„Ich habe gekämpft, und viele haben geholfen“
Dima Alrefai ist aus Syrien geflohen, mit einem Diplom in der Tasche und dem unbedingten Wunsch, Kunst zu vermitteln. In Saarbrücken scheint sie jetzt am Ziel zu sein.
Seit fünf Jahren lebt die Syrerin Dima Alrefai nun schon im Saarland. Als Tochter syrischer Eltern in Saudi-Arabien geboren, verbrachte sie Kindheit und Jugend dann in Syrien selbst. Als sich die Situation in ihrer Heimatstadt Homs im Zuge des Krieges zusehends verschlechterte, zog Alrefai mit ihrer eigenen Familie 2011 zunächst nach Istanbul.
Weil sich Syrer dort aber ebenfalls mit schwierigen Lebensbedingungen konfrontiert sehen, entschlossen sich Alrefai und ihre Familie 2016 schließlich, nach Deutschland zu fliehen.
Über diese ihre Lebensgeschichte will Alrefai heute allerdings nicht sprechen, „ich habe so viel, so oft darüber gesprochen“, sagt sie, „heute soll es nur um meine Kunstschule gehen“. Zwei Jahre hat Dima Alrefai auf die Eröffnung ihrer eigenen Kunstschule hingearbeitet, jetzt ist sie endlich auf der Zielgeraden.
Um zu erklären, wie es überhaupt zur Idee einer eigenen Kunstschule kam, muss Alrefai doch auf ihre ganz persönliche Geschichte zurückkommen. „Malerei macht mich innerlich frei, sie regt meine Fantasie an, erzeugt ein schönes Gefühl“, erzählt Alrefai, „und ich liebe die Arbeit mit jungen Menschen und Kindern, sie sind spontan, zeigen Gefühle“.
So studierte Alrefai schon in Syrien Kunstpädagogik. In der Türkei angekommen, hatte Alrefai nicht nur als Künstlerin diverse Ausstellungen. Sie war als Kunstpädagogin auch an der Gründung einer arabischen Schule mit international anerkannten Zertifikaten für syrische Kinder in Istanbul beteiligt, deren Direktorin sie schließlich auch wurde.
2013 eröffnete Alrefai sogar ihren eigenen Kindergarten für arabische Kinder. Der Name in Übersetzung: „Colours of Life“– Farben des Lebens. Ein Name, der für Alrefai die in der Kunst begriffenen Entfaltungsmöglichkeiten für den Menschen zusammenfasst. „Mit Kunst können wir uns und andere besser kennenlernen, Vorurteile abbauen, uns respektieren und tolerieren lernen und immer wieder Neues in uns erwecken“, sagt Alrefai. Deshalb trägt auch ihre Kunstschule diesen Namen, aufgrund des Frankreich-Bezuges des Saarlandes in anderer Sprache: „Couleurs de la Vie“.
„Auch wenn ich meinen Abschluss als Kunstpädagogin in Deutschland anerkennen lassen konnte, kann ich nicht an Schulen arbeiten, schließlich muss man hier zwei Fächer lehren“, erklärt Alrefai, „also habe ich nach einer anderen Möglichkeit gesucht, um mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten“.
Die Idee einer eigenen Kunstschule war geboren. In einem einjährigen Stipendium bei Perspektive Neustart, einem Programm der HTW-Tochter Fitt, bei dem mittels Förderung der Schöpflin Stiftung und der Generali, Unternehmer mit Fluchterfahrung auf ihrem Weg zur Gründung unterstützt werden, wurde Alrefai in allen gründungsrelevanten Bereichen geschult.
Mit Erfolg: Im Januar 2021 sollte „Couleurs de la Vie“seine Pforten auf dem Gelände des Kulturzentrums am Eurobahnhof öffnen. Eigentlich. Denn in dieser Pandemie kann schließlich kaum noch etwas nach Plan laufen.
Unterkriegen lässt sich Dima Alrefai davon aber nicht. Im Gegenteil: Sie wittert eine Chance. Alrefai will ihre Kurse möglichst international halten. Sie konnte schon Tanzlehrer aus Kolumbien und Musiklehrer aus Japan als Partner gewinnen. Sie selbst könne ihre Malerei- Kurse gleich mehrsprachig anbieten.
„Online können wir viel mehr Menschen erreichen, ganz ohne zu reisen, wir können die Kurse nicht nur international gestalten, sondern auch international anbieten“, betont Alrefai. Dass das Online-Format funktioniert, konnte Alrefai bereits beweisen. So hat sie Online-Kunstworkshops für die Kinder der Generali-Mitarbeiter
in Deutschland realisiert und so 50 Familien in München, Frankfurt und Hamburg gleichzeitig erreicht.
„Kunst ist eine Sprache, die Grenzen überwindet“, betont Dima Alrefai, „alle Kunst“. Bei „Couleurs de la Vie“soll es daher nicht nur Kurse in Malerei und Musik, sondern auch in Tanz, Pantomime, Schmuckverarbeitung und Yoga geben. Nicht nur für Kindern, sondern auch für Jugendliche
und Erwachsene, für Privatpersonen und Unternehmen.
Schon im April fanden die ersten Online-Kurse statt, buchbar sind Kurse über die Website von „Couleurs de la Vie“. Auch wenn der Unterricht vorerst in anderer Form als ursprünglich geplant stattfindet. „Die Schule gibt es jetzt“, sagt Alrefai stolz. „Ich habe viel gekämpft, hatte ein großes Netzwerk, viele Bekannte, die mir helfen und geholfen haben“, ergänzt sie, „es war ein langer Weg, aber es gibt die Schule jetzt“.
„Mit Kunst können wir uns und andere besser
kennenlernen, Vorurteile abbauen, uns
respektieren und tolerieren lernen und immer wieder Neues in
uns erwecken.“
Dima Alrefai „Online können wir viel
mehr Menschen erreichen, ganz ohne zu reisen, wir können die Kurse nicht nur international gestalten,
sondern auch international anbieten.“
Dima Alrefai sieht in den Einschränkungen durch die Corona-Verordnungen auch Chancen