Der Streitschlichter von Bliesransbach
Tobias Lüders ist als Schiedsmann da, wenn Nachbarn sich in die Haare kriegen. Auch mit Pflanzen und Tieren kennt er sich gut aus.
Der Rasenmäher-Roboter ist zu laut, Hecken ragen bis in den Garten nebenan oder eine Mauer ist zu hoch – Beispiele, wegen derer sich Nachbarn ordentlich in die Haare kriegen, gibt es zuhauf. „Wenn sie dann zu mir kommen, ist der Streit meistens schon weit fortgeschritten. Oft hätte es bereits viel früher eine einvernehmliche Lösung geben können“, sagt Tobias Lüders.
Der 45-Jährige ist seit sechs Jahren der Schiedsmann von Bliesransbach. Im vergangenen März wurde er für weitere fünf Jahre vom Ortsrat gewählt. „Ich wollte mich mehr in die Gemeinde einbringen und habe ein Tätigkeitsfeld gesucht. Politik ist nichts für mich, und als die Schiedsmanns-Stelle vor sechs Jahren ausgeschrieben wurde, habe ich mich beworben“, sagt er.
Lüders stammt aus Freiburg und wollte nach dem Abitur erst unbedingt Handwerker werden. „Jeder handwerkliche Beruf an sich ist schön, aber irgendwo auch einseitig. Also habe ich mich für die Landwirtschaft entschieden. In unserer Familie gab es zwar nie Landwirte, aber naturverbunden war ich schon immer“, sagt der heutige Bliesransbacher, der mit seiner Familie auf dem Hartungshof wohnt. Nach der Ausbildung
in Freiburg und Weiterbildungen in Wiesbaden und Bitburg verschlug es Tobias Lüders im Jahr 2003 in die Gemeinde Kleinblittersdorf. Er trat eine Stelle bei der Lebenshilfe Obere Saar auf dem Wintringer Hof an. Es lief alles perfekt, doch 2006 schlug das Schicksal zu. Bei einem Arbeitsunfall verlor Lüders drei Finger an seiner starken rechten Hand. „Es war ein Schock. Ich wurde zwölf Stunden operiert. Es war eine harte Zeit, doch ich ließ mich nicht unterkriegen und habe gekämpft“, sagt der 45-Jährige. Er lernte alles neu mit der linken Hand. „Lustig war, das Schreiben zu lernen mit links. Erst Schreibschrift, dann Druckschrift, wie in der Grundschule. Es funktioniert alles, wenn man will“, sagt er. Heute ist Lüders Abteilungsleiter Produktion und organisiert und koordiniert die Arbeiten auf dem Wintringer Hof.
Schreiben von Hand und am Computer sind im Übrigen auch ein Großteil seiner Arbeiten als Schiedsmann. „Ich hätte am Anfang nicht gedacht, dass es so viel Bürokratie
sein würde. Formulare ausfüllen, Schreiben an die Gemeinde, an Rechtsanwälte, an die Streitparteien – auch Fristen müssen eingehalten werden“, erzählt Lüders, der es mit fünf bis sieben Fällen pro Jahr zu tun bekommt. Er hat viele Fortbildungskurse für Schiedsmänner belegt und kann seine Erfahrungen auch beruflich nutzen. „Ich sehe mich eher als Mediator und versuche, Konflikte zu lösen. Da gibt es wunderbare Techniken, die man überall einsetzen kann. Oft sind es einfach nur Kommunikationsprobleme, die einen Streit eskalieren lassen“, so Lüders.
Es gibt aber auch Härtefälle, in denen der Bliesransbacher nicht weiterkommt. Diese landen dann vor Gericht. „Etwa die Hälfe der Fälle kann ich selbst lösen. Vielleicht gelingt es mir ja noch, diese Quote zu steigern“, sagt der Landwirt, der zur Zeit auch reichlich viel auf dem Wintringer Hof zu tun hat. Stillstand gibt es beim gebürtigen Freiburger nie. „Zu tun gibt es immer etwas. Auf dem Hof müssen die Pflanzen und Tiere auch an Sonn- und Feiertagen betreut werden. Und jederzeit kann es zu einem neuen Fall kommen, den ich als Schiedsmann zu lösen versuche.“
„Ich wollte mich mehr in die Gemeinde
einbringen.“
Tobias Lüders
Schiedsmann