Delta in Deutschland jetzt häufigste Corona-Variante
Jede zweite Neuinfektion geht auf die besonders ansteckende Mutation zurück – das Saarland bleibt jedoch bislang weitgehend verschont.
BERLIN/HOMBURG (gö/dpa) Mindestens jede zweite Corona-Ansteckung in der laufenden Woche dürfte nach Schätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) bereits auf die ansteckendere Delta-Variante zurückgehen. Es sei damit zu rechnen, dass die in Indien entdeckte Mutante schon „mindestens die Hälfte aller Neuinfektionen ausmacht“, teilte das RKI mit. Delta werde auch bald in Deutschland vorherrschend sein, nun müssten die absoluten Infektionszahlen möglichst niedrig gehalten werden, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag.
„Man muss versuchen, die Infektionslast so lange wie möglich gering zu halten“, findet auch der Homburger Virologe Dr. Jürgen Rissland und empfiehlt, die Basis-Regeln wie Abstand halten, Hygiene, Maske tragen und regelmäßiges Lüften weiter einzuhalten. Zwar sei der Anteil der
Delta-Variante an den Corona-Neuinfektionen im Saarland noch wesentlich geringer als im Bundesschnitt und liege derzeit unter drei Prozent – aber: „Wenn der Zug einmal abgefahren ist, kann man ihn nur schwer aufhalten.“Dass es eine vierte Corona-Welle geben wird, steht für Rissland außer Frage. Doch wenn es gelänge, deren Beginn durch die Hygienemaßnahmen in den Spätsommer und Herbst zu verschieben, seien mehr Menschen geimpft und damit vor einer Infektion geschützt.
Rissland warnte aber auch vor Panikmache wegen der Delta-Variante: „Die leichtere Übertragbarkeit heißt ja noch nicht, dass die Delta-Variante krankmachender ist.“Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, geht noch weiter: „Ich halte die Debatte derzeit für in Teilen fast schon hysterisch“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Es ist unverantwortlich, immer wieder mit Endzeitszenarien zu operieren.“Auch Gassen betonte: Delta sei ansteckender, „aber nach heutigen Erkenntnissen wohl nicht wesentlich gefährlicher als die bisherigen Varianten“.
Das Tübinger Unternehmen Curevac geht weiterhin davon aus, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema seinen Impfstoff ungeachtet der geringen Wirksamkeit zulassen wird. „Die Population der 18- bis 60-Jährigen ist besonders begünstigt von unserem Impfstoff. Darüber haben wir mit der Ema gesprochen“, sagte Vorstandschef Franz-Werner Haas am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz. Das Curevac-Präparat zeigt einer finalen Analyse zufolge eine Wirksamkeit von 48 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung über alle Altersgruppen hinweg. Damit wurde das enttäuschende Zwischenergebnis von Mitte Juni bestätigt. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht dagegen davon aus, dass die Ema den Curevac-Impfstoff nicht zulässt.