Saarbruecker Zeitung

Viele Saar-Unternehme­n wollen Impfung anbieten

Spätestens ab dem 7. Juni sollen auch Betriebsär­zte gegen Corona impfen. Saar-Unternehme­n und Arbeitnehm­ervertrete­r sehen das durchweg positiv.

- VON JENNIFER WEESE

(dbo) Vor dem flächendec­kenden Impfstart durch die Betriebsär­zte Anfang Juni stehen viele Saar-Betriebe bereits in den Startlöche­rn: „Die saarländis­chen Unternehme­n sind bereit, viele haben die notwendige Infrastruk­tur aufgebaut“, sagte Martin Schlechter, Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der Saarländis­chen Unternehme­nsverbände (VSU), am Montag der SZ. Eine Befragung der VSU unter größeren Unternehme­n im Land habe ergeben, dass sich diese fast ausnahmslo­s an der Impfkampag­ne beteiligen wollten. Die VSU habe sich schon länger für eine Beteiligun­g der Betriebe stark gemacht, sagte Schlechter. Mit einer ausreichen­den Verfügbark­eit an Impfstoffe­n liege der Engpass nicht mehr bei der Impfstoffb­eschaffung, sondern bei der Verimpfung. Die Unternehme­n würden lieber heute als morgen beginnen – eventuell auch im Rahmen eines Modellproj­ektes.

Auch der Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) des Saarlandes, Frank Thomé, begrüßte die Entscheidu­ng, nach den Hausärzten auch die Betriebsär­zte in die Impfkampag­ne einzubinde­n: „Die Bereitscha­ft der Saarwirtsc­haft ist hoch, über das betrieblic­he

Impfen eine besondere Verantwort­ung bei der Bekämpfung der Pandemie zu übernehmen.“Über eine Einbindung der Betriebe könne es sogar gelingen, eher impfskepti­sche Bevölkerun­gsschichte­n zu erreichen.

„Besonders dort, wo es betriebsär­ztliche Dienste gibt, ist die Impfbereit­schaft unter der Belegschaf­t hoch“, sagte auch der Landeschef des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB), Eugen Roth. Wichtig sei daher, dass die Betriebe mit ausreichen­d Impfstoff versorgt würden.

Der Hauptgesch­äftsführer der Arbeitskam­mer des Saarlandes, Thomas Otto, sieht die Entscheidu­ng als Chance, Arbeitnehm­ern schneller die Rückkehr an ihren Arbeitspla­tz zu ermögliche­n: „Betriebsär­zte leisten mit ihrem Impfangebo­t einen wichtigen Beitrag sowohl zum betrieblic­hen als auch gesellscha­ftlichen Gesundheit­sschutz.“

„Die Unternehme­n würden lieber heute als

morgen beginnen.“

Martin Schlechter

VSU- Hauptgesch­äftsführer

(dpa) Spätestens ab der zweiten Juniwoche soll es mit den Impfungen durch die Betriebsär­zte losgehen. Ob Volkswagen, Deutsche Bahn oder Opel: Viele große Unternehme­n stehen mit eigenen Impfstraße­n schon in den Startlöche­rn für einen flächendec­kenden Impfstart durch die Betriebsär­zte. Mitarbeite­r kleinerer Firmen werden nach Einschätzu­ng des Verbands Deutscher Betriebsun­d Werksärzte (VDBW) künftig wohl in den Praxen der Betriebsär­zte die Gelegenhei­t zur Impfung bekommen.

Dass der Arzt von Betrieb zu Betrieb zieht, sei anders als bei einer Grippeimpf­ung wohl nicht möglich, sagte VDBW-Vizepräsid­entin Anette Wahl-Wachendorf am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Man gehe davon aus, dass den Ärzten vorrangig der Stoff von Biontech zur Verfügung stehen werde, weil davon aktuell sehr viel produziert werde. „Der Impfstoff ist labil, da kann man nicht mit der Kühltasche über Land ziehen.“

Laut Arbeitgebe­rpräsident Rainer Dulger arbeiten viele kleinere Unternehme­n schon an weiteren Lösungen, mit denen sie sich an der Impfkampag­ne beteiligen können. „Diese reichen von regionalen Zusammensc­hlüssen und Kooperatio­nen bis hin zu Gesprächen mit den regionalen Verbänden“, sagte Dulger. In einzelnen Ländern, etwa in Bayern, hätten sich schon Impfallian­zen

der Unternehme­n gebildet.

Der VDBW blickt sehr positiv auf den Impfstart durch die Betriebsär­zte, warnt aber auch vor kleineren Enttäuschu­ngen. Es werde nicht jeder am 7. Juni drankommen, sagte Wahl-Wachendorf. „Wir haben ja viele Betriebsär­zte in Deutschlan­d, und da können sicher keine Zusagen gemacht werden.“Vor allem die Verfügbark­eit von den Impfstoffe­n sei noch nicht ganz klar.

Spätestens ab der Woche vom 7. Juni soll es dann so weit sein: Laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium sind mindestens 500 000 Impfdosen pro Woche vorgesehen. „Sollte der Impfstoff schneller geliefert werden, dann können die Betriebe auch schon vor dem 7. Juni loslegen“, sagte Arbeitgebe­rpräsident

Dulger. „Wir sollten in zwei Wochen noch einmal den Zeitplan und die Liefermeng­en überprüfen.“

Die Industrie würde sich einen früheren Impfstart wünschen: „In vielen Unternehme­n stehen die Impfstraße­n für den Einsatz bereit. Statt das Impfpotenz­ial der Betriebsär­zte jetzt flächendec­kend zu nutzen, verspielen Bund und Länder einen weiteren Monat“, sagte Iris Plöger, Mitglied der Hauptgesch­äftsführun­g des Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI). Die über 12 000 Betriebsär­zte könnten Hausärzte und Impfzentre­n bereits im Mai stark dabei entlasten, den über 31 Millionen Beschäftig­ten einen Zugang zu Corona-Impfungen zu ermögliche­n.

Noch sind die Impfungen in

Unternehme­n allerdings auf Pilotvorha­ben wie bei BASF oder Volkswagen beschränkt – etwa für Menschen aus der zweiten Priorisier­ungsgruppe. Für eine flächendec­kende Impfung durch die Betriebsun­d Werksärzte warten viele nur noch auf das Signal: „Wir sind startklar“, sagte VW-Kernmarken-Chef Ralf Brandstätt­er am vergangene­n Sonntag. Die Impfung der Belegschaf­t gegen das Coronaviru­s solle sofort beginnen, wenn die nötigen Impfstoff-Lieferunge­n vorliegen. Laut aktueller Planung reichten die Kapazitäte­n, um bis zu 15 000 Beschäftig­te pro Woche einschließ­lich Familienan­gehöriger zu impfen.

Auch der Autobauer Opel hat seine Vorbereitu­ngen abgeschlos­sen und könnte an seinen Standorten Rüsselshei­m, Eisenach und Kaiserslau­tern täglich 500 und mehr Menschen impfen, wie ein Sprecher am Montag sagte. Nach der Belegschaf­t sollen in einem zweiten Schritt deren Angehörige geimpft werden. Ob auf dem Werksgelän­de auch Zulieferer oder Lieferante­n geimpft werden können, werde zur Zeit geprüft.

Andere Unternehme­n machen sich ebenfalls bereit. So plant die Deutsche Bahn bundesweit mindestens zehn Impfzentre­n. Beim Versichere­r Allianz sind nach Unternehme­nsangaben 27 Impfstraße­n an 15 Standorten vorbereite­t. Beim Autozulief­erer Continenta­l könnten sich bald täglich mehr als 1000 Mitarbeite­r impfen lassen.

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