Saar-Wirtschaft fordert Bündnisse für Innenstädte
Mit dem Ende des Lockdowns zieht es zwar wieder mehr Menschen in die Stadtzentren. Doch das Vorkrisen-Niveau ist noch lange nicht erreicht. Der Ruf nach neuen Konzepten wird lauter.
SAARBRÜCKEN (SZ) Die Vollversammlung der saarländischen Industrie- und Handelskammer (IHK) hat die Landes- und Kommunalpolitik dazu aufgefordert, Bündnisse zur Stärkung der Innenstädte einzurichten. Diese leiden nicht zuletzt unter der Corona-Krise. Ziel der Kooperationen müsse sein, „den Erlebnischarakter der Innenstädte zu stärken“.
SAARBRÜCKEN Leere Geschäfte in den Innenstädten sind nicht erst seit Corona ein deutschlandweites Problem. Doch die Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal verschärft – auch im Saarland. Um die Innenstädte mit neuen Angeboten zu beleben und Leerstand zu vermeiden, fördern viele Größstädte – unter anderem Bremen – sogenannte Konzeptläden und Pop-up-Stores (zeitlich befristet betriebene Geschäfte). Auch im Saarland denkt man über entsprechende Konzepte nach und hat noch weiterführende Ideen.
„Unsere Innenstädte haben unter Corona gelitten“, sagt Fabian Schulz, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE im Saarland. Im Zuge dessen habe der Verband auch festgestellt, dass einige Mitglieder, die nahe der Rente sind, ihren Ruhestand vorgezogen hätten. Und Neugründungen seien aktuell schwierig. „Das hat natürlich zu mehr Leerstand und Geschäftsaufgaben geführt“, erklärt Schulz.
In vielen Bundesländern wurden daher seit Beginn der Corona-Pandemie verschiedene Programme zur Stärkung der Innenstädte aufgelegt. „In Bremen mietet die landeseigene WFB Wirtschaftsförderung eine begrenzte Anzahl von leerstehenden Ladenlokalen an und stellt diese Flächen im Rahmen eines Wettbewerbes Gründern mietfrei zur Verfügung“, berichtet Reinhard Bläs vom Saarländischen Städte- und Gemeindetag (SSGT).
In Nordrhein-Westfalen gebe es ebenfalls Konzept- oder Pop-upLäden. „Auch der SSGT erachtet die vorübergehende Anmietung von leerstehenden Ladenlokalen zur Stärkung der Stadt- und Ortszentren für die Entwicklung von neuen Konzepten als sinnvoll an“, sagt Bläs. Voraussetzung für eine Umsetzung im Saarland sei allerdings, dass Bund und Land entsprechende Zuschussprogramme auflegen, um die Kommunen finanziell zu unterstützen.
Die saarländische Industrie- und Handelskammer (IHK) fordert die Landes- und Kommunalpolitik zur Einrichtung von Bündnissen für die Innenstädte auf. Eine entsprechende Resolution unter dem Leitmotiv
„Zukunft Innenstadt – gemeinsam gestalten“wurde am Mittwoch von der Vollversammlung der IHK verabschiedet. Solche Kooperationen müssten das Ziel verfolgen, „den Erlebnischarakter der Innenstädte zu stärken“. Die Landesregierung solle zudem ein „Sonderprogramm zur finanziellen Förderung der Innenstädte“auflegen, so die Forderung der IHK.
„Die Corona-Pandemie hat kräftig an der Vitalität unserer Innenstädte gezehrt und die ohnehin schon bestehenden strukturellen Herausforderungen nochmals erheblich verschärft“, sagt IHK-Präsident Hanno Dornseifer. Zwar kämen mit dem Ende des Lockdowns wieder mehr Kunden in die Läden, doch das allein reiche nicht aus. „Damit die Innenstädte wieder zur alten Stärke finden, müssen sie sich daher komplett neu erfinden.“Dazu seien „frische Ansätze, weitere Protagonisten und ein neues Bewusstsein“notwenig, fordert Dornseifer.
Grundsätzlich begrüßen die saarländischen Städte und Gemeinden laut Bläs innovative Konzepte und sind offen für neue, kreative Ideen.
„Dies gilt auch für Konzeptläden und Pop-up-Stores. Ob solche Konzepte und Ideen jedoch dauerhaft Bestand haben und wirtschaftlich betrieben werden können, entscheiden letztendlich die Kundinnen und Kunden. Kommunen können hier nur den Rahmen vorgeben.“
Projekte wie in Bremen sind nach Aussage von HDE-Hauptgeschäftsführer Schulz aber nichts Neues. „Wir haben schon 2017 entsprechende Konzepte an die Kanzlerin und das Wirtschaftsministerium geschickt“, sagt er. Die Gemeinde Losheim am See habe beispielsweise vor einiger Zeit eine Mietunterstützung für Unternehmer gewährt. „An ähnlichen Konzepten arbeiten wir mit weiteren Partnern“, berichtet
Schulz. Federführend sei hier das Wirtschaftsministerium, wobei es mehrere Phasen und verschiedene Fördermodelle gebe.
Die Belebung der Innenstädte sei aber „ein sehr weit gestecktes Thema“, sagt Schulz. „Eine Innenstadt wie Saarbrücken hat eine ganz andere Zielgruppe, die aus dem ganzen Großraum sowie Luxemburg und Frankreich kommt. Das ist nicht vergleichbar mit anderen Städten wie Homburg oder Merzig“, sagt er. Für ihn sind solche Pop-up-Stores nur in größeren Städten vorstellbar.
Als eine weitere Idee neben Konzept- und Pop-up-Läden bringt der SSGT in diesem Zusammenhang auch sogenannte Coworking-Spaces ins Spiel. „Gründer und Freiberufler teilen sich hierbei ein Büro oder einen Geschäftsraum – den Coworking-Space“, erklärt Bläs. Gerade frisch gebackene Gründer könnten vom Erfahrungsaustausch mit anderen profitieren oder gemeinsame Projekte verwirklichen. „Auch dies kann ein Baustein zur Vitalisierung der Innenstädte sein“, sagt er.
Für eine lebendige Zukunft der Innenstädte benötigen diese sowohl nach Auflassung der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene als auch nach der des SSGT nicht nur den Einzelhandel, sondern eine gesunde Nutzmischung von Dienstleistungen, Wohnen, Arbeiten, Gewerbe, Freizeit und Kultur. „Der SSGT fordert zudem Bund und Land auf, ein Programm ‚Zukunftskonzept für lebendige Innenstädte’ aufzulegen, welches die Kommunen finanziell bei der Bewältigung des Wandels in den Innenstädten unterstützt“, sagt Bläs. Mit einem solchen Programm sollten nicht nur die Fußgängerzonen attraktiver gestaltet werden können, das Geld könne unter anderem auch eingesetzt werden, um leerstehende Ladenlokale ebenso wie städtebaulich relevante Schlüsselimmobilien – etwa ehemalige Kaufhäuser – vorübergehend anzumieten und entwickeln zu können.
„Unsere Innenstädte haben unter Corona gelitten.“Fabian Schulz Handelsverband HDE Saarland