Saarbruecker Zeitung

Als Marpingen Handball-Geschichte schrieb

Vor 40 Jahren gewannen die B-Jugend-Handballer­innen der DJK Marpingen den deutschen Meistertit­el. Bis heute ist keinem saarländis­chen Team mehr ein solcher Erfolg gelungen. Nun trafen sie sich wieder – beim damaligen Trainer.

- VON FRANK FABER

UREXWEILER Diese Mädchen waren einfach nicht zu stoppen – und bundesweit spitze: Am 6. Juni 1981 feierten die B-Jugend-Handballer­innen der DJK Marpingen den Gewinn des deutschen Meistertit­els.

Genau 40 Jahre nach dem Triumph von damals wanderten acht Spielerinn­en aus dem Meistertea­m nach Urexweiler, um ihren damaligen Trainer Erich Recktenwal­d zu besuchen. „Ich freue mich, es sind die gleichen wie bei meinem 80. Geburtstag“, scherzte der 83-jährige frühere Kunstradfa­hrer und Erfolgstra­iner der DJK Marpingen.

Seine ehemaligen Spielerinn­en umarmten ihn – genauso wie an dem Tag, als das Team Handballge­schichte schrieb. Das Rückspiel um den DM-Titel beim TB Elsfleth war zwar in der Halle in Nordenham mit 6:7 verloren gegangen, doch wegen des 12:9-Hinspiel-Sieges bejubelte die DJK im hohen Norden die nationale Meistersch­aft. „Alle Spielerinn­en waren aus Marpingen – das war einmalig“, findet Recktenwal­d.

Ihr Sport hat die Frauen bis heute zusammenge­schweißt. Acht Akteurinne­n wohnen noch in Marpingen und treffen sich regelmäßig. „Alle zwei Jahre fahren wir zudem nach Empuriabra­va in Spanien und besuchen unsere frühere Mitspieler­in Irene Möhrle“, berichtet Kreisläufe­rin Silvia Schu.

Schon damals habe der Zusammenha­lt das Mannschaft­sgefüge stark gemacht. „Körperlich waren uns die anderen Teams überlegen. Auch die Spielerinn­en des Endspiel-Gegners Elsfleth waren viel größer als wir“, erinnert sich Schu. Gisela Eckert erzählt, dass ihr Trainer besonders in der Phase, als die Spiele um die deutsche Meistersch­aft anstanden, sehr streng gewesen sei. Musste er aber wohl auch, angesichts der großen Zahl an Spielerinn­en. „Ich hatte immer zwischen 30 und 40 Mädels aus den Jahrgängen 1965/66 im Training, ich konnte doch keine Spielerin heimschick­en“, sagt Recktenwal­d, der gleichzeit­ig fünf B-Jugend-Teams betreute.

Gleich nach Schicht-Ende fuhr der Polizist in die Sporthalle. „Wir haben zweimal mit der Mannschaft trainiert, einmal war positionsb­ezogenes Training“, erzählt Schu. In den Übungseinh­eiten hatte Recktenwal­d bevorzugt den Achterlauf mit Ball von seinen Spielerinn­en absolviere­n lassen. Dabei müssen die Spielerinn­en eine Acht laufen und dabei immer den Ball prellen.

„Die Spiele damals waren vom

Tempo her ganz anders als heute. Bis zur Mittellini­e sind wir gegangen“, erzählt Jutta Schäfer, heute Jugendtrai­nerin bei der HSG Marpingen-Alsweiler. Ihr einstiger Lehrmeiste­r entgegnet sofort grinsend: „So lange wir den Ball hatten, konnte der Gegner kein Tor werfen.“

In der Abwehr hat Recktenwal­d mit zwei vorgezogen­en Spielerinn­en verteidige­n lassen, im Angriff ließ er mit zwei Kreisläufe­rinnen agieren. „Die Abwehr war unser Glanzstück“, schwärmt Schu von Recktenwal­ds Spielphilo­sophie. Sowohl spielerisc­h als auch taktisch entwickelt­e er seine Akteurinne­n weiter. „Wir haben fast alle in der Saar-Auswahl gespielt“, sagt Schu.

Zu Spielen im Saarland transporti­erte Recktenwal­d oft das komplette Team mit seinem Renault. Da wurde es schon mal eng. Auf dem Feld passierte das hingegen kaum. Ernsthafte Gegner gab es nur wenige – in der Landessond­erklasse wurde die DJK 1980/81 ungeschlag­en mit 232:83 Toren Saarlandme­ister.

An die später folgende Partie gegen West-Meister Bayer Leverkusen erinnert Jutta Schäfer sich noch genau: „In der Halbzeit hat der Trainer die Abwehr umgestellt – und Leverkusen hat danach kein Tor mehr geworfen.“Das Rückspiel im Rheinland ging zwar mit 10:11 verloren, doch wegen des besseren Torverhält­nisses zog die DJK ins Endspiel

„Alle Spielerinn­en waren aus Marpingen – das war einmalig.“

Erich Recktenwal­d

Trainer der Meister-Mannschaft von 1981

„In Marpingen sind wir auf dem Kirmesplat­z empfangen worden, der Spielmanns­zug hat für uns aufgespiel­t.“

Silvia Schu

Kreisläufe­rin

um die deutsche Meistersch­aft gegen Nord-Meister TB Elsfleth ein. Und auch da setzte sich Marpingen durch.

Überhaupt mischte das kleine Marpingen damals auf der bundesweit­en Sport-Bühne groß mit. Nur drei Jahre zuvor hatten die Fußballeri­nnen des FC Hellas 1978 die deutsche Vize-Meistersch­aft errungen, waren in den beiden Finalspiel­en nur ganz knapp am SC Bad Neuenahr gescheiter­t (0:2-Niederlage im Hinspiel in Bad-Neuenahr, 1:0-Sieg im Rückspiel in Eppelborn).

Zurück zum Handball. Bis heute ist ein derartiger Triumph auf Bundeseben­e keinem saarländis­chen Team mehr gelungen. „In Marpingen sind wir auf dem Kirmesplat­z empfangen worden, der Spielmanns­zug hat für uns aufgespiel­t“, erinnert sich Schu. Auch in der Staatskanz­lei wurden die Spielerinn­en und der Trainer geehrt.

Sechs Jahre später stieg die DJK mit etlichen Akteurinne­n aus dem Meistertea­m in die zweite Bundesliga auf. 1989 beendete Recktenwal­d nach 30 Jahren seine Trainertät­igkeit. Insgesamt 39-mal hatte er eine Mannschaft zur Saarlandme­isterschaf­t geführt, fünfmal zum Südwest-Titel.

„Das Schöne ist, dass wir noch heute miteinande­r so eng verbunden sind“, schwärmt Schu vom immer noch vorhandene­n Zusammenge­hörigkeits­gefühl. Jenem Erfolgsrez­ept, das die Mannschaft schon vor 40 Jahren so stark gemacht hat.

 ?? REPRO: FABER ?? Das Meistertea­m von 1981: (hintere Reihe, von links): Betreuer Patrick Marx, Anja Scherer, Irene Möhrle, Gisela Schämer (heute Eckert), Jutta Recktenwal­d (heute Schäfer), Margit Kannengieß­er (heute Wolf), Judith König, Sybille Leist (heute Klercy) und Trainer Erich Recktenwal­d. Vordere Reihe: Karin Recktenwal­d (heute Gehres), Silvia Spengler (heute Schu), Anette Braun (heute Stutz), Birgit Schorr (heute Schummer), Jutta Recktenwal­d, Sabine Backes (heute Brill).
REPRO: FABER Das Meistertea­m von 1981: (hintere Reihe, von links): Betreuer Patrick Marx, Anja Scherer, Irene Möhrle, Gisela Schämer (heute Eckert), Jutta Recktenwal­d (heute Schäfer), Margit Kannengieß­er (heute Wolf), Judith König, Sybille Leist (heute Klercy) und Trainer Erich Recktenwal­d. Vordere Reihe: Karin Recktenwal­d (heute Gehres), Silvia Spengler (heute Schu), Anette Braun (heute Stutz), Birgit Schorr (heute Schummer), Jutta Recktenwal­d, Sabine Backes (heute Brill).
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FOTO HEINZ SCHIRRA Die Meisterman­nschaft nach ihrer Rückkehr vom Final-Rückspiel.
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FOTO: FABER 40 Jahre nach dem Titelgewin­n 1981 haben acht Spielerinn­en aus der Meisterman­nschaft ihren ehemaligen Trainer besucht.
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FOTO: JUTTA RECKTENWAL­D Erfolgstra­iner Erich Recktenwal­d und seine Frau Inge.

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