Saarbruecker Zeitung

Vertragskü­ndigung per Mausklick

In wenigen Schritten können Verbrauche­r im Internet einen Kontrakt kündigen, verspreche­n Dienstleis­ter.

- VON LOTHAR WARSCHEID

Für mobile Telefonate und Surfen, Streaming von Musik und Filmen, Premium-Mitgliedsc­haften in sozialen Netzwerken und Lizenzen für Büro- oder Sicherheit­ssoftware – für all diese Dienste schließen die Nutzer Abos ab, wenn sie die Angebote ohne Werbeunter­brechung oder andere Einschränk­ungen genießen wollen. Zusätzlich zu diesen Leistungen aus dem Internet kommen die monatliche­n Abbuchunge­n für Strom, Gas oder Fernwärme. Außerdem hat jeder Autobesitz­er eine Kfz-Versicheru­ng.

Manch einer kann bei der Fülle dieser Kontrakte schon mal den Überblick verlieren, welche Verträge er alles abgeschlos­sen hat und wofür er regelmäßig zur Kasse gebeten wird. Wer die eine oder anderen Abmachung kündigen will, kann erleben, dass die Frist erst vor kurzem verstriche­n ist und der Kunde noch ein Jahr oder länger an den Anbieter gebunden ist. Inzwischen tummeln sich im Internet einige Dienstleis­ter, die verspreche­n, alle lästigen Verträge ohne Ärger mit der Gegenseite zu kündigen oder zu widerrufen und auf Fristen zu achten – gegen Gebühr.

Einer davon ist Aboalarm,

ein Unternehme­n, das 2008 in München gegründet wurde und nach eigenen Angaben bereits über 8,5 Millionen erfolgreic­he Kündigunge­n verschickt hat. 300 000 Verträge seien widerrufen worden. „Außerdem wurden über 15,5 Millionen vollständi­ge Kündigungs­schreiben von Nutzern erstellt, herunterge­laden und selbst verschickt“, heißt es in der Eigendarst­ellung der IT-Firma. Gekündigt wird bei Aboalarm fast alles – einschließ­lich Fitnessstu­dio, Partei-Mitgliedsc­haft und Online-Dating. Mehr als 25 000 geprüfte Kündigungs­vorlagen seien abrufbar.

Der Nutzer gibt Name, Anschrift und die jeweilige Kundennumm­er ein. Anschließe­nd erstellt das Unternehme­n ein rechtsgült­iges Kündigungs­schreiben, das es per Mail, Fax oder mit der Post verschickt. Nach dem Versand erhält der Nutzer eine E-Mail als Bestätigun­g. Dieser Service ist nicht kostenlos. Aboalarm verlangt für eine Kündigung per E-Mail oder Fax 3,99 Euro, für ein Einschreib­en 8,99 Euro, so der Geldratgeb­er Finanztip.

Kündigungs­dienstleis­ter Nummer zwei heißt Volders.

Das Berliner Unternehme­n nennt als Referenzza­hl 1,5 Millionen Kunden, die bereits über Volders Verträge widerrufen oder gekündigt haben. 20 000 geprüfte Kündigungs­vorlagen seien vorbereite­t. Das Verfahren läuft nach der gleichen Methode ab wie bei den Wettbewerb­ern. Auf der Startseite sucht der Nutzer den Anbieter, unterschre­ibt die Kündigung online und wählt die Versandart: Fax, E-Mail, Brief oder Einschreib­en. Eine einfache Kündigung kostet 5,99, eine „sichere“9,99 Euro. Dieser sichere Service umfasst den Versand als Einschreib­en mit Sendungsve­rfolgung oder per E-Mail; zusätzlich erhält der Volders-Rechtsanwa­lt eine Kopie.

Ein weiterer Anbieter mit ähnlichem Dienstleis­tungsprofi­l ist „kündigen. de“.

Das Unternehme­n mit Sitz in Amsterdam verweist auf mehr als 7000 Kündigungs­schreiben, die es in der Schublade hat. Sollte das Vertragsun­ternehmen nicht in der Datenbank stehen, wird ein Standard-Abschiedsb­rief der jeweiligen Situation angepasst. Der Fax- oder E-Mail-Versand des Schreibens kostet bei „kündigen.de“ 4,99 Euro, das Einschreib­en 6,99 Euro.

Weitere Dienste dieser Art

sind Kuendigung.org, Contractix und Smartkündi­gen. Bei „Kuendigung.org“kostet ein Fax, 3,79 Euro, ein Brief 4,99 Euro und ein Einschreib­en 7,99 Euro. Bei Contractix ist eine automatisc­he Kündigung nur per Fax möglich, Kosten 2,89 Euro. Den Postversan­d muss man selbst übernehmen. Bei Smartkündi­gen ist alles kostenlos; das Unternehme­n „finanziert sich durch kleine Provisione­n von Anbietern“.

Aboalarm, Volders

und Smartkündi­gen verwalten außerdem die abgeschlos­senen Verträge und rechnen aus, wie viel Geld der Kunde dafür ausgibt. Wer außerdem Laufzeit und Kündigungs­frist bei den erkannten Kontrakten einträgt, wird informiert, bis wann er kündigen muss, um einer Laufzeitve­rlängerung zu entgehen. Das Ganze ist jedoch nicht unproblema­tisch. So verlangt Aboalarm Einsicht in das Girokonto, um anhand der Lastschrif­ten die Abbuchunge­n auflisten zu können. Die Login-Daten aus dem Online-Banking, die dafür benötigt werden, nutzt der Betreiber „ausschließ­lich für die einmalige Abfrage“, versichert Aboalarm. „Wir speichern keine Bankdaten.“Aboalarm, „kündigen.de“und „Kuendigung.org“bieten außerdem an, Kündigungs­schreiben kostenlos als PDF-Datei zur Verfügung zu stellen. Nur die Vertragsda­ten müssen dort noch eingegeben werden. Um den Versand muss man sich jedoch selbst kümmern.

Wie ist es um die Qualität

der Kündigungs­dienste bestellt? Das IT-Portal Netzwelt hat Aboalarm, „kündigen. de“und Volders getestet, wobei Volders am besten abgeschnit­ten hat. „Der Dienst konnte im Test durch sein gutes Nutzererle­bnis und die einfache Bedienung überzeugen. Auch der Kundenserv­ice bot bei Problemen stets schnell kompetente Hilfe“, erklären die Tester. Für Aboalarm als dem Zweitplatz­ierten spreche, dass „er über die größte Datenbank verfügt“. Nur beim Kundenserv­ice hapere es ein wenig. Finanztip hingegen empfiehlt, auf Kündigungs­dienste zu verzichten. Der Mehrwert, den der Service biete, „ist zu gering“. Ein solcher Dienst könne lediglich nützen, wenn es mit der Kündigung schnell gehen muss. Hilfreich seien die Adress-Datenbanke­n der einzelnen Anbieter. Die Adressen müsse man sich nicht mehr mühsam zusammensu­chen.

Allerdings sind

die Kündigungs­dienste auch fleißige Datensamml­er. Mailadress­e und Handynumme­r speichern viele, schreibt Finanztip. Name und Adresse stehen sowieso schon im Kündigungs­schreiben. Manche Dienste empfehlen auch kurz vor Vertragsen­de neue Kontrakte bei anderen Anbietern. Dafür fließen Provisione­n. „Wie diese Empfehlung­en zustande kommen, ist leider nur schwer nachzuvoll­ziehen“, so der Geldratgeb­er. Das lässt ahnen, warum der Dienst Smartkündi­gen kostenlos ist und sich „durch kleine Provisione­n von Anbietern“finanziert. Denn das Unternehme­n aus Neuss hilft auch, den Vertrag zu finden, „der zu dir passt“.

 ?? FOTO: PLEUL/DPA ?? Wer einen Vertrag kündigen will, muss nicht mehr zu Stift und Papier greifen. Dienstleis­ter verspreche­n, Verbrauche­rn die lästige Arbeit abzunehmen.
FOTO: PLEUL/DPA Wer einen Vertrag kündigen will, muss nicht mehr zu Stift und Papier greifen. Dienstleis­ter verspreche­n, Verbrauche­rn die lästige Arbeit abzunehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany