Weitere Lockerung für Geimpfte kurz vor Entscheidung
Noch in dieser Woche soll es eine Entscheidung über Lockerungen geben. Die Bundesregierung drückt aufs Tempo, aus einigen Ländern aber kommt Kritik.
(epd/SZ) Vollständig Geimpfte können bald mit weiteren Lockerungen der Corona-Regeln rechnen. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, erklärte am Montag, dass sich die große Koalition darauf verständigt habe, dass die Verordnung mit Erleichterungen für Geimpfte und Genesene noch in dieser Woche verabschiedet werden soll. Im Saarland und in NRW haben Geimpfte bereits seit gestern mehr Rechte.
(SZ/dpa) Die bundesweite Rücknahme bestimmter Freiheitseinschränkungen für vollständig Geimpfte soll noch in dieser Woche beschlossen werden. Darauf haben sich Union und SPD in der Bundesregierung dem Vernehmen nach geeinigt. Am Mittwoch soll sich das Bundeskabinett damit befassen, im Anschluss könnten Bundestag und Bundesrat das Vorhaben bis zum Wochenende absegnen. Doch es gibt noch Bedenken. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Welche Lockerungen sollen für Geimpfte und Genesene gelten
Vorgesehen ist einerseits eine bundesweit rechtliche Gleichstellung von Geimpften und Genesenen mit Menschen, die negativ getestet sind. Geimpfte und Genesene sollen auch ohne vorherigen Test in Geschäfte, Zoos oder zum Friseur gehen dürfen. Darüber hinaus sollen für sie aber auch die Kontaktbeschränkungen und Ausgangsbeschränkungen gelockert oder aufgehoben werden. Nach Reisen müssten sie nicht in Quarantäne – es sei denn sie reisen aus einem Virusvariantengebiet ein. Die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten sowie das Abstandsgebot im öffentlichen Raum sollen aber für alle weiter gelten.
Wer ist mit Genesenen gemeint
Als genesen gilt dem Vorschlag von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zufolge jemand, der mit einem ein bis sechs Monate alten positiven PCR-Test nachweisen kann, dass er schon eine Corona-Infektion hatte. Gut 28 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind inzwischen mindestens einmal gegen Corona geimpft, wie das Robert-Koch-Institut am Montagmittag mitteilte. Vollen Impfschutz haben demnach bislang acht Prozent der Bevölkerung.
Sind die Länder bereits selbst tätig geworden
Einige Bundesländer haben bereits entsprechende eigene Verordnungen erlassen. Im Saarland und in NRW werden etwa seit Montag vollständig Geimpfte und Genesene mit negativ Getesteten gleichgestellt. Sie müssen keinen negativen Test beim Friseur oder in Geschäften vorweisen. Auch in Berlin sind bereits seit Mitte April Menschen mit vollem Impfschutz den Menschen gleichgestellt, die negativ getestet sind – inzwischen sind auch die Genesenen hinzugekommen.
Welche Kritik gibt es an dem Vorhaben
Scharfe Kritik am Vorgehen der Bundesregierung kommt unter anderem aus Thüringen. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte unserer Redaktion: „Ich weiß bis heute nicht, was genau der Bundesgesetzgeber eigentlich regeln will.“Das Eckpunktepapier vom Impfgipfel, in dem praktische Beispiele für Genesene, Getestete und Geimpfte erörtert wurden, habe die Bundeskanzlerin selbst wieder kassiert. „Außer der öffentlichen Debatte, die von wahlkämpfenden Politikern befeuert wird, ist mir bislang keine klare Vorlage der Bundesregierung bekannt“, so der Linken-Politiker weiter. Dabei betonte Ramelow den Unterschied zwischen der geplanten Bundesverordnung, die eine Rückkehr zu Grundrechten für Geimpfte und Genesene ermöglichen soll, und bereits geltenden Verordnungen zur Gleichstellung von Genesenen, Getesteten und Geimpften auf Landesebene. „Im Moment wäre ich schon froh, wenn wir die Gleichstellung flächendeckend erreichen würden. (...) Bisher regelt das jedes Land für sich. Ich befürchte, dass die momentane Debatte viel zusätzliche Verwirrung in der Bevölkerung stiftet. Die Bundesregierung sehe ich als Teil der Verwirrung und nicht als Teil der Entwirrung“, sagte Ramelow.
Welche Branchen könnten trotz Lockerungen leer ausgehen
Bei Reisen und in der Gastronomie ist Normalität noch nicht in Sicht: Urlaub über die Pfingsttage in knapp drei Wochen „wird in vielen Urlaubsregionen leider wieder ins Wasser fallen“, sagte der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU) der Bild-Zeitung. Er sei aber zuversichtlich, dass ab Juni Reisen in Deutschland in immer mehr Regionen möglich werden. Wichtig sei, dass der Bundeslockdown nicht über den 30. Juni hinaus – bis dahin ist er befristet. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae forderte einen raschen Zugang für vollständig Geimpfte und Genesene zu Sportstätten, Hotels und Innengastronomie. Gleiches sollte für Getestete gelten. Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, forderte die Bundesregierung auf, „Gaststätten, Hotels und Kultureinrichtungen unverzüglich ihren Betrieb wieder aufnehmen zu lassen“.
„Die Bundesregierung
sehe ich als Teil der Verwirrung und nicht als Teil der Entwirrung.“
Bodo Ramelow (Linke)
Ministerpräsident von Thüringen