„Es wurde auch wieder Zeit fürs Kino“
Am Donnerstag haben die saarländischen Kinos wieder geöffnet, am Nachmittag gab es Godzilla, King Kong, Otto und Disney. Wie war denn der erste Kino-Tag nach achtmonatiger Schließung?
SAARBRÜCKEN Kurz vor 14 Uhr am Cinestar in Saarbrücken, dem größten Kino des Saarlands. Geöffnet ist noch nicht, es dauert noch eine Viertelstunde, aber eine Handvoll Menschen wartet schon auf den ersten Kinobesuch seit mindestens acht Monaten. Zwei davon sind Samuel Neumann und sein Vater Pascal. Sie wollen sich „Raya und der letzte Drache“anschauen, Disney-Animation. Aus Merzig kommen die Neumanns, Vater Pascal geht meistens ins Odeon-Kino dort – das gehört allerdings nicht zu den Filmtheatern, die nach langer coronabedingter Schließung wieder öffnen können: Die Einhaltung der Abstandsregeln ist wegen der baulichen Gestaltung schwer möglich, das Odeon bleibt bis auf weiteres geschlossen. Jetzt also Cinestar – für den vierjährigen Samuel wird es der zweite
Kinobesuch überhaupt sein. „Es wurde auch wieder Zeit fürs Kino“, sagt der Vater.
Im Cinestar laufen gerade die letzten Vorbereitungen. Selina Süß, seit Juni 2020 Theaterleiterin, und ihr Team, zurzeit um die 40 Personen, haben genug zu tun bis zuletzt. Auf dem Boden sind Pfeile aufgeklebt, um die Besucher in die richtige Richtung und keinesfalls in körpernahen Gegenverkehr zu lotsen; Hinweisschilder mahnen Abstand an, viele Spender von Desinfektionsmittel stehen im Foyer. Kino in Coronazeiten eben. „Einen Vorlauf von vier Wochen braucht man da schon“, sagt Süß. Für die Wartung der Technik, die Überprüfung des Brandschutzes, für ein neues IT-System der Kassen. Viel Arbeit, die sehr willkommen ist. „Die Vorfreude ist riesig“, sagt Süß, auch beim Publikum. „Wir haben online schon 1000 Karten für die erste Woche verkauft“, alleine 250 für den Gruselfilm „Conjuring 3“. Horror laufe in Saarbrücken immer gut.
Das größte Problem für die Kinos werden die Abstandsregeln sein; den Cinestar könne man zurzeit nur maximal 30 Prozent auslasten. „In unseren größten Saal 11 mit über 400 Plätzen können wir so nur 150 Kinogänger hineinlassen.“Süß hofft, wie alle Kulturtreibenden, auf Abstandslockerungen und mögliche Auslastungen von 50 bis 75 Prozent.
„Aber erstmal bin ich froh, dass wir überhaupt wieder spielen können.“
Ein paar hundert Meter weiter startet der Kinobetrieb auch wieder, in den Theatern der Saarfilm: beim UT und beim Passage-Kino (PK), das nach dem ersten Lockdown nicht mehr aufmachte und deshalb nicht wie die anderen Kinos acht Monate geschlossen blieb, sondern fast anderthalb Jahre lang. Vor der Kasse des PK stehen zwei wartende Jungmänner, die einfach ins Kino gehen wollen. Der Film an sich scheint nicht so wichtig, wie man dem Dialog entnehmen kann: „Was läuft hier überhaupt, Digga?“
Kein Wunder, dass Saarfilm-Geschäftsführerin Andrea Lauer am Eröffnungstag von „Freude pur“spricht. „Man hat das Gefühl, dass ein Teil des alten Lebens wieder zurück ist.“Der Vorverkauf sei relativ gut angelaufen, was Lauer etwas gewundert hat, weil „ja immer noch die Schnelltests nötig sind“, die den Gang ins Kino etwas umständlicher machten. „Catweazle“, „Godzilla vs. Kong“und „Peter Hase 2“finden viel Interesse, sagt Lauer, in den nächsten Wochen liefen weitere potenzielle Hits an, wie „Black Widow“mit Scarlett Johansson und „The Fast & The Furious 9“.
Zufrieden mit dem ersten Tag ist auch Clauda Ziegler von Haas
Filmtheaterbetriebe mit dem Capitol Saarlous, Union Theater Illingen, Neues Theater St. Wendel und dem City Filmstudio Lebach. Der Vorverkauf sei gut angelaufen, vor allem beim Kinderprogramm; und, nicht unwichtig, das durchwachsene Wetter „spielt ja auch mit“.
Die früheste Vorstellung seit Wiederöffnung hat Kinobetreiber Andreas Simon (Eden Cinehouse in Homburg und Cinetower Neunkirchen) schon hinter sich: Am Donnerstag um eine Minute nach Mitternacht lief bei ihm in Homburg der saarländische Comedy-Film „Der Lyonerbomber“und war ausverkauft. „Aber mit nur 60 Leuten in einem Saal, in den 190 hineinpassen“– wegen der Abstandsregeln. Mit denen könne man kein Kino wirtschaftlich betreiben, sagt Simon, „deshalb wurden auch die Überbrückungshilfen für die Filmtheater bis Ende September verlängert“. Die aktuellen Abstandsregeln machen ihm Sorgen, zugleich freut er sich, wie gut das Programm zum Neustart angenommen worden sei. Pro Kinostandort habe er knapp 300 Karten verkauft, wobei auffällig sei, „dass viele Leute ihre Karten jetzt langfristiger kaufen, weil sie wissen, dass manche Vorstellung schnell ausverkauft sein kann“. Denn die Menschen seien ausgehungert nach Kino: „Sie haben die Nase voll davon, abends zuhause auf dem Sofa zu sitzen – egal wie groß der Fernseher ist“.