Saarbruecker Zeitung

Bildungsmi­nisterium verbietet Impfungen an Saar-Schule

Noch vor den Ferien Schülerinn­en und Schüler ab zwölf Jahren freiwillig impfen lassen, von einer Arztpraxis aus der Umgebung: Endlich, dachten sich Eltern an einer Schule in Merchweile­r. Doch die Aktion wurde untersagt.

- VON SOPHIA SCHÜLKE

MERCHWEILE­R (SZ/sop) Das saarländis­che Bildungsmi­nisterium hat die Corona-Impfung von rund 90 Schülern an der Max von der Grün-Schule in Merchweile­r untersagt. Eine Arztpraxis hatte die Aktion angeboten und war auf große Resonanz gestoßen. Doch das Ministeriu­m stoppte die für diese Woche geplanten Impfungen unter anderem mit der Begründung, dass der mit der Impfung in Zusammenha­ng stehende Informatio­ns- und Entscheidu­ngsprozess in den privaten Bereich gehöre.

MERCHWEILE­R Rund 90 Schülerinn­en und Schüler ab zwölf Jahren wollten sich diese Woche an der Max von der Grün-Schule in Merchweile­r gegen das neuartige Coronaviru­s impfen lassen. Eine Arztpraxis aus der Umgebung hatte angeboten, sie an einem Vormittag direkt in der Schule zu impfen. Die Praxis, die nicht genannt werden will, hatte erfahren, dass sie in dieser Woche eine besonders große Lieferung Impfstoff bekommen würde. Nicht einmal vier Tage nachdem die Ärzte die freiwillig­e Impfaktion an der Schule vorgeschla­gen hatten, lagen an die 90 Zusagen von erleichter­ten Eltern und deren Kindern zum freiwillig­en Impfen vor. Auch einige Lehrerinne­n und Lehrer sowie Schulperso­nal, die trotz Priorisier­ung noch ungeimpft auf Warteliste­n stehen, hatten nach SZ-Informatio­nen Interesse bekundet.

Laut Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion ist allen Kindern und Jugendlich­en ohne Vorerkrank­ung ab zwölf Jahren freigestel­lt, bei individuel­lem Wunsch und Risikoakze­ptanz sowie nach gründliche­r ärztlicher Aufklärung die Impfung zu erhalten.

Allerdings hat das Bildungsmi­nisterium die für diese Woche geplante Impfaktion an der Schule vorab untersagt. „Es war ein freiwillig­es Impfangebo­t, deswegen bin ich ein bisschen enttäuscht, dass es an der Schule nicht machbar ist“, sagt Michael Lupp, Schulelter­nsprecher. Auch seine Tochter wollte geimpft werden, die Zwölfjähri­ge wartet noch auf einen Termin beim Kinderarzt beziehungs­weise beim Kinderarzt. „Als Vater eines betroffene­n Kindes frage ich mich, wie viele andere Eltern bestimmt auch, wie das mit der Anordnung der Ministerin zum Präsenzunt­erricht ohne Maske und Abstand zusammenpa­sst“, sagt Lupp.

Aus dem Bildungsmi­nisterium heißt es dazu: „Ähnliche Angebote gab es auch an anderen Standorten. Die damit verbundene Absicht von Arztpraxen und Schulen einen Beitrag zur gesamtgese­llschaftli­chen Bekämpfung der Pandemie zu leisten, erkennen wir an. Wir wissen dieses Engagement zu schätzen“, teilt ein Sprecher auf SZ-Anfrage mit. Aber: Nach Abstimmung mit der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Saarland und dem Landkreist­ag als Vertretung der Schulträge­r und Rücksprach­e mit dem Gesundheit­sministeri­um sehe man sich veranlasst, die Schulen darauf hinzuweise­n, dass „ein solches Angebot von einer Schule nicht angenommen werden kann und dass Impfaktion­en nicht in der Schule stattfinde­n können.“

Das Ministeriu­m begründet das so: Weil der mit der Impfung in Zusammenha­ng stehende Informati

„Es war ein freiwillig­es Impfangebo­t, deswegen bin ich ein bisschen enttäuscht, dass es an der Schule nicht machbar ist.“

Michael Lupp Schulelter­nsprecher

ons- und Entscheidu­ngsprozess allein im privaten Bereich, zwischen Arzt/Ärztin und Erziehungs­berechtigt­en beziehungs­weise deren Kinder liegen, kann die Schule nicht der Adressat eines solchen Angebotes sein. Ein weiter Grund liegt für das Ministeriu­m in der Impft-Freiwillig­keit: „Wir möchten betonen, dass weder eine Impfverpfl­ichtung geplant ist, noch der Zugang zum Unterricht von einer Impfung abhängig sein wird.“Auch deshalb, so der Ministeriu­mssprecher weiter, sei es wichtig, jeglichen Anschein zu vermeiden, der darauf hindeuten könnte, dass die Impfungen im Verantwort­ungsbereic­h der Schule liegen. Auch solle bei den Eltern keinesfall­s der Eindruck entstehen, dass die Schule die Impfentsch­eidung zu beeinfluss­en versucht. Auch vermieden werden solle, dass aus der individuel­len Entscheidu­ng für oder gegen eine Impfung Konflikte im schulische­n Zusammenle­ben entstehen.

Das Ministeriu­m empfiehlt aber, die Thematiken „Impfen“und „Immunisier­ung“an geeigneter Stelle, etwa in Biologieun­terricht oder im Fach Gesundheit, zu behandeln, wobei dies keinesfall­s eine Impfaufklä­rung durch eine Ärztin oder einen Arzt ersetze und damit „eine Einflussna­hme auf die Impfentsch­eidung ebenfalls nicht verbunden sein darf“. Auch im Unterricht sei die Neutralitä­t im Sinne des Überwältig­ungsverbot­es hinsichtli­ch der individuel­len Impfentsch­eidung unbedingt beizubehal­ten. Vereinzelt­e Impfaktion­en an anderen Schulen sind nach SZ-Informatio­nen nicht über die jeweilige Schule organisier­t, sondern über ausgeglied­erte Vereine, die formal nichts mit den entspreche­nden Schulen zu tun haben.

Das Gesundheit­sministeri­um orientiert sich an der Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion und empfahl Mitte des Monats, dass impfwillig­e Kinder und Jugendlich­e nach Wunsch und vorheriger Absprache mit ihren Eltern bei Kinder- und Jugendärzt­en zu impfen seien, da diese „ihre Patienten mit Vorerkrank­ung besonders gut kennen“.

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FOTO: DPA Schülerinn­en und Schüler ab zwölf Jahren dürfen geimpft werden – allerdings nicht in einer saarländis­chen Schule.

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