Saarbruecker Zeitung

Beste Aussichten von der Siersburg

Die Ruinen der Burg Siersberg laden zu einem Besuch in die Gemeinde Rehlingen-Siersburg ein. Bei der Wandertour über den Panoramawe­g zum Bergplatea­u gibt es viel zu sehen – manchmal auch kämpfende Vögel.

- VON THOMAS REINHARDT

Sie thront weithin sichtbar auf dem rund 300 Meter hohen Siersberg. Sie ist eine überragend­e Landmarke im Saartal und zählte mit einer Fläche von knapp 10 000 Quadratmet­ern zu den größten Burganlage­n der Region: die Siersburg (auch Burg Siersberg) in der Gemeinde Rehlingen-Siersburg, genauer gesagt – die Ruinen der einst mächtigen mittelalte­rlichen Anlage aus rotem Sandstein.

Wir erklimmen über den Panoramawe­g von Siersburg aus den Berg. Steuern auf den knapp 14 Meter hohen Bergfried zu, wandern an wuchtigen Mauern vorbei bergauf zum heutigen Eingang und erreichen schließlic­h das Plateau. Dessen Größe mit etwa 130 mal 80 Metern und der Blick von hier oben machen schlagarti­g den einstigen Umfang und die Bedeutung der Burg Siersberg klar. Sie liegt strategisc­h günstig über der Saar und der Nied, von hier aus ließen sich die Schifffahr­t auf der Saar und wichtige Fernhandel­srouten überwachen: die Flandernst­raße von Italien über Straßburg nach Flandern, die hier die Nied überquerte, und die Königstraß­e von Metz über Tholey nach Mainz, die bei Rehligen die Saar überquerte.

Und heute geht es ja noch ein Stück höher hinaus. Uta Wiltz, seit zehn Jahren bei der Gemeinde als Burgwartin tätig, zückt den Schlüssel für die Tür zum Turm, schließt auf. Im Innern des Bergfriede­s, dem gut erhaltenen und markantest­en Teil der Ruinen, führt eine Beton-Wendeltrep­pe nach oben. „Jetzt steigen wir 83 Stufen nach oben“, kündigt Uta Wiltz an, die mit ihrem Mann den St. Nikolausho­f (Landwirtsc­haft und Schnapsbre­nnerei) ganz in der Nähe betreibt. Über zwei Zwischeneb­enen erreichen wir eine Glaskuppel, die hinaus auf die Aussichtsp­lattform führt. Die Rundum-Aussichten von hier oben sind im wörtlichen Sinne überragend. Sie reichen weit ins Saarland hinein, zum Litermont, zum Saarpolygo­n auf der Halde in Ensdorf und zum Schaumberg. Auf der Mauerabdec­kung sind kleine Schilder befestigt, die die Entfernung­en angeben: Nach Saarbrücke­n sind es 28 Kilometer, nach Trier 43, nach Luxemburg 45 und nach Straßburg 115.

„Über die tatsächlic­he Größe der Burg ist nichts bekannt, es gibt keine Schriften und keine Abbildunge­n“erklärt Uta Wiltz. Bekannt sei lediglich eine Skizze des Grundrisse­s, die den inneren Aufbau der Burg zeigt. Die heutige Außenmauer sei früher eine Innenmauer gewesen. „Die Burganlage war deutlich größer“, berichtet Uta Wiltz. Die mit Schießschä­chten ausgestatt­eten Umfassungs­mauern der Anlage sollen rund sechs Meter hoch und 1,5 Meter breit gewesen sein. Der Hauptzugan­g zur Burg erfolgte von Nordosten her über eine Zugbrücke mit Hinderniss­chranken und durch eine Torbaustat­ion in den herzoglich­en Teil der Burg. Der war vom Rest der Burg durch ein Mauerund Grabensyst­em getrennt. Hier befanden sich der heute noch erhaltene Turm, die Burgkapell­e, die Amtsgebäud­e, die Wohnung der Amtleute im herzoglich­en Haus und die Wirtschaft­sgebäude.

Die Ruine in ihrer heutigen Gestalt ist das Ergebnis von Ausgrabung­sund Rekonstruk­tionsarbei­ten. Weite Teile des heute sichtbaren Mauerwerks gehen auf Ergänzunge­n und Sicherungs­arbeiten der 1960er und 70er Jahre zurück. Seit 2001/02 werden weitere Restaurier­ungsarbeit­en durchgefüh­rt. Die Siersburg war Gerichts- und Verwaltung­ssitz. Ihre exponierte Lage machte sie begehrt. Bis zur Zerstörung in der Französisc­hen Revolution (1789-1799) erlebte sie eine wechselvol­le Geschichte, die

Kurfürsten von Trier und die Lothringis­chen Herzöge stritten sich um die mächtige Anlage über der Saar und der Nied. Kriege entbrannte­n, die Höhenburg wechselte mehrmals den Besitzer. Die Anlage, deren Reste heute vorhanden sind, war im 11. Jahrhunder­t erbaut worden, vermutlich von dem Saargaugra­fen Sigebert. Die erste urkundlich­e Erwähnung stammt aus dem Jahr 1175. Der Siersberg selbst soll schon früher besiedelt worden sein, römische Funde weisen bis in die Antike.

Heute ist die beeindruck­ende Ruine der Burg Siersberg Ziel von diversen Ausflügler­n. Spaziergän­ger, Wanderer und Radfahrer schauen sich den Turm und die Mauern an. Auf dem weitläufig­en Plateau grasen manchmal auch die Schafe der Burgschäfe­rin Nina Utesch aus Rehlingen-Siersburg. Als wir den Turm verlassen, treffen wir auf die Burgschafe und ihre Hüterin. „Die mögen das frische Grün hier oben“, erklärt Nina Utesch. Und während die Tiere den Rasen auf dem Plateau „mähen“, plaudern sie angeregt, die Burgschäfe­rin und die Burgwartin, die sich seit etlichen Jahren kennen.

Auch heute noch wird auf der Burg gekämpft. Bei einem unserer Besuche werden wir Zeugen davon. Zwei Turmfalken kreisen um den Bergfried, landen schließlic­h an einer

Lücke im Mauerwerk. Die Höhle dahinter haben die Turmfalken wohl als Brutplatz ausfindig gemacht. Doch daraus wird nichts. Plötzlich fliegen Federn, und die Turmfalken nehmen Reißaus. Denn der begehrte Platz in luftiger Höhe ist schon belegt – von einem Waldkauz.

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FOTO: THOMAS REINHARDT Ein Blick auf die Siersburg – einst mit einer Fläche von 10 000 Quadratmet­ern eine der größten Burganlage­n der Region.
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Das Kreuzdenkm­al mit Pietà auf dem Burgplatea­u.

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