Eskalierende wilde Partys ärgern Saarbrücker
Seit Monaten sorgen Trinkgelage an der Modernen Galerie in Saarbrücken für Ärger unter den Anwohnern. Auch die Polizei weiß von der Situation. Eine Lösung gibt es aber noch nicht.
SAARBRÜCKEN Wenn Christa Jenal von den Szenen vor dem Vierten Pavillon des Saarlandmuseums in Saarbrücken zu erzählen beginnt, schwingt trotz aller Sachlichkeit doch ein wenig von der Aufregung mit, die das Thema in ihr hervorrufen muss. Denn schon seit Monaten kämpfen sie und ihr Mann Peter wie viele andere Anwohner der Modernen Galerie gegen einen Zustand, der ihnen mindestens den Schlaf, aber vor allem das Gefühl von Sicherheit raubt. Immer wieder hängen auf dem Vorplatz des Pavillons 20, 30 oder sogar mehr Leute ab, verursachen Lärm, zerschlagen Flaschen, skaten bis in die Nacht unter großem Krach, urinieren gegen die Gebäude.
Als wäre das nicht schon genug, eskaliere die Situation regelmäßig. Jenal erzählt von Drogenkonsum und heftigen Schlägereien. Erst vor wenigen Tagen hat ein Betrunkener die großen Scheibe am Pavillion zerstört, dort klaffen jetzt sieben Löcher. Die Polizei konnte seine Personalien aufnehmen, obwohl der Mob laut „die Bullen kommen“brüllte und abhaute – wobei auch eine Schranke abbrach.
Die Jenals selbst versuchten schon, beschwichtigend auf die Leute einzureden, und trafen bei Skatern, die ebenfalls für Schäden an dem Platz, einem prämierten Kunstwerk, sorgen, auch auf Verständnis. Andere aber reagierten sehr aggressiv und drohten dem Ehepaar mit Gewalt. „Diskutieren können wir mit ihnen inzwischen nicht mehr, weil es zu gefährlich geworden ist. Sie sagen: ‚Wir kriegen raus, wo Sie wohnen’“, erzählt Jenal und bringt Zitate an, die vor allem die Aggression mancher dieser Leute beschreiben. „Es ist Anarchie, die dort herrscht.“Nach Jenals Meinung ziehen sich Stadt und Ordnungskräfte aus dem Bereich zurück. Denn natürlich haben die Anwohner auch schon mehrmals Polizei und Ordnungsamt angerufen. Gebracht habe das bisher aber nichts. Es kämen zwar Streifen und Ordnungsamt-Mitarbeiter dazu, griffen aber nicht immer ein, weil auch ihnen, so sie denn nur zu zweit ankommen, die Situation zu gefährlich sei.
Dem Aspekt mit der Gefahr widerspricht die Polizei Saarbrücken-Stadt, bestätigt aber, dass es schon dazu kommen kann, dass kein Kommando frei ist, wenn an anderen Stellen Saarbrückens bereits viele Einsätze sind. Die Beamten kontrollieren dann aber im Anschluss. Die Polizei kennt die Situation am Vierten Pavillon, spricht ihrerseits von Skatern, die Schaden anrichten, Vandalismus, Graffiti und Trinkgelagen. Immer wieder schnappt sie einzelne Personen aus dem Pulk aus 20 bis 30 flüchtenden Leuten, wenn sie auftaucht. Auch Kontaktpolizisten sind in der Sache bereits im Einsatz.
Die Polizei kommt aber auch nicht umhin zu erwähnen, dass es sich bei dem Vorplatz um ein privates Gelände handelt – auch wenn sie sich deswegen sicher nicht heraushält. Das zu sichern, sei aber Aufgabe des Eigentümers, zum Teil ist das die Stiftung saarländischer Kulturbesitz, zum Teil die Musikhochschule Saar. Deren Pressesprecher Thomas Wolter ist ebenfalls Anwohner und spricht unter anderem von „enormer Lärmbelästigung in der Nacht“.
Ähnlich wie die Polizei argumentiert das Ordnungsamt der Stadt Saarbrücken, das aber auch nur für Dinge wie das Einhalten der Corona-Regeln oder die Kontrolle von Alkoholkonsum zuständig sei. Und der sei dort nicht verboten. Im Gegensatz zu Jenals Beobachtungen gebe es kaum nennenswerte Verstöße, teilt das Ordnungsamt auf SZ-Anfrage mit.
Die Stiftung selbst trägt regelmäßig Schaden davon. Seit Monaten reagiert sie mit einem Sicherheitsdienst, der aber nicht durchgängig vor Ort sein kann. Das sei einfach zu aufwendig, sagt Philipp Schneider, Verwaltungschef der Stiftung: „Und selbst wenn wir 24 Stunden lang zwei Sicherheitsleute dort hinstellen, ist noch lange nicht gesagt, dass sich dadurch auch nachhaltig etwas ändert.“Auch wenn es sich um privates Gelände handelt, hofft er dennoch auch auf Unterstützung durch Stadt und Polizei – für die er im Übrigen auch Verständnis hat, wenn sie nicht immer gleich eingreifen kann. Der Platz sei öffentlich zugänglich und durch Steuern finanziert. Manche der Leute verstünden zum Beispiel oft nicht, warum sie dort nicht skaten dürfen, und machten einfach weiter, wenn er sie anspricht. Schneider hält eine Diskussionsrunde mit Stadt, Polizei und Betroffenen für sinnvoll, um Lösungen für die Situation zu finden.