativzinsen für die Banken ein, wenn sie überschüssige Liquidität bei ihr parken. Im Herbst 2019 erhöhte die EZB den Strafzins für kurzfristige Einlagen, die die Geldhäuser bei der Notenbank hinterlegen, auf 0,5 Prozent. Allein im vergangenen Jahr haben die deutschen Banken 2,7 Milliarden Euro der EZB an Negativzins überwiesen, wie die Zinsplattform Deposit Solutions errechnet hat.
Im Corona-Krisenjahr 2020 sind die Kreditinstitute weiter unter Druck geraten. Weil viele Menschen kaum die Möglichkeit hatten, Geld auszugeben, sind die Finanzpolster der Kunden deutlich stärker gestiegen als die Nachfrage nach Krediten. In der Euro-Zone seien die Guthaben auf Giro- und Sparkonten im vergangenen Jahr um 585 Milliarden Euro gewachsen, schreibt das Handelsblatt. In Deutschland waren es fast 149 Milliarden Euro. Die Folge: Immer mehr Institute wollen die EZB-Negativzinsen an die Kunden weiterreichen. Von den knapp 1300 Banken und Sparkassen in Deutschland „kassieren mittlerweile rund 370 Institute Negativzinsen im Privatkundenbereich, bei Firmenkunden sind es 420 Geldhäuser“, heißt es auf dem Zinsportal Biallo.
Auch die saarländischen Geldhäuser können sich diesem Trend nicht entziehen, wie eine Umfrage unserer Zeitung zeigt. So erhebt die Sparkasse Saarbrücken seit dem 1. Juni 2020 bei Giro- und Tagesgeldkonten von Privatkunden „ein Verwahrentgelt“von 0,5 Prozent, wie einige Institute die Straf- oder Negativzinsen euphemistisch nennen. Allerdings wird dieser Minuszins erst ab einem Betrag von 100 000 Euro abgezogen. Außerdem gilt die Regelung nur für Neukunden. Das Institut schätzt, dass „lediglich 0,3 Prozent unserer Girokonten-Inhaber ein Verwahrentgelt entrichten“.
Ähnliches handhabt es die Kreissparkasse Saarpfalz. Auch hier gilt bei Privatkunden die Grenze von 100 000 Euro, für Eheleute liegt dieser Freibetrag bei 250 000 Euro. Davon betroffen sind auch hier nur die Neukunden. Allerdings will das Institut „im Laufe dieses Jahres auch vermögende Bestandskunden auf Verwahrentgelt-Vereinbarungen ansprechen“, teilt ein Sprecher mit. Die Kreissparkasse Saarlouis hat die Negativzins-Marke ebenfalls bei 100 000 Euro angesetzt. Für Privatleute gilt sie nur, wenn ein neues Konto eröffnet wird. Im gewerblichen Bereich sind alle Kontoinhaber davon betroffen. In beiden Instituten liegt die Anzahl der betroffenen Konten bei unter einem Prozent.
Es gibt an der Saar auch Sparkassen, die aktuell noch keine Negativzinsen bei Privatkunden erheben. Das gilt für die Kreissparkasse St. Wendel, die „für private Anleger, solange es möglich ist, kein Verwahrentgelt einführen will“, teilt die Bank mit. Auch die Sparkasse Neunkirchen „schirmt trotz der bereits seit Jahren anhaltenden schwierigen Marktsituation „bisher unsere (Privat)-Kunden von Negativzinsen am Markt ab“und „verzichtet bislang auf die Berechnung von Verwahrentgelten“.
Die Bank 1 Saar, das größte Genossenschafts-Institut des Landes, erhebt „auf Grundlage individueller Einzelvereinbarungen Verwahrentgelte auf hohe Guthaben“, sagt Vorstandschef Carlo Segeth. Für Privatkunden liegt diese Grenze bei 250 000 Euro, im gewerblichen Bereich bei 100 000 Euro. Neukunden, die lediglich Geld bei der Bank 1 Saar deponieren wollen und sonst keine Geschäfte mit dem Institut tätigen möchten, werden jedoch schon bei Einlagen ab 10 000 Euro mit Negativzinsen
zur Kasse gebeten. Die Zahl der Konten, für die Minuszinsen abgezogen werden, hält sich in Grenzen. Im privaten Bereich liegt die Quote „deutlich unter einem Prozent“, sagt Segeth.
Die Vereinigte Volksbank VVB belegt derzeit lediglich die Gewerbekunden „mit einem Verwahrentgelt von 0,5 Prozent ab einem Einlagenvolumen von 100 000 Euro“, so die Saarlouiser Genossenschafts-Banker. Dies gelte sowohl für Neu- als auch für Bestandskunden. Allerdings „arbeitet die Bank aktuell an einem Projekt mit der Einführung von Verwahrentgelten für Privatkunden“. Kleinsparer sollen ausgenommen bleiben, sodass „die breite Masse unserer Kunden von solchen Maßnahmen nicht tangiert sein wird“. Auch die Lebacher Levo-Bank fordert bei Neukunden Negativzinsen ein, wenn sie mehr als 100 000 bei einem Giro- oder Tagesgeld-Konto anlegen wollen.
Die Sparda-Bank Südwest hat „zum 1. Februar ein Verwahrentgelt auf Giro- und Tagesgeld-Konten eingeführt“, teilt ein Sprecher mit. Das halbe Minus-Prozent wird bei Girokonten fällig, die dem 15. November 2020 eröffnet wurden. Bei Tagesgeldkonten ist der Eröffnungs-Stichtag der 25. Januar 2021. Für jedes Girokonto gilt allerdings ein Freibetrag von 50 000 Euro – ebenso für das erste Tagesgeldkonto. „Bei jedem weiteren Tagesgeld-Konto entfällt der Freibetrag“, sagt der Sprecher. Er und andere Bankenvertreter betonen immer wieder, „dass wir damit keinen Ertrag erwirtschaften, sondern nur die Kosten weitergeben, die uns entstehen“.
Auch wenn die befragten saarländischen Banken in der Mehrzahl versichern, dass sie die Freibetrags-Grenzen, ab denen ein Strafzins fällig wird, nicht senken wollen, sieht die Verbraucherzentrale Saarland die Entwicklung kritisch. „Inzwischen ist abzusehen, dass in Zukunft auch Bestandskunden mit geringeren Kontoguthaben betroffen sein werden“, äußern die Verbraucherschützer ihre Bedenken. Bei Bestandskunden Negativzinsen einzuführen, „ist allerdings nur möglich, wenn die Bank mit dem Kunden eine Individualvereinbarung getroffen hat“, erinnert Konrad Diwo, Berater bei der Verbraucherzentrale. Hier könne mit dem Kreditinstitut verhandelt werden, „um eine anderweitige Anlage des Geldes zu erreichen“.
Die Banken erinnern daran, dass dies bereits geschieht. „Wir identifizieren gemeinsam mit unseren Kunden Alternativen in Form von rentierlichen Anlagen“, sagt Bank1-Saar-Chef Segeth. „So finden wir individuelle, passgenaue Lösungen, die sich beispielsweise in Fonds, Wertpapieren, Aktien oder Rentenpapieren widerspiegeln“. Ähnlich äußern sich die Vertreter der Sparkassen.