Saarbruecker Zeitung

Der doppelte Irrglaube

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Die Delta-Variante ist auf dem Vormarsch. Noch ist die Zahl der Neuinfekti­onen niedrig, doch noch nie hat sich eine Virusvaria­nte so rasch durchgeset­zt. Umso fragwürdig­er ist die Entscheidu­ng der Uefa, Tausende Zuschauer in die Stadien zu lassen. Sehenden Auges macht die Uefa die EM-Spiele zu Supersprea­der-Events. Damit trägt sie Mitverantw­ortung für die Corona-Toten von morgen. Um die Bevölkerun­g besser vor Delta zu schützen, haben die Gesundheit­sminister nun entschiede­n, die Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion zur Kreuzimpfu­ng schnell umzusetzen. Umgehend sollen Bürger, die als erstes Astrazenec­a bekommen haben, als zweites einen mRNA-Impfstoff erhalten. In der Sache verständli­ch: Kreuzimpfu­ngen sind, wie sich nun herausstel­lt, besser als zweimal Astrazenec­a. Doch mit ihrem unabgestim­mten Vorstoß hat die Stiko alle überrascht und schürt erneut Verunsiche­rung bei den Bürgern. Sie hält sich für ein unpolitisc­hes, rein der Wissenscha­ft verpflicht­etes Gremium. Das ist ein Irrglaube. In der Pandemie ist alles politisch, und mit ihrem Schlingerk­urs hat die Stiko schon viel Vertrauen zerstört. Die Impfzentre­n können rasch umsteuern, die Praxen aber haben für nächste Woche bestellt. Ärzte und Patienten werden durch den unabgestim­mten Vorstoß im Regen stehen gelassen.

Minister Spahn glaubt, durch die mit der Kreuzimpfu­ng verbundene hohe Wirksamkei­t werde Astrazenec­a attraktive­r. Auch das ist ein Irrglaube. Immunologi­sch mag das stimmen. Tatsächlic­h aber dürfte das Vakzin durch die neuen Volten endgültig seinen Kredit in Deutschlan­d verspielt haben, zumal es auch immer mehr Biontech gibt.

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