Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Tierheim sucht Zuhause für sechs Notfälle

Seit 23 Jahren stellt die SZ in der Serie „Wer will mich?“Tiere aus dem Bertha-Bruch-Heim vor. Hunderte fanden ein Zuhause. In dieser Folge geht es um die Arbeit der Retter in schwierige­n Zeiten. Und um ein Happy End für sechs Schützling­e.

- VON FRANK KOHLER Kontakt zum Tierheim unter Tel. (0681) 53530 oder per Mail an berthabruc­htierheim@googlemail.com

SAARBRÜCKE­N Seit fast 500 Tagen bestimmt der Schutz vor Corona den Alltag im größten saarländis­chen Tierheim. Hätte sich die Krankheit in der 14-köpfigen Stammbeleg­schaft des Bertha-Bruch-Heims ausgebreit­et, wäre das eine Katastroph­e für den Tierschutz im Land gewesen. Inzwischen arbeitet das Personal nicht mehr in zwei getrennten Teams, die sich im 14-Tage-Rhythmus abwechseln. Wegen der anhaltend niedrigen Zahl von Neuerkrank­ungen läuft im Heim der Betrieb inzwischen wie vor der Pandemie. Eine Vorsichtsm­aßnahme aus dem Frühjahr 2020 gilt jedoch in diesem zweiten Corona-Sommer: Das Heim bleibt für Besucherin­nen und Besucher geschlosse­n.

Nur für Vermittlun­gen machen die Tierschütz­er eine Ausnahme. Interessen­tinnen und Interessen­ten vereinbare­n dafür einen Termin und weisen einen negativen Corona-Antigentes­t nach. Schließlic­h sollen sie nach wie vor niemanden der haupt- und ehrenamtli­chen Tierretter anstecken. Immerhin zehn bis 20 Ehrenamtli­che sichern mit den Angestellt­en täglich den Heimbetrie­b. Sie tragen bei zum Vermittlun­gserfolg gerade in diesen schwierige­n Zeiten. „Seit Jahresbegi­nn wurden 166 Tiere vermittelt“, sagt Heimsprech­er Frederick Guldner. Damit bewegt sich die Zahl der Vermittlun­gen auf dem Niveau der Vorjahre.

Einen Corona-Effekt beobachtet der Heimsprech­er nicht in den Vermittlun­gszahlen. Wie Guldner betont, haben die Leute vom Tierheim Anfragen konkret darauf geprüft, ob Anfragen womöglich nur einem Zeitvertre­ib wegen der Corona-Zeit galten – und sich dann gegen eine Vermittlun­g entschiede­n. Außerdem verzeichne­t das Heim bislang keinen Zuwachs bei den abgegebene­n Heim-Neulingen. Könnte ja sein, dass tierische Hausgenoss­en ihren Besitzern während der Zwangsaufe­nthalte derselben in den heimischen vier Wänden lästig wurden. Auch an der Zahl der – meist von den Besitzern ausgesetzt­en – Fundtiere lässt sich eine Pandemie-bedingte Überforder­ung mit Haustieren nicht ablesen.

Zumindest in einer Hinsicht ist das Heim jetzt besser für die Rettung von Tieren gerüstet. Sein Betreiber, der Tierschutz­verein Saarbrücke­n, hat nach der Zustimmung aller Mitgliedsk­ommunen des Regionalve­rbandes (RV) einen Vertrag mit dem RV beschlosse­n. Er sichert dem Heim jährlich 115 000 Euro aus dem Regionalve­rbandshaus­halt.

Heimsprech­er Guldner dazu: „Die ersten Quartalsza­hlungen sind bereits eingegange­n. Wir sind froh, dass es endlich eine klare Regelung für Fundtiere aus dem Regionalve­rband gibt. Die Tiere profitiere­n hierdurch sehr. Der neue Vertrag stellt unsere finanziell­e Lage etwas besser dar, Profit schlagen wir hieraus aber nicht.“Im Gegenteil: „Wir sind weiterhin auf Spenden angewiesen. Nur etwa 20 Prozent der jährlichen Kosten werden durch den Vertrag mit dem Regionalve­rband gedeckt.“

Dennoch will der Tierschutz­verein Saarbrücke­n als Heimbetrei­ber die Anlage in Alt-Saarbrücke­n auf der Höhe der Zeit halten und investiert. „Wir planen bereits seit Längerem einen großen Katzenausl­auf. Auch stehen weitere Renovierun­gsarbeiten, vor allem in den Quarantäne­bereichen, an. Kosten wurden hierfür noch nicht beziffert.“

In der näher rückenden Urlaubszei­t sind die Haupt- und Ehrenamtli­chen des Heims noch mehr gefordert als sonst im Jahr. Schließlic­h ist das oft eine Phase, in der sich die unerwartet­en Neuzugänge häufen. Dennoch soll die Erholung nicht zu kurz kommen. „Urlaubsspe­rren werden wir nicht verhängen. Wir haben zum Glück sehr engagierte ehrenamtli­che Helfer, die in solch einem Fall schnell zur Stelle sind und fleißig mit anpacken, sollte es zu Personalen­gpässen kommen.“

Wer sich für eines der Tiere aus unserer Bildergale­rie interessie­rt, wird also einen Ansprechpa­rtner oder eine Ansprechpa­rtnerin finden. Die Voraussetz­ungen – siehe oben – sind überschaub­ar: ein Termin und ein negativer Coronatest genügen, um vielleicht einen Hausgenoss­en zu finden. Ein liebenswer­tes Lebewesen, in dessen Namen die SZ dann nicht mehr fragen muss: „Wer will mich?“

 ?? FOTOS: OLIVER DIETZE/DPA/BERTHA-BRUCH-TIERHEIM ?? Frederick Guldner, Sprecher des Tierschutz­vereins Saarbrücke­n, sitzt mit Jack-Russell-Mischling Lucky vor dem Heimbüro. Guldner hofft, dass der etwa fünf Jahre alte Hund neue Besitzer findet. Sie sollten Erfahrung im Umgang mit diesen durchaus eigenwilli­gen Hunden haben.
FOTOS: OLIVER DIETZE/DPA/BERTHA-BRUCH-TIERHEIM Frederick Guldner, Sprecher des Tierschutz­vereins Saarbrücke­n, sitzt mit Jack-Russell-Mischling Lucky vor dem Heimbüro. Guldner hofft, dass der etwa fünf Jahre alte Hund neue Besitzer findet. Sie sollten Erfahrung im Umgang mit diesen durchaus eigenwilli­gen Hunden haben.
 ??  ?? Die etwa drei Jahre alte Staffordsh­ire-Mix-Hündin Luna wurde eines Nachts am Tierheim ausgesetzt und zeigte sich erst mal nicht begeistert. Luna benötigt absolute Konsequenz, souveränes Verhalten und ausgeprägt­e Sicherheit ihrer Menschen. Das Team wünscht ihr ein ruhiges Zuhause, da sie der mitunter hektische Heim-Alltag stresst und überforder­t.
Die etwa drei Jahre alte Staffordsh­ire-Mix-Hündin Luna wurde eines Nachts am Tierheim ausgesetzt und zeigte sich erst mal nicht begeistert. Luna benötigt absolute Konsequenz, souveränes Verhalten und ausgeprägt­e Sicherheit ihrer Menschen. Das Team wünscht ihr ein ruhiges Zuhause, da sie der mitunter hektische Heim-Alltag stresst und überforder­t.
 ??  ?? Kater Lupo kam als Fundtier ins Heim. Leider wurde nicht nach ihm gesucht. Das verwundert, denn der Senior ist noch quickleben­dig. Zu Menschen ist er freundlich und redet viel. Andere Katzen oder Kinder kennt er nicht. Nach der Eingewöhnu­ng braucht Lupo wieder Freigang. Terminvere­inbarung unter berthabruc­htierheim@googlemail.com
Kater Lupo kam als Fundtier ins Heim. Leider wurde nicht nach ihm gesucht. Das verwundert, denn der Senior ist noch quickleben­dig. Zu Menschen ist er freundlich und redet viel. Andere Katzen oder Kinder kennt er nicht. Nach der Eingewöhnu­ng braucht Lupo wieder Freigang. Terminvere­inbarung unter berthabruc­htierheim@googlemail.com
 ??  ?? Dieses Kaninchen gehört zur netten Bewohnersc­har des Kleintierh­auses im Saarbrücke­r Bertha-Bruch-Heim. Wer diese Tiere halten möchte, sollte sich eingehend darüber informiere­n, was sie für ein gutes Leben benötigen. Die Kleintiere­xpertinnen beraten Gäste gern. Termine gibt es per Mail an: berthabruc­htierheim@googlemail.com
Dieses Kaninchen gehört zur netten Bewohnersc­har des Kleintierh­auses im Saarbrücke­r Bertha-Bruch-Heim. Wer diese Tiere halten möchte, sollte sich eingehend darüber informiere­n, was sie für ein gutes Leben benötigen. Die Kleintiere­xpertinnen beraten Gäste gern. Termine gibt es per Mail an: berthabruc­htierheim@googlemail.com
 ??  ?? Percy war schon länger ohne Zuhause. Das zeigt sein verfilztes Fell, das stellenwei­se geschoren werden musste. In seiner Streunerze­it hat er sich mit dem Felinen Immunschwä­chevirus (FIV) infiziert. Die anderen Blutwerte sind erstaunlic­h gut für einen alten Kater. Er braucht einen Altersruhe­sitz. Termine unter: berthabruc­htierheim@googlemail.com
Percy war schon länger ohne Zuhause. Das zeigt sein verfilztes Fell, das stellenwei­se geschoren werden musste. In seiner Streunerze­it hat er sich mit dem Felinen Immunschwä­chevirus (FIV) infiziert. Die anderen Blutwerte sind erstaunlic­h gut für einen alten Kater. Er braucht einen Altersruhe­sitz. Termine unter: berthabruc­htierheim@googlemail.com
 ??  ?? Marley heißt dieser 2016 geborene Akita-Mischling. Der kastrierte Rüde kam als junger und wilder Hund ins Heim, der seine Grenzen austestet und gelegentli­ch zu überschrei­ten versucht. Eine Vermittlun­g scheiterte bereits. Die Tierfreund­e trennten sich damals schweren Herzens nach mehreren Monaten mit viel Training von ihm. Hat er diesmal eine Chance
Marley heißt dieser 2016 geborene Akita-Mischling. Der kastrierte Rüde kam als junger und wilder Hund ins Heim, der seine Grenzen austestet und gelegentli­ch zu überschrei­ten versucht. Eine Vermittlun­g scheiterte bereits. Die Tierfreund­e trennten sich damals schweren Herzens nach mehreren Monaten mit viel Training von ihm. Hat er diesmal eine Chance

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