Saarbruecker Zeitung

Der dunkle Schatten über dem Triumph der CDU

Die Christdemo­kraten gehen als klarer Sieger aus der Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt hervor und erhoffen sich Rückenwind für ihren Kanzlerkan­didaten Armin Laschet. Doch ein großer wunder Punkt bleibt.

- VON JANA WOLF

BERLIN Am Ergebnis der Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt ist alles schön – zumindest aus CDU-Perspektiv­e. Der schwarze 37-Prozent-Balken, der in den Wahl-Grafiken alle andersfarb­igen Balken weit überragt. Die hohen persönlich­en Zustimmung­swerte für CDU-Ministerpr­äsident Reiner Haseloff, dem große Verlässlic­hkeit attestiert wird. Die Verluste für die AfD, die zwar weiterhin zweitstärk­ste Kraft in dem Ost-Land bleibt, aber mit ihren 20,8 Prozent dennoch hinter den Vorwahl-Befürchtun­gen zurückblei­bt. Und natürlich der Rückenwind für CDU-Chef und Kanzlerkan­didat Armin Laschet, den man sich für den Bundestags­wahlkampf erhofft. Die „große Freude“sei ihm nicht anzusehen, gestand Haseloff am Montag ein, als er gemeinsam mit Laschet in Berlin vor die Kameras trat – „weil ich nur drei Stunden geschlafen habe“. Sei’s drum, aus CDU-Sicht scheint an diesem Tag trotzdem alles schön. Wirklich alles?

Wer die CDU-eigenen Analysen zu dieser Wahl verfolgt, der wird den wunden Punkt kaum übersehen: Am Umgang mit AfD, an der Abgrenzung nach rechts außen, arbeitet sich die Union weiter ab. Kein öffentlich­er Auftritt, keine interne Besprechun­g vergeht, bei denen die Rechten und Rechtsextr­emen nicht präsent sind. Die CDU sei „das Bollwerk gegen Extremismu­s“, sagte Laschet am Montag, und der „Kurs der Mitte“werde „um keinen Millimeter verändert“. Das klingt beinahe nach einer Rechtferti­gung.

Wenige Stunden zuvor hatte CSU-Chef Markus Söder im München mahnend angemerkt, dass der Kampf gegen die AfD nicht ausgekämpf­t sei: „Die AfD bleibt Herausford­erung.“Und Ministerpr­äsident Haseloff gestand selbst ein, dass er seinen Wahlsieg auch der Tatsache zu verdanken hat, dass die Menschen in Sachsen-Anhalt einen AfDSieg verhindern wollten. Die Gefahr, dass Sachsen-Anhalt nach außen hin als „AfD-dominiert“wahrgenomm­en werde, habe die Menschen zur CDU getrieben, analysiert­e Haseloff. Dagegen hätten sich die Menschen „aufgebäumt“und „aufgelehnt“. Marco Wanderwitz, (CDU), Ost-Beauftragt­er der Bundesregi­erung, bilanziert, dass die politische­n Ränder verloren hätten, und sagt dazu: „Gut.“Dennoch, bei all dem wird deutlich: Die AfD ist in Sachsen-Anhalt zwar kleiner geworden. Das Problem für die Union als Ganzes bleibt. Wirklich schön dürfte das keiner finden.

Befeuert wurde dieses Problem erneut durch den Südthüring­er Bundestags­kandidaten und Ex-Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen. Maaßen brachte die Initialen der Grünen-Kanzlerkan­didatin Annalena Charlotte Alma Baerbock in Verbindung mit dem polizeifei­ndlichen Kürzel „ACAB“(„All Cops are Bastards“, alle Polizisten sind Bastarde), was im Lager rechter Verschwöru­ngstheoret­iker auf Anklang stieß. Teile der Union zeigten sich empört, CSU-Generalsek­retär Markus Blume etwa sprach von einer „Belastung im Wahlkampf“. Auch wenn Maaßen seine Twitter-Entgleisun­g nachträgli­ch als Ironie zu verharmlos­en versuchte, war seine Äußerung längst in der Welt – und damit auch die Frage virulent, ob und wann Laschet sich klar von Maaßen distanzier­t.

Hinzu kommt die von vielen kritisiert­e Zurückhalt­ung im Umgang mit der erzkonserv­ativen Werte-Union ( WU). Mit der Wahl des neuen WU-Vorsitzend­en Max Otte, der mit der AfD sympathisi­ert, ist der Streit um die parteinahe Gruppierun­g wieder aufgeflamm­t. Bekannt wurde nun auch, dass WU-Vizechef Klaus Dageförde in den 1980er Jahren in der rechtsextr­emen Szene aktiv war. Bisher schließen sich die Mitgliedsc­haft in der WU und in der CDU gegenseiti­g nicht aus – zum Leidwesen manch eines CDU-Politikers. Und auch die politische­n Mitbewerbe­r wittern eine offene Flanke der CDU. SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil attestiert Armin Laschet eine fehlende Abgrenzung nach rechts und sieht in ihm „den schwächste­n CDU-Vorsitzend­en seit langem“.

Tatsächlic­h lehnt Laschet einen Unvereinba­rkeitsbesc­hluss bislang ab. Die WU sei institutio­nell und organisato­risch nicht mit der CDU verbunden, sagte Laschet in der vergangene­n Woche. Man rede über ein Phänomen, das keinen Einfluss auf den Kurs der CDU habe. Sehr wohl aber auf die CDU-internen Diskussion­en. Am Montag beschäftig­te sich der CDU-Bundesvors­tand mit der Werte-Union. Im Anschluss stärkte der Ost-Beauftragt­e Wanderwitz Laschet den Rücken. Dieser habe Ottes Wahl „sehr klar und richtig“eingeordne­t. „Die WU spielt in der CDU keine Rolle darüber hinaus, dass einige ihrer Mitglieder auch CDU-Mitglieder sind“, sagte Wanderwitz.

Dabei ist überall deutlich zu spüren, dass man sich den Triumph in Sachsen-Anhalt und das allgemeine Stimmungsh­och in diesen Tagen durch leidige Rechts-außen-Diskussion­en auf gar keinen Fall vermiesen lassen will. Es könnte doch gerade so schön sein.

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Eigentlich könnte Unions-Kanzlerkan­didat Armin Laschet (links) nach dem Erfolg der CDU um Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (rechts) bei der Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt mit Rückenwind in den Bundestags­wahlkampf gehen. Doch der schwierige Umgang der Partei mit der Abgrenzung nach rechts außen drückt die Stimmung.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Eigentlich könnte Unions-Kanzlerkan­didat Armin Laschet (links) nach dem Erfolg der CDU um Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (rechts) bei der Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt mit Rückenwind in den Bundestags­wahlkampf gehen. Doch der schwierige Umgang der Partei mit der Abgrenzung nach rechts außen drückt die Stimmung.

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