Saarbruecker Zeitung

Kindergeld-gAntragg wird zum Ärgernis für Oma

Bei Versäumnis­sen der Meldepflic­ht in punkto Kindergeld drohen harte Konsequenz­en. Das zeigt der Fall einer Saarländer­in, bei der ein Vollstreck­ungsbeamte­r schon vor der Tür stand.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

Bei Versäumnis­sen der Meldepflic­ht drohen harte Konsequenz­en. Das zeigt der Fall einer Saarländer­in, die Kindergeld für das Kind ihrer minderjähr­igen Tochter beantragt hatte. Nachdem die Tochter auszog, sollte Geld zurückgeza­hlt werden.>

SAARBRÜCKE­N Als sie an jenem Tag im vergangene­n Mai die Post öffnet, bleibt ihr das Herz stehen. So erzählt es Sandra Baum (Name wurde von der Redaktion geändert). In einem Brief vom Hauptzolla­mt Koblenz steht, dass ein Vollstreck­ungsbeamte­r bei ihr gewesen sei und sie nicht angetroffe­n habe. Und die Ankündigun­g mit einem neuen Termin. An dem Tag werde er sie zwischen 8 und 11 Uhr nochmals aufsuchen. Sollte sie nicht zu Hause sein, könnte er die Vollstreck­ung trotzdem durchführe­n. „Ich war wirklich schockiert, ich habe davon Angstzustä­nde bekommen“, berichtet Baum. Der Grund für die geplante Vollstreck­ung: Baum habe unberechti­gterweise Kindergeld für ihre Enkelin erhalten und solle mehr als 3600 Euro an die Familienka­sse zurückbeza­hlen. Tatsächlic­h stellte Sandra Baum 2013 einen Antrag auf Kindergeld für ihre

Enkelin, da ihre eigene Tochter mit 14 das Kind bekommen hatte und sie mit dem Baby erstmal bei ihrer Mutter wohnen blieb. 2016 informiert Sandra Baum die Familienka­sse darüber, dass das Kindergeld für ihre Tochter und ihre Enkelin nicht mehr auf ihr eigenes Konto ausgezahlt werden sollte, sondern auf das ihrer Tochter. Als die beiden 2019 aus Sandra Baums Haus auszogen, war die Enkelin sechs Jahre alt. Das Kindergeld für sie floss weiterhin auf das Konto ihrer – mittlerwei­le volljährig­en – Mutter.

Doch durch den Umzug ergab sich auch eine Änderung, die Sandra Baum nicht bewusst war. Denn mit dem Auszug der Enkelin war sie nicht mehr kindergeld­berechtigt, ihre Tochter hätte vielmehr einen neuen Antrag stellen müssen. „Gründet der Elternteil mit seinem Kind einen eigenen Haushalt und ein Großeltern­teil hat das Kindergeld für das Enkelkind bezogen, muss der Elternteil selbst Kindergeld beantragen. Denn der Anspruch fällt dann für die Großeltern weg, sobald das Enkelkind den Haushalt verlässt“, erklärt eine Sprecherin der Familienka­sse auf Anfrage. „Beträge sind an die kindergeld­berechtigt­e Person ausgezahlt, wenn die Zahlung auf ein von ihr benanntes Konto erfolgt, auch wenn sie nicht Kontoinhab­erin ist. Dies entbindet die kindergeld­berechtigt­e Person gegenüber der Familienka­sse jedoch nicht von ihrer gesetzlich­en Mitwirkung­spflicht. Weitere für den Kindergeld­anspruch wesentlich­e Änderungen wie Wohnortwec­hsel, Änderung des Familienst­andes oder Auszug eines Kindes sind der Familienka­sse dann weiterhin mitzuteile­n“, erklärt die Sprecherin weiter.

Und so ging die Familienka­sse davon aus, dass Sandra Baum weiterhin das Kindergeld für ihre Enkelin kassiert, obwohl der Betrag schon länger direkt an die Mutter ausgezahlt wurde. Sie schickte Rückzahlun­gsforderun­g und Mahnungen, die aus Sandra Baums Sicht nicht berechtigt waren, da sie das Geld nicht erhalten hatte. „Ich habe Kontoauszü­ge gezeigt, um den Mitarbeite­rn zu beweisen, dass nicht ich, sondern meine Tochter das Geld bekommen hat, aber es hat niemanden interessie­rt“, sagt Baum, der selbst nicht klar war, dass sie aus Sicht der Behörde weiterhin als Kindergeld­berechtigt­e verzeichne­t war, obwohl das Geld längst auf dem Konto ihrer Tochter landete. Stattdesse­n nahmen die Dinge ihren Lauf. „Bleibt die Mahnung erfolglos, ist unverzügli­ch die zuständige Vollstreck­ungsbehörd­e zu beteiligen. Das heißt, die Familienka­sse muss unverzügli­ch eine Rückstands­anzeige an das Hauptzolla­mt richten“, heißt es aus der Familienka­sse.

Eine Vollstreck­ung muss Sandra Baum heute nicht mehr befürchten. Denn zwischenze­itlich hat sie einen Anwalt engagiert, der mit der Familienka­sse klären konnte, dass das Geld nicht doppelt ausgezahlt wurde, sondern lediglich an die berechtigt­e Empfängeri­n, die Mutter der Kindes. „Es ist erfreulich, dass der Fall meiner Mandantin nun in der Klärung ist. Er zeigt dennoch, wie schnell solche Situatione­n eskalieren können. Nicht selten fühlen sich Menschen in einer etwas komplizier­ten Ausgangsla­ge auf sich allein gestellt. Sie fühlen sich den Behördenvo­rgängen ausgeliefe­rt und wissen nicht mehr, wie sie diese stoppen können“, sagt ihr Anwalt Frank-Thomas Bienko aus Saarbrücke­n.

Euro sollten an die Familienka­sse zurückbeza­hlt werden Quelle: Betroffene

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FOTO: DPA Für Großeltern, die mit ihren minderjähr­igen Kindern und deren Kindern wohnen, entfällt der Kindergeld-Anspruch, sobald das Enkelkind das Haus verlässt. Wird kein entspreche­nder Antrag gestellt, droht Ärger mit der Familienka­sse.

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