England hadert nach 0:0 gegen Schotten
Junges Team wirkt gehemmt. Erzrivale aus dem Norden fühlt sich nach Nullnummer wie der Sieger.
LONDON (sid) Gareth Southgate war auf die vielen bohrenden Fragen vorbereitet, doch die Enttäuschung nach diesem biederen 0:0 in der „Battle of Britain“konnte auch Englands Teammanager nicht verbergen. „Es war ein frustrierender Abend. Wir haben nicht genug gemacht, um den Sieg zu verdienen“, sagte Southgate mit finsterer Miene, dessen hochgehandelte Mannschaft mit dem Punkt gegen Schottland am Freitagabend sogar noch gut bedient war: „Wir wissen, dass es für unsere Fans enttäuschend ist – aber wir können es viel besser. Jetzt müssen wir uns schütteln.“
Schon Stunden vor der Partie in London hatten sich die Fans eingesungen, der Sieg gegen den Erzrivalen und die damit verbundene Qualifikation für das EM-Achtelfinale waren fest eingeplant. Doch im Stadion schlug die Stimmung um, je länger das Spiel dauerte: Statt Jubel und Anfeuerung gab es Pfiffe für die
Three Lions. „Ich verstehe jede Kritik und natürlich auch die Reaktion der Fans“, sagte Southgate: „Aber wir müssen unsere Spieler unterstützen. Sie sind noch jung und haben in solchen Situationen wenig Erfahrung.“
Tatsächlich wirkte England merkwürdig gehemmt, Kapitän Harry Kane, bei der WM 2018 noch Torschützenkönig, hatte keinerlei Bindung zum Spiel und wurde in der Schlussphase ausgewechselt. Torhüter Jordan Pickford musste mehrfach retten, Dortmunds Wirbelwind Jadon Sancho stand diesmal zumindest im Kader, kam aber nicht zum Einsatz. „England fällt auf die Nase. Southgates schwerfällige Mannschaft wird von hartnäckigen und bissigen Schotten aufgehalten“, lautete das Fazit der Daily Mail.
„Hier ging es nicht um die Taktik, Auswahl oder Einstellung. Etwas Substanzielles hat gefehlt“, schimpfte Ex-Nationalspieler Gary Neville. Die Leistung und das Ergebnis seien eine „massive Enttäuschung“. Bei aller Kritik ging fast unter, dass England mit nun vier Punkten aus zwei Spielen weiter gute Chancen aufs Achtelfinale hat.
Mit einem Erfolg gegen Tschechien am Dienstag (21 Uhr/ARD und MagentaTV) hätten die Three Lions den Gruppensieg und damit ein weiteres Heimspiel in der ersten K.o.-Runde sicher. Dort wäre Deutschland ein möglicher Gegner, da es gegen den Zweiten der Gruppe F geht.
Aber auch Schottland, und das passte zu diesem umkämpften Spiel, war nicht gänzlich zufrieden mit dem Ergebnis. „Natürlich war der Punkt wertvoll. Wir können uns nun mit einem Sieg gegen Kroatien qualifizieren“, sagte Linksverteidiger Andy Robertson mit Blick auf das Gruppenfinale gegen den Vizeweltmeister am Dienstag (21 Uhr/ MagentaTV): „Aber wir hätten den Sieg verdient gehabt, daher spüren wir auch etwas Frust.“Sein Teammanager Steve Clarke war dagegen „stolz und zufrieden“mit der Leistung seiner Mannschaft, bei der der erst 20 Jahre alte Startelf-Debütant Billy Gilmour herausragte.