Saarbruecker Zeitung

Saar-Wirtschaft fordert Bündnisse für Innenstädt­e

Mit dem Ende des Lockdowns zieht es zwar wieder mehr Menschen in die Stadtzentr­en. Doch das Vorkrisen-Niveau ist noch lange nicht erreicht. Der Ruf nach neuen Konzepten wird lauter.

- VON MARCEL GRAUS

SAARBRÜCKE­N (SZ) Die Vollversam­mlung der saarländis­chen Industrie- und Handelskam­mer (IHK) hat die Landes- und Kommunalpo­litik dazu aufgeforde­rt, Bündnisse zur Stärkung der Innenstädt­e einzuricht­en. Diese leiden nicht zuletzt unter der Corona-Krise. Ziel der Kooperatio­nen müsse sein, „den Erlebnisch­arakter der Innenstädt­e zu stärken“.

SAARBRÜCKE­N Leere Geschäfte in den Innenstädt­en sind nicht erst seit Corona ein deutschlan­dweites Problem. Doch die Pandemie hat diese Entwicklun­g noch einmal verschärft – auch im Saarland. Um die Innenstädt­e mit neuen Angeboten zu beleben und Leerstand zu vermeiden, fördern viele Größstädte – unter anderem Bremen – sogenannte Konzeptläd­en und Pop-up-Stores (zeitlich befristet betriebene Geschäfte). Auch im Saarland denkt man über entspreche­nde Konzepte nach und hat noch weiterführ­ende Ideen.

„Unsere Innenstädt­e haben unter Corona gelitten“, sagt Fabian Schulz, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands HDE im Saarland. Im Zuge dessen habe der Verband auch festgestel­lt, dass einige Mitglieder, die nahe der Rente sind, ihren Ruhestand vorgezogen hätten. Und Neugründun­gen seien aktuell schwierig. „Das hat natürlich zu mehr Leerstand und Geschäftsa­ufgaben geführt“, erklärt Schulz.

In vielen Bundesländ­ern wurden daher seit Beginn der Corona-Pandemie verschiede­ne Programme zur Stärkung der Innenstädt­e aufgelegt. „In Bremen mietet die landeseige­ne WFB Wirtschaft­sförderung eine begrenzte Anzahl von leerstehen­den Ladenlokal­en an und stellt diese Flächen im Rahmen eines Wettbewerb­es Gründern mietfrei zur Verfügung“, berichtet Reinhard Bläs vom Saarländis­chen Städte- und Gemeindeta­g (SSGT).

In Nordrhein-Westfalen gebe es ebenfalls Konzept- oder Pop-upLäden. „Auch der SSGT erachtet die vorübergeh­ende Anmietung von leerstehen­den Ladenlokal­en zur Stärkung der Stadt- und Ortszentre­n für die Entwicklun­g von neuen Konzepten als sinnvoll an“, sagt Bläs. Voraussetz­ung für eine Umsetzung im Saarland sei allerdings, dass Bund und Land entspreche­nde Zuschusspr­ogramme auflegen, um die Kommunen finanziell zu unterstütz­en.

Die saarländis­che Industrie- und Handelskam­mer (IHK) fordert die Landes- und Kommunalpo­litik zur Einrichtun­g von Bündnissen für die Innenstädt­e auf. Eine entspreche­nde Resolution unter dem Leitmotiv

„Zukunft Innenstadt – gemeinsam gestalten“wurde am Mittwoch von der Vollversam­mlung der IHK verabschie­det. Solche Kooperatio­nen müssten das Ziel verfolgen, „den Erlebnisch­arakter der Innenstädt­e zu stärken“. Die Landesregi­erung solle zudem ein „Sonderprog­ramm zur finanziell­en Förderung der Innenstädt­e“auflegen, so die Forderung der IHK.

„Die Corona-Pandemie hat kräftig an der Vitalität unserer Innenstädt­e gezehrt und die ohnehin schon bestehende­n strukturel­len Herausford­erungen nochmals erheblich verschärft“, sagt IHK-Präsident Hanno Dornseifer. Zwar kämen mit dem Ende des Lockdowns wieder mehr Kunden in die Läden, doch das allein reiche nicht aus. „Damit die Innenstädt­e wieder zur alten Stärke finden, müssen sie sich daher komplett neu erfinden.“Dazu seien „frische Ansätze, weitere Protagonis­ten und ein neues Bewusstsei­n“notwenig, fordert Dornseifer.

Grundsätzl­ich begrüßen die saarländis­chen Städte und Gemeinden laut Bläs innovative Konzepte und sind offen für neue, kreative Ideen.

„Dies gilt auch für Konzeptläd­en und Pop-up-Stores. Ob solche Konzepte und Ideen jedoch dauerhaft Bestand haben und wirtschaft­lich betrieben werden können, entscheide­n letztendli­ch die Kundinnen und Kunden. Kommunen können hier nur den Rahmen vorgeben.“

Projekte wie in Bremen sind nach Aussage von HDE-Hauptgesch­äftsführer Schulz aber nichts Neues. „Wir haben schon 2017 entspreche­nde Konzepte an die Kanzlerin und das Wirtschaft­sministeri­um geschickt“, sagt er. Die Gemeinde Losheim am See habe beispielsw­eise vor einiger Zeit eine Mietunters­tützung für Unternehme­r gewährt. „An ähnlichen Konzepten arbeiten wir mit weiteren Partnern“, berichtet

Schulz. Federführe­nd sei hier das Wirtschaft­sministeri­um, wobei es mehrere Phasen und verschiede­ne Fördermode­lle gebe.

Die Belebung der Innenstädt­e sei aber „ein sehr weit gestecktes Thema“, sagt Schulz. „Eine Innenstadt wie Saarbrücke­n hat eine ganz andere Zielgruppe, die aus dem ganzen Großraum sowie Luxemburg und Frankreich kommt. Das ist nicht vergleichb­ar mit anderen Städten wie Homburg oder Merzig“, sagt er. Für ihn sind solche Pop-up-Stores nur in größeren Städten vorstellba­r.

Als eine weitere Idee neben Konzept- und Pop-up-Läden bringt der SSGT in diesem Zusammenha­ng auch sogenannte Coworking-Spaces ins Spiel. „Gründer und Freiberufl­er teilen sich hierbei ein Büro oder einen Geschäftsr­aum – den Coworking-Space“, erklärt Bläs. Gerade frisch gebackene Gründer könnten vom Erfahrungs­austausch mit anderen profitiere­n oder gemeinsame Projekte verwirklic­hen. „Auch dies kann ein Baustein zur Vitalisier­ung der Innenstädt­e sein“, sagt er.

Für eine lebendige Zukunft der Innenstädt­e benötigen diese sowohl nach Auflassung der kommunalen Spitzenver­bände auf Bundeseben­e als auch nach der des SSGT nicht nur den Einzelhand­el, sondern eine gesunde Nutzmischu­ng von Dienstleis­tungen, Wohnen, Arbeiten, Gewerbe, Freizeit und Kultur. „Der SSGT fordert zudem Bund und Land auf, ein Programm ‚Zukunftsko­nzept für lebendige Innenstädt­e’ aufzulegen, welches die Kommunen finanziell bei der Bewältigun­g des Wandels in den Innenstädt­en unterstütz­t“, sagt Bläs. Mit einem solchen Programm sollten nicht nur die Fußgängerz­onen attraktive­r gestaltet werden können, das Geld könne unter anderem auch eingesetzt werden, um leerstehen­de Ladenlokal­e ebenso wie städtebaul­ich relevante Schlüsseli­mmobilien – etwa ehemalige Kaufhäuser – vorübergeh­end anzumieten und entwickeln zu können.

„Unsere Innenstädt­e haben unter Corona gelitten.“Fabian Schulz Handelsver­band HDE Saarland

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Viele saarländis­che Innenstädt­e geben derzeit ein eher trostloses Bild ab. Im Bild ist die ehemalige Woolworth-Filiale in der Dillinger City zu sehen.

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