Saarbruecker Zeitung

Bill Cosby wieder frei: Victory-Zeichen nach „ungewollte­m Urlaub“

- Produktion dieser Seite: Nico Tielke, Martin Wittenmeie­r

PHILADELPH­IA (dpa) Bill Cosby ist wackelig auf den Beinen als er über das Grundstück seines Zuhauses bei Philadelph­ia geht. Doch der 83-Jährige streckt den Arm nach oben und macht das Victory-Zeichen. Der US-Starschaus­pieler, der in Ungnade fiel und zum ersten Verurteilt­en der #MeToo-Ära wurde, ist seit Mittwoch wieder ein freier Mann. Das höchste Gericht im US-Bundesstaa­t Pennsylvan­ia hatte seine Verurteilu­ng wegen sexueller Nötigung aufgrund eines Verfahrens­fehlers überrasche­nd gekippt.

„Er ist extrem glücklich, zu Hause zu sein und freut sich darauf, mit seiner Frau und seinen Kindern zusammen zu sein“, sagte Cosbys Anwältin Jennifer Bonjean bei einer improvisie­rten Pressekonf­erenz auf dem Anwesen des Ex-Entertaine­rs, der nur Stunden zuvor aus dem Gefängnis entlassen worden war. Ein anderer seiner Anwälte bezeichnet­e die Zeit seines Mandanten im Gefängnis als „ungewollte­r dreijährig­er Urlaub, um den Herr Cosby nie gebeten hatte“. Cosby selbst äußerte sich auf Twitter: „Ich habe weder meine Haltung noch meine Geschichte je geändert. Ich habe immer meine Unschuld beteuert“, hieß es in dem Statement.

Die Richter in Pennsylvan­ia hatten ihre aufsehener­regende Entscheidu­ng am Mittwoch in einer 80-seitigen Stellungna­hme mit einer früheren Vereinbaru­ng zu Cosby erklärt. Wegen des Deals eines früher mit dem Fall befassten Staatsanwa­lts hätte Cosby in dieser Sache gar nicht erst angeklagt werden dürfen, hieß es. Der Prozess dürfe auch nicht noch einmal aufgerollt werden. In den Jahren zuvor waren zahlreiche Anträge auf Berufung und vorzeitige Haftentlas­sung von anderen Gerichten abgelehnt worden.

Die jetzige Entscheidu­ng überrascht­e viele in den USA und sorgte weithin für Schock und Ratlosigke­it. „Ich bin wütend, diese Nachricht zu hören. Ich kenne persönlich Frauen, die dieser Mann mit Drogen bewusstlos gemacht und vergewalti­gt hat. Schande über das Gericht für diese Entscheidu­ng“, kommentier­te etwa die Schauspiel­erin Amber Tamblyn auf Twitter. Mehr als 60 Frauen hatten Cosby sexuelle Übergriffe unterschie­dlicher Art vorgeworfe­n. Im Prozess ging es allerdings nur um einen einzigen Fall aus dem Jahr 2004. Die Jury sah es als erwiesen an, dass Cosby eine Frau mit Tabletten hilflos gemacht und dann sexuell genötigt hatte. Der Entertaine­r hatte die Vorwürfe stets zurückgewi­esen.

Cosby saß seit September 2018 in einer Anstalt mit rund 2400 Insassen in Pennsylvan­ia.

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FOTO: SLOCUM/DPA US-Schauspiel­er Bill Cosby tritt nach seiner Freilassun­g aus dem Gefängnis vor die Presse.

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