Saarbruecker Zeitung

Grün ist die Hoffnung: Vettel und Aston Martin im Aufwind

Der Ex-Weltmeiste­r feiert beim Großen Preis von Aserbaidsc­han eine Wiedergebu­rt – weil er seinen neuen Formel-1-Wagen offenbar verstanden hat.

- Produktion dieser Seite: Mark Weishaupt

BAKU (sid) Ein findiger PR-Mensch hatte nachgezähl­t, und das Ergebnis klang in der Tat gut. „61 Jahre“habe man auf Sebastian Vettels Erfolg von Baku gewartet, schrieb Aston Martin, „wir sind zurück, und wir haben gerade erst angefangen.“Der erste Podestplat­z in der Formel 1 als historisch­e Wegmarke für den britischen Hersteller – das konnte man so sehen, wenn man wollte.

Vettels Freude allerdings konzentrie­rte sich ganz auf die Gegenwart. „Die Erwartunge­n waren ziemlich groß am Anfang des Jahres, von außen und von innen“, sagte Vettel nach seinem zweiten Platz und sprach damit erstmals offen über den Druck, den er beim neuen Arbeitgebe­r wahrnimmt: „Unser Start war dann sehr holprig, und deshalb ist dieses Ergebnis so wichtig.“

61 Jahre – dieser Rückblick ist romantisch, aber auch ein bisschen konstruier­t. Vor 61 Jahren war Aston Martin zuletzt in der Formel 1 vertreten, damals aber nur für zwei Saisons und ohne jeden WM-Punkt. Und auch heute bezahlt die Nobelmarke genau genommen nur die Rechnungen, von Aston Martin ist keines der Teile am grünen Rennauto. Viel interessan­ter ist nicht nur für Vettel daher der Blick in die Zukunft. „Wir haben gezeigt, dass wir mit unserer Renngeschw­indigkeit an der

Spitze des Mittelfeld­s stehen können oder sogar weiter vorne“, sagte Teamchef Otmar Szafnauer. Dass der 56-Jährige das unwiderspr­ochen sagen darf, schien noch vor vier Wochen ausgeschlo­ssen. 15, 15, 13, 13 – so lauteten Vettels Ergebnisse in den ersten vier Saisonrenn­en. Das Auto war schlecht, es fehlte Grip, aber auch Vettel war ein Teil des Problems. Das räumte er vor der Abreise aus Baku selbst ein.

„Jeder in der Formel 1 kann schnell Auto fahren, deshalb machen im Mittelfeld Kleinigkei­ten den Unterschie­d aus“, sagte der 33-Jährige: „Und es hat lange gedauert, bis ich das Auto im Griff hatte.

Aber dann hat es irgendwann Klick gemacht.“Vettel hat Zugang gefunden zum neuen Arbeitsger­ät. Schon Platz fünf vor zwei Wochen auf der Fahrerstre­cke in Monaco war ja ein großer Schritt, und auch am Kaspischen Meer war Vettels Leistung der entscheide­nde Faktor. Ein starker Start, guter Umgang mit den Reifen, aggressive und wache Manöver am Ende des Rennens. All das, so Vettel, kann nur zeigen, wer sich in seinem Auto wohlfühlt.

Auch im Vergleich zum Tempo an der Spitze fiel Aston Martin nicht wirklich ab. So arbeitete sich Vettel Stück für Stück vor auf Rang vier und konnte am Ende profitiere­n, als sowohl Max Verstappen im Red Bull als auch Lewis Hamilton im Mercedes in der chaotische­n Schlusspha­se auf der Strecke blieben. So stand letztlich nur noch Verstappen­s Teamkolleg­e Sergio Perez vor dem Deutschen. Diese Leistung müssen Vettel und Aston Martin bald allerdings unter anderen Bedingunge­n bestätigen. Nach den beiden exotischen Stadtkurse­n ist ab dem Rennen in Frankreich (20. Juni) wieder Formel-1-Alltag angesagt. Und vielleicht kann das Team auch auf „normalen“Rennstreck­en mithalten.

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FOTO: SHEMETOV/AFP Sebastian Vettel wurde von den Mitarbeite­rn seines Teams nach Platz zwei fast erdrückt.

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