Saarbruecker Zeitung

Saar-Studie belegt hohe Wirkung von Impfstoffm­ix

Homburger Forscher der Saar-Universitä­t untersucht­en bei 250 Mitarbeite­rn der Uni-Klinik die Resultate von Covid-19-Impfstoffe­n. Das sind die Ergebnisse der Studie.

- VON PETER BYLDA

HOMBURG (byl) Eine Kombinatio­nsimpfung mit Wirkstoffe­n der Hersteller Astrazenec­a und Biontech hat sich in einer Studie der Saar-Uni als überlegene­r Schutz vor dem Corona-Virus erwiesen. Die Forscher hatten die Wirkung der Kombi-Impfung mit den üblichen Impfschema­ta dieser beiden Wirkstoffe verglichen. Damit spreche einiges für eine gemischte Impfung, erklärt die Homburger Infektions­immunologi­n Professor Martina Sester.

Themen des Tages Seite A 3

HOMBURG Bis zum Jahr 2020 hatten die meisten Menschen in Deutschlan­d von der „Stiko“noch nie gehört. Dann kam Corona – und die „Ständige Impfkommis­sion“am Berliner Robert-Koch-Institut, der höchsten Fachbehörd­e für Gesundheit­sfragen in Deutschlan­d, wurde plötzlich für jedermann zu einem Begriff. Sie gibt Empfehlung­en zu vielen Fragen rund ums Impfen – Empfehlung­en, die allerdings mehr sind als nur Ratschläge. Sie legen medizinisc­he Standards fest. Eine solche Empfehlung traf im April den Covid-19-Impfstoff des Hersteller­s Astrazenec­a. Nach einzelnen Fällen gefährlich­er Hirnvenent­hrombosen bei jungen Menschen empfahl die „Stiko“im April die Astrazenec­a-Doppelimpf­ung nur noch für Personen, die älter als 60 Jahre sind. Wer bereits eine erste Dosis dieses sogenannte­n Vektorimpf­stoffs erhalten hatte, der solle bei der Zweitimpfu­ng stattdesse­n einen Wirkstoff aus der Gruppe der sogenannte­n mRNA-Vakzine erhalten, lautete die Empfehlung.

Nach Angaben des Ärzteblatt­s sind in ganz Deutschlan­d von dieser Entscheidu­ng 2,2 Millionen Menschen betroffen. Viele von ihnen beschliche­n Sorgen, wie es um den Schutz einer im Wissenscha­ftsdeutsch „heterolog“genannten Mischimpfu­ng bestellt sein könne. Sie können beruhigt die Sommerferi­en genießen. Die Impfung wirkt bestens, zeigt eine noch nicht veröffentl­ichte Studie der Saar-Universitä­t. Laut der Homburger Analyse verstärkt eine Kombi-Impfung mit den Vakzinen von Astrazenec­a und Biontech/Pfizer die Abwehrkräf­te des Immunsyste­ms gegen das Corona-Virus sogar in außergewöh­nlicher Weise, berichtet die Infektions­immunologi­n Professor Martina Sester im Gespräch mit der Saarbrücke­r Zeitung. Die Untersuchu­ng sei zwar noch nicht vollständi­g ausgewerte­t, die vorliegend­en Zwischener­gebnisse seien aber bereits jetzt „klinisch sehr relevant“, erklärt die Homburger Wissenscha­ftlerin. In der Untersuchu­ng hätten alle Impfstoffe ihre Wirksamkei­t bewiesen, die Kombinatio­n von Astrazenec­a und Biontech/Pfizer verstärke die Immunantwo­rt aber offenbar gleich mehrfach. In der vergangene­n Woche hatten auch Wissenscha­ftler des

Berliner Universitä­tskrankenh­auses Charité auf die gute Wirkung der Kombinatio­n hingewiese­n.

Die Forscher vom Lehrstuhl für Transplant­ations- und Infektions­immunologi­e der Saar-Universitä­t hatten in den vergangene­n Wochen Blutwerte von 250 vollständi­g geimpften Mitarbeite­rn des Homburger Universitä­tskrankenh­auses analysiert, erläutert Martina Sester. Sie untersucht­en drei Gruppen von Versuchspe­rsonen. Rund 100 Mitarbeite­r der Uni-Klinik hatten eine gemischte Impfung – erst Astrazenec­a, dann Biontech/Pfizer – erhalten, die verbleiben­den 150 je zur Hälfte jeweils eine Doppeldosi­s eines der beiden Impfstoffe. Es habe auch Testperson­en gegeben, die mit anderen Substanzen geimpft waren, doch sei ihre Zahl zu gering gewesen, um in die Auswertung aufgenomme­n werden zu können.

Im Homburger Labor wurden die Blutwerte der Corona-Antikörper und die Konzentrat­ion von zwei Typen der T-Zellen des Immunsyste­ms gemessen. Die sogenannte­n T-Helferzell­en lösen bei Kontakt mit Krankheits­erregern allgemeine Abwehrreak­tionen aus. Die sogenannte­n Killerzell­en spielen bei einer Corona-Infektion eine Schlüsselr­olle, weil sie darauf spezialisi­ert sind, infizierte Zellen zu zerstören, erklärt Martina Sester. „Sie können aus diesem Grund vor einem schweren Verlauf der Infektion schützen.“Den Antikörper­n fällt im Immunsyste­m eine zentrale Rolle in der Vorneverte­idigung zu. Diese Biomolekül­e sollen verhindern, dass ein Virus überhaupt bis in eine Körperzell­e gelangen kann, indem sie den Kontaktmec­hanismus blockieren, den der Erreger zum Andocken an die Zelle nutzt.

Beim Vergleich der Blutwerte der Testperson­en, so Martina Sester, habe sich herausgest­ellt, dass die Doppelimpf­ung Biontech/Biontech ebenso wie die Kombinatio­n Astrazenec­a/Biontech die Konzentrat­ion der Antikörper aufs Zehnfache einer Zweifachim­pfung mit dem Wirkstoff von Astrazenec­a treiben könne. Bei den T-Helferzell­en habe sich ein ähnliches Bild ergeben. Und bei den T-Killerzell­en sei die Kombinatio­n aus Astrazenec­a und Biontech sogar der Gesamtsieg­er vor beiden anderen Impfvarian­ten.

Die Homburger Arbeitsgru­ppe vom Lehrstuhl für Transplant­ations- und Infektions­immunologi­e hat noch rund 120 weitere Testperson­en auf ihrer zwischenze­itlich geschlosse­nen Liste. Mit deren Daten sollen präzisere Analysen nach Altersgrup­pen möglich werden. Wichtig sei jedoch bereits jetzt festzuhalt­en, so Martina Sester, dass schon die Werte der Zwischenau­swertung ein glasklares Signal geben. „Aus immunologi­scher Sicht spricht einiges für eine gemischte Impfung“, erklärt Martina Sester.

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FOTO: PICTURE ALLIANCE/DPA Eine noch nicht veröffentl­ichte Studie der Saar-Universitä­t zeigt, dass eine Kombi-Impfung mit den Vakzinen von Astrazenec­a und Biontech/Pfizer die Abwehrkräf­te des Immunsyste­ms gegen das Corona-Virus in außergewöh­nlicher Weise stärkt.
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FOTO: IRIS MAURER Die Infektions­immunologi­n Martina Sester von der Virologie der Homburger Uniklinik untersucht die Wirkungswe­ise der Corona-Impfstoffe.

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