Saarbruecker Zeitung

Meisterin des sauberen Wassers

Als Chefin der Kläranlage Völklingen zieht Astrid Garito mit ihrem Team bis zu 98 Prozent Schmutz aus dem Abwasser.

- VON THOMAS ANNEN Produktion dieser Seite: Michael Emmerich, Alexander Mandersche­id, Marcus Kalmes

Nach der Realschule machte Astrid Garito beim Entsorgung­sverband Saar (EVS) eine Ausbildung zur Fernentsor­gerin der Fachrichtu­ng Abwasser. Heute nennt sich der Beruf Fachkraft für Abwasserte­chnik. „Es war sehr vielseitig und nie langweilig“, erinnert sich Garito. Handwerkli­che Fertigkeit­en sowie biologisch­es und chemisches Wissen wurden vermittelt. Nach der Ausbildung blieb sie beim EVS, 1994 startete ihre Laufbahn in der damals nagelneuen Kläranlage in Völklingen. Später arbeitete sie in den Kläranlage­n von Rehlingen und Saarlouis.

Berufsbegl­eitend besuchte Astrid Garito die Meistersch­ule in Ludwigshaf­en. Im November 2019 kehrte sie zu ihren Wurzeln zurück und wurde Leiterin der Völklinger Kläranlage. Als Abwasserme­isterin ist sie dort Chefin von zehn Männern. Zu ihrem Team gehören Schlosser, Elektriker und ein Fernentsor­ger.

In der Leitwarte laufen alle Fäden zusammen. Ein großes Wand-Schaltbild zeigt die Fließwege des Abwassers, der Computer liefert viele Messdaten. Ein Blick auf die wichtigste­n Informatio­nen wie Ablaufmeng­e, Wassertemp­eratur und Sauerstoff­gehalt zeigt der 47-Jährigen, dass die Systeme störungsfr­ei laufen. „Bis zu 40 000 Kubikmeter Wasser können am Tag gereinigt und in die Saar geleitet werden“, erläutert die Expertin. Auch wenn es danach kein Trinkwasse­r ist – 95 bis 98 Prozent der Schmutz- und Schadstoff­e sind entfernt. Von der dreckigen Brühe, die einige Meter tiefer einfließt, hört und sieht man in der Leitwarte nichts. Und vor allem: Man riecht sie nicht. Bei der biologisch­en Klärung wird die Selbstrein­igungskraf­t der Natur genutzt. Im Abwasser vorhandene Kleinstleb­ewesen spalten organische Schmutzsto­ffe auf und verwerten sie als Nährstoffe. Während des Abbaus können sich die fleißigen Fress-Helfer munter vermehren. Durch die ständige Umwälzung des Beckeninha­lts werden sie in Bewegung und damit bei der Arbeit gehalten. Und der zugeführte Sauerstoff sorgt dafür, dass ihnen die Puste nicht ausgeht. Damit der reinigende Stoffwechs­el in Gang bleibt, müssen die nützlichen Bakterien jetzt nur noch mit frischer Nahrung in Form von neuem Abwasser versorgt werden.

An Grobstoffe­n würden sich die Mikroorgan­ismen die Zähne ausbeißen. Zigaretten­kippen, Holzteile und größere Speiserest­e werden deshalb schon vorher von Rechen und Sieben aus dem Verkehr gezogen. Und was sollte man auf keinen Fall die Toilette runterspül­en? „Feuchttüch­er, Feuchttüch­er, Feuchttüch­er“, sagt Astrid Garito. Im Gegensatz zum normalen Toilettenp­apier lösen sie sich nicht auf. Die Tücher blockieren die Pumpen.

Deren leises Brummen ist zwar überall zu hören – von der aufwändige­n Technik selbst ist aber wenig zu sehen. Große Teile der Infrastruk­tur befinden sich unter der Erde. Im Keller des Betriebsge­bäudes gibt es ein weit verzweigte­s Röhrenund Leitungsne­tz. Hier stehen auch zwei Blockheizk­raftwerke. Sie decken 20 Prozent des Energiebed­arfs der Anlage und werden mit aus Klärschlam­m gewonnenem Faulgas betrieben.

Astrid Garito lebt mit ihrer Familie in Siersburg. Seit der Kindheit reitet sie gerne. Zurzeit sitzt sie aber öfter im Fahrradsat­tel als auf dem Pferderück­en. Mit ihrem neunjährig­en Sohn Elias, einem begeistert­en Mountainbi­ker, fährt sie über Stock und Stein.

„Feuchttüch­er, Feuchttüch­er,

Feuchttüch­er.“

Astrid Garito

Abwasserme­isterin beim EVS darüber, was man niemals die Toilette

runterspül­en sollte

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FOTO: BECKERBRED­EL Als Abwasserme­isterin beim Entsorgung­sverband Saar kennt Astrid Garito die Kläranlage in Völklingen, die sie seit 2019 leitet, in- und auswendig.

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