Bill Cosby wieder frei: Victory-Zeichen nach „ungewolltem Urlaub“
PHILADELPHIA (dpa) Bill Cosby ist wackelig auf den Beinen als er über das Grundstück seines Zuhauses bei Philadelphia geht. Doch der 83-Jährige streckt den Arm nach oben und macht das Victory-Zeichen. Der US-Starschauspieler, der in Ungnade fiel und zum ersten Verurteilten der #MeToo-Ära wurde, ist seit Mittwoch wieder ein freier Mann. Das höchste Gericht im US-Bundesstaat Pennsylvania hatte seine Verurteilung wegen sexueller Nötigung aufgrund eines Verfahrensfehlers überraschend gekippt.
„Er ist extrem glücklich, zu Hause zu sein und freut sich darauf, mit seiner Frau und seinen Kindern zusammen zu sein“, sagte Cosbys Anwältin Jennifer Bonjean bei einer improvisierten Pressekonferenz auf dem Anwesen des Ex-Entertainers, der nur Stunden zuvor aus dem Gefängnis entlassen worden war. Ein anderer seiner Anwälte bezeichnete die Zeit seines Mandanten im Gefängnis als „ungewollter dreijähriger Urlaub, um den Herr Cosby nie gebeten hatte“. Cosby selbst äußerte sich auf Twitter: „Ich habe weder meine Haltung noch meine Geschichte je geändert. Ich habe immer meine Unschuld beteuert“, hieß es in dem Statement.
Die Richter in Pennsylvania hatten ihre aufsehenerregende Entscheidung am Mittwoch in einer 80-seitigen Stellungnahme mit einer früheren Vereinbarung zu Cosby erklärt. Wegen des Deals eines früher mit dem Fall befassten Staatsanwalts hätte Cosby in dieser Sache gar nicht erst angeklagt werden dürfen, hieß es. Der Prozess dürfe auch nicht noch einmal aufgerollt werden. In den Jahren zuvor waren zahlreiche Anträge auf Berufung und vorzeitige Haftentlassung von anderen Gerichten abgelehnt worden.
Die jetzige Entscheidung überraschte viele in den USA und sorgte weithin für Schock und Ratlosigkeit. „Ich bin wütend, diese Nachricht zu hören. Ich kenne persönlich Frauen, die dieser Mann mit Drogen bewusstlos gemacht und vergewaltigt hat. Schande über das Gericht für diese Entscheidung“, kommentierte etwa die Schauspielerin Amber Tamblyn auf Twitter. Mehr als 60 Frauen hatten Cosby sexuelle Übergriffe unterschiedlicher Art vorgeworfen. Im Prozess ging es allerdings nur um einen einzigen Fall aus dem Jahr 2004. Die Jury sah es als erwiesen an, dass Cosby eine Frau mit Tabletten hilflos gemacht und dann sexuell genötigt hatte. Der Entertainer hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Cosby saß seit September 2018 in einer Anstalt mit rund 2400 Insassen in Pennsylvania.