Wales trotz Niederlage weiter, Schweizer hoffen
30. Spiel ohne Niederlage: Italien gewinnt auch drittes Gruppenspiel. Eidgenossen schlagen Türkei 3:1 und haben als Gruppendritter vier Punkte.
ROM/BAKU (sid) Rekordjäger Italien hat die EM-Euphorie der Fußball-Tifosi weiter befeuert. Die Squadra Azzurra stürmte am Sonntagabend durch ein 1:0 (1:0) gegen Wales mit drei Siegen locker durch die Gruppe A und untermauerte mit einer historischen Bestmarke ihre Ambitionen auf den ersten EM-Titel nach 53 Jahren eindrucksvoll.
Die Schweiz wahrte mit einem 3:1-Erfolg im entscheidenden Vorrundenspiel gegen die Türkei ihre Chance auf das Achtelfinale. Die Mannschaft von Nationaltrainer Vladimir Petkovic gewann in Baku klar und muss nun mit vier Punkten und 4:5 Toren auf Schützenhilfe hoffen, um als einer der vier besten Gruppendritten weiterzukommen. Die punktgleichen Waliser um Superstar Gareth Bale, der seit 20 Monaten oder 1005 Minuten ohne Länderspieltor ist, zogen trotz der Niederlage als Tabellenzweiter mit 3:2 Toren ebenfalls in die K.o.-Runde ein. Bei der EM 2016 waren die „Drachen“sensationell ins Halbfinale vorgestoßen. Die Italiener treffen im Achtelfinale im Wembley-Stadion auf Österreich oder die Ukraine. Das Aus der Türkei ohne Punktgewinn ist hingegen schon besiegelt.
Auch acht Wechsel konnten die Seriensieger von Trainer Roberto Mancini nicht stoppen, die nicht nur den elften Erfolg nacheinander feierten. Mit 30 Spielen in Folge ohne Niederlage stellte der viermalige Weltmeister auch seinen Rekord aus den 30er-Jahren unter der Trainer-Legende Vittorio Pozzo ein.
Matteo Pessina (39.) erzielte in Rom das Tor für den Europameister von 1968. Italien ist seit 1055 Minuten ohne Gegentor – und damit nur noch 88 Minuten vom Rekord der Torwartlegende Dino Zoff zwischen 1972 und 1974 entfernt.
Vom 3:0 gegen die Schweiz standen nur noch Torwart Gianluigi Donnarumma, Abwehrchef Leonardo Bonucci und Mittelfeldspieler Jorginho in der Startelf. Trotz der zahlreichen Umstellungen dominierten die Gastgeber von Beginn an mit langen Ballstafetten. Die Briten konzentrierten sich zunächst auf die Defensive. Die Offensivbemühungen von Bale und Co. waren sehr überschaubar, meist verloren sie schon im Aufbauspiel den Ball. Pessina lenkte schließlich den Ball nach einem Freistoß des zurückgekehrten Marco Verratti zur verdienten Führung ins Tor (39.). Zur Halbzeit nahm Mancini auch noch Kapitän Bonucci aus, um ihn für die K.o.-Runde zu schonen. Nach einer Attacke gegen Federico Bernadeschi sah der Waliser Ethan Ampadu Rot – eine harte Entscheidung von Schiedsrichter Ovidiu Hategan (Rumänien). Den Ausgleich verpasste Bale, der den Ball freistehend über das Tor drosch (75.).
Bei der Schweiz erlöste Kunstschütze Xherdan Shaqiri sein Team im Schicksalsspiel zum erlösenden ersten Turniersieg. Im von Nationaltrainer Vladimir Petkovic zum „Spiel der letzten Chance“deklarierten Duell um Platz drei mit der Türkei leistete der frühere Bayern-Star mit einem Doppelpack und einer überragenden Leistung einen großen Beitrag. Der frühere Frankfurter Haris Seferovic (6.) und Shaqiri (26./68.) trafen, doch die „Nati“ließ einen höheren Erfolg für den direkten Achtelfinal-Einzug leichtfertig liegen. Für die Türken, für die Irfan Can Kahveci (62.) traf, ist das Turnier dagegen nach drei uninspirierten Auftritten beendet.
Für die „goldene Generation“der Eidgenossen war der Druck nach den enttäuschenden Auftritten gegen Wales (1:1) und Italien (0:3) gestiegen. Und sie zeigten zu Beginn gleich, dass sie die Bedeutung der Partie durchaus verstanden hatten. Vor Tausenden türkischen Anhängern in Baku erwischte Petkovics Team einen perfekten Start: Mit seinem ersten Abschluss erzielte Seferovic per Flachschuss umgehend die Führung und sorgte damit spürbar für Sicherheit.
Vor allem Shaqiri stellte erstmals bei diesem Turnier seine Qualitäten unter Beweis – etwa bei seinem Traumtor aus 20 Metern oder kurz darauf, als der frühere Bayern-Star nach einem Sololauf nur am türkischen Schlussmann Ugurcan Cakir scheiterte (28.). Auf der anderen Seite parierte der Gladbacher Torhüter Yann Sommer gegen Kaan Ayhan (4.) und Mert Müldür (16./33./43.) stark. Müldür, einer von drei Neuen im Team von Nationaltrainer Senol Günes, brachte Schwung in die ansonsten so harmlose Offensive der Türkei. Doch spielerisch blieb das Team weiter hinter den Erwartungen zurück. Die Stimmung in Baku kippte mit zunehmender Spieldauer, Pfiffe der türkischen Fans gegen die eigene Mannschaft wurden immer lauter.
Die Schweizer spielten mit der Führung im Rücken auch nach der Pause zunächst munter weiter nach vorne. Shaqiri, Steven Zuber, Breel Embolo (52.) und Seferovic (60.) ließen gute Möglichkeiten zum dritten Treffer leichtfertig aus. Nach Kahcevis Anschlusstor aber schlug Shaqiri noch einmal zu und sorgte für klare Verhältnisse.