Kuntz führt U21 zum Euro-Titel
Die deutschen Eishockey-Nationalspieler haben ihre erste Enttäuschung nach dem undankbaren Platz vier bei der WM überwunden.
RIGA (dpa) Deutschlands Eishockey fühlt sich trotz der bitteren Enttäuschung zum WM-Abschluss endgültig in der Weltspitze angekommen. Müde von einer letzten Party-Nacht in Riga im Mannschaftskreis, aber stolz landeten die Nationalspieler am Montag an verschiedenen Flughäfen in Deutschland und schworen sich, künftig öfter nach Medaillen zu greifen. „Wir haben bei der Nationalmannschaft unsere Komplexe abgelegt“, sagte Kapitän Moritz Müller nach Platz vier in Riga. „Das war ein Riesenschritt für das deutsche Eishockey. Hoffentlich klappt es beim nächsten Mal besser“, bilanzierte Topscorer Marcel Noebels.
In der Bewertung blieb mehr das unglückliche 1:2 gegen Vize-Weltmeister Finnland im Halbfinale hängen als das 1:6 gegen die USA im Spiel um Bronze, als die Köpfe nicht mehr bereit waren. „Wir können mit den großen Nationen mithalten“, erkannte Korbinian Holzer, der neben Abwehrkollege Moritz Seider ins All-Star-Team gewählt wurde.
Anders als 2010, als eine Auswahl des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB) zuletzt in einem WM-Halbfinale stand und am Ende ebenfalls Platz vier erreichte, wird das Abschneiden nun nicht als Ausreißer nach oben verbucht. Platz vier gilt jetzt als Gradmesser, nachdem 2018 bei Olympia sensationell Silber heraussprang. „Seit Olympia hat man das Gefühl, dass das Bewusstsein da ist, dass man etwas schaffen kann“, sagte Bundestrainer Toni Söderholm, der die selbstbewusste Mentalität seines Vorgängers Marco Sturm weiterlebt.
Das Ziel von Franz Reindl war es nach seinem Amtsantritt als DEB-Präsident 2014, bis 2026 nachhaltig um Medaillen bei großen Turnieren zu spielen. Das dazugehörige Konzept scheint früher als geplant umgesetzt. Nach Olympia-Silber 2018 kratzte Deutschland in Riga am WM-Finale und zog in der Weltrangliste vorbei an den Top-Nationen Tschechien und Schweden auf Rang fünf. „Der Kampf geht immer weiter“, sagte Reindl. „Unser Konzept ist langfristig angesetzt. Das endet nicht. Man darf nie aufhören.“
Trotzdem will Reindl nun von Bord gehen. Im September wird ein neuer Präsident des Weltverbands IIHF gewählt, Reindl tritt zur Wahl an. Im kommenden Jahr wird dann ein neues DEB-Präsidium gewählt. Der Verband ist ohnehin im Umbruch. Stefan Schaidnagel, der Reindl einst beerben sollte, ging als Sportdirektor im vergangenen Winter im Unfrieden. Nachfolger Christian Künast soll zu einem Wohlfühlklima beitragen.
Wie es an der Verbandsspitze weitergehen kann und soll, ist unklar. Ohne zu wissen, wie es strukturell weitergeht, will Künast im Sommer erste Gespräche mit Söderholm über eine Vertragsverlängerung über die kommende WM 2022 in dessen Heimat Finnland hinaus führen. Wie wichtig eine weitere Zusammenarbeit mit dem 43-Jährigen wäre, verdeutlichten die Spieler noch einmal. „Er ist wirklich ein unglaublicher Trainer. Toni ist einer von uns. Wir spüren einfach, wie sehr er mit dem Herzen dabei ist“, schwärmte Kapitän Müller.
Im vergangenen Jahr hatte Söderholm die Corona-Zwangspause genutzt, um Fragebögen zu erstellen, die er allen WM-Kandidaten zukommen ließ. Die Rückläufer wertete er psychologisch aus und erlangte „interessante Ergebnisse“, die er für die Zusammenstellung des Kaders nutzte. „Wir sind zu einer Familie gewachsen. Das wird mich lange,
lange in meinem Leben begleiten“, sagte Noebels. Offenbar akzeptierte jeder seine Rolle. „Es ging immer nur ums wir“, berichtete Noebels und ließ dabei auch durchblicken, dass dies vor ein paar Jahren noch ganz anders war.