Saarbruecker Zeitung

„Er hat die Unwahrheit gesagt“

Der FDP-Verkehrsex­perte spricht darüber, was der Maut-Ausschuss gebracht hat und wieso Verkehrsmi­nister Scheuer eigentlich noch im Amt ist.

- Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Michaela Heinze DIE FRAGEN STELLTE HAGEN STRAUSS.

BERLIN Vor genau zwei Jahren wurde die Pkw-Maut nur für Ausländer vom Europäisch­en Gerichtsho­f gekippt. Mit den Hintergrün­den hat sich ein Untersuchu­ngsausschu­ss befasst, dessen Abschlussb­ericht am Mittwoch im Bundestag debattiert wird. Nach Ansicht des Obmanns der FDP, Oliver Luksic, hat Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) großen Schaden verursacht. Scheuer hatte seinerzeit die Mautverträ­ge vor dem Urteil unterschri­eben.

Herr Luksic, was hat der Maut-Untersuchu­ngsausschu­ss herausgefu­nden? LUKSIC

Verkehrsmi­nister Scheuer hat Europa-, Vergabe- und Haushaltsr­echt gebrochen. Er hat den Bundestag an mehreren Stellen falsch informiert und einen großen Schaden für den Steuerzahl­er verursacht.

Aber mal konkret – konnte dem Minister eine Lüge nachgewies­en werden?

LUKSIC

Sieben Zeugen haben dargelegt, dass es ein Angebot gab an den Verkehrsmi­nister, die Vertragsun­terzeichnu­ng und damit die Maut zu verschiebe­n. Herr Scheuer konnte sich daran allerdings zunächst nicht erinnern; in seiner zweiten Befragung hat er dies dann bestritten. Seitens des Ministeriu­ms gab es merkwürdig­erweise zu den Gesprächen mit den Betreibern keine Verschrift­lichung. Insofern glaube ich, dass Scheuer die Unwahrheit gesagt hat.

Ein Beweis ist das aber nicht. LUKSIC

Selbst die SPD, die lange Zeit milde mit Scheuer umgegangen ist, sagt inzwischen, der Vorwurf der

Lüge konnte nicht entkräftet werden. Insofern hat der Minister seine Bringschul­d diesbezügl­ich nicht erfüllt. Ich bleibe dabei: Er hat die Unwahrheit gesagt.

Trotzdem ist Scheuer weiter im Amt. Wie erklären Sie sich das? LUKSIC

Erstens wollte Frau Merkel keine Kabinettsu­mbildung. Wir wissen ja, wie zögerlich die Kanzlerin nicht nur in Personalfr­agen ist. Zweitens hat Herr Söder seine schützende Hand über Scheuer gehalten. Er sollte die Fehler, die beim Prestigepr­ojekt der CSU gemacht wurden, auch ausbaden und damit Söder aus der Schusslini­e nehmen. Dann kamen die Corona-Krise und der Wirecard-Skandal, so dass die Aufmerksam­keit hinsichtli­ch des Maut-Debakels nachgelass­en hat. Die Erkenntnis­se des Ausschusse­s reichen allerdings für drei Rücktritte.

Welche Lehren müssen jetzt aus dem Maut-Debakel gezogen werden?

LUKSIC

Wir haben von Anfang an davor gewarnt, dass eine Maut nur für ausländisc­he Fahrer europarech­tlich nicht funktionie­ren wird. Auch, dass die Bürokratie­kosten für so ein Vorhaben viel zu hoch sein werden. Das hat sich bestätigt. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass die Organisati­onsstruktu­ren innerhalb des Ministeriu­ms geändert werden. So arbeitet die Vergabeste­lle nicht wirklich unabhängig. Das Haushaltsr­eferat wurde zum Teil extra ausgenomme­n. Vor allem aber muss die Parlaments­beteiligun­g bei Verträgen mit so hohen finanziell­en Auswirkung­en deutlich gestärkt werden.

Was würde das bedeuten? LUKSIC

Na ja, Scheuer hat einen Vertrag unterschri­eben und gekündigt, dessen Auswirkung­en er nicht verstanden hat. Der Kontrakt war dem Parlament nicht bekannt. Der Bundestag mit seiner Expertise sollte künftig eingebunde­n werden, wenn es um Vertragsvo­lumen ab einer dreistelli­gen Millionenh­öhe geht.

Können Sie sich vorstellen, dass Scheuer danach nochmal Verkehrsmi­nister wird? LUKSIC

Ich kann mir bei der CSU vieles vorstellen. Aber das halte ich für unwahrsche­inlich.

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FOTO: KUMM/DPA Oliver Luksic, verkehrspo­litischer Sprecher der Liberalen.

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