„Der Trend weg vom Auto ist nicht zu erkennen“
DUISBURG/WOLFSBURG (dpa) Den Anstrengungen für eine stärkere Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zum Trotz haben die Zahl der Autos und -Dichte in vielen Städten weiter zugenommen. Demnach wuchs die Zahl der registrierten Autos 2020 in 22 von 25 betrachteten großen Kommunen, wie Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer feststellt, Chef des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg. Er hat Daten des Kraftfahrt-Bundesamts und des Statistischen Bundesamts ausgewertet. So lag das Plus etwa in Berlin und Leipzig bei jeweils 1,1 Prozent, in Hannover bei 1,2 oder in Dortmund und Freiburg bei 1,7 Prozent. Am stärksten war der Zuwachs mit 2,2 Prozent in Bochum. Insgesamt erhöhte sich die städtische Autodichte je 1000 Einwohner im Jahresverlauf 2020 leicht von 450 auf 451.
„Der Trend weg vom Auto ist nicht zu erkennen“, interpretiert Dudenhöffer die Ergebnisse der Auswertung. Pkw-Besitzer schätzten nun umso mehr die Möglichkeit, den eigenen Wagen flexibel nutzen zu können, obwohl sie pro Jahr kürzere Gesamtstrecken fahren. In drei Städten sank dagegen der Pkw-Bestand: Wolfsburg (minus 1,7 Prozent), Ingolstadt (-3,4) und München (-1,1), wo die Zentralen von Volkswagen, Audi und BMW sitzen. Die Vermutung für den hier gegenläufigen Trend: Zahlreiche Dienstwagen wurden kurzfristig aus dem Verkehr gezogen, weil viele leitende Angestellte der Autobauer aus dem Homeoffice arbeiteten.
Im bundesweiten Schnitt legte die Autodichte bis zum Jahreswechsel laut CAR-Berechnungen leicht auf 580 Wagen je 1000 Einwohner zu, Anfang 2020 hatte der Wert bei 575 gelegen. Besonders in den Zentren nimmt die Belastung durch den Individual- und durch den vom Online-Handel angeheizten Lieferverkehr jedoch zu. Umweltschützer sowie manche Städte- und Verkehrsplaner fordern daher, neben dem Ausbau des ÖPNV vor allem auch deutlich mehr Raum für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen oder zumindest mehr Anreize für Carsharing zu bieten.