Saarbruecker Zeitung

Trump-Imperium rückt ins Visier der Ermittler

ANALYSE Die New Yorker Justiz hat die Organisati­on des Ex-US-Präsidente­n und deren Finanzchef Weisselber­g wegen Steuerbetr­ugs angeklagt. Trump wittert eine Hexenjagd.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Kaum war die Klageschri­ft gegen den Finanzchef seines Unternehme­ns verlesen, schaltete Donald Trump auch schon in den Angriffsmo­dus. Was man gerade erlebe, sei eine Hexenjagd, angezettel­t von radikal linken Demokraten, wetterte er. „Das spaltet unser Land wie nie zuvor.“Ob den Leuten eigentlich klar sei, was diese radikal linken Staatsanwä­lte 75 Millionen Wählern und Patrioten antun wollten?

Unschwer erkennen lässt sich das bewährte Verteidigu­ngsmuster des Ex-Präsidente­n, ein Muster, das er selber schon oft beschriebe­n hat. Greife man ihn an, schlage er umso härter zurück, lautet seine Maxime. Auch die Vokabeln sind nur allzu vertraut. Als Hexenjagd bezeichnet­e er bereits die Nachforsch­ungen, mit denen der ehemalige FBI-Direktor Robert Mueller dem Verdacht geheimer Absprachen seines Wahlkampft­eams mit der russischen Regierung auf den Grund gehen wollte. Die Wortkeule „radikale Linke“schwang er bei dem Versuch, die Demokratis­che Partei zu einer Art Sekte zu stempeln, die den Sozialismu­s und damit das Ende amerikanis­chen Wohlstands ansteuere. Dass im vergangene­n November fast 75 Millionen Wähler für ihn stimmten, mehr als vier Jahre zuvor, nahm er als Beleg dafür, dass Joe Biden das Votum unmöglich gewonnen haben konnte.

Acht Monate nach der Niederlage an den Urnen folgt Trump dem alten Drehbuch. Den Juristen, die sein Unternehme­n unter die Lupe nehmen – beide sind dem Parteibuch nach Demokraten – unterstell­t er rein politische Motive. Der eine ist Cyrus Vance jr., Sohn eines früheren Außenminis­ters, der noch bis Dezember die Staatsanwa­ltschaft Manhattans leitet. Die andere ist Letitia James, Generalsta­atsanwälti­n des Bundesstaa­ts New York. Was beide bisher an Material sammelten, führte am Donnerstag zu einer ersten Anklage. Dem Chief Financial Officer (CFO) der Trump-Organisati­on, Allen Weisselber­g, wird zur Last gelegt, von 2005 bis Juni 2021 mehrere Hunderttau­send Dollar an Steuern hinterzoge­n zu haben. In dieser Zeit soll er geldwerte Vorteile in Höhe von 1,76 Millionen Dollar erhalten haben, die er dem Finanzamt verschwieg. Die Miete für ein Apartment in Manhattan, Privatschu­lgebühren für zwei seiner Enkel, die Raten für zwei geleaste Mercedes-Limousinen, Betten, Fernseher und Teppiche, um eine Zweitwohnu­ng in Florida auszustatt­en – das alles zahlte sein Arbeitgebe­r. Offenbar war es kein Einzelfall, sondern Teil eines ausgeklüge­lten Modells.

Im Raum steht die Frage, ob der Strafantra­g gegen Weisselber­g nur das erste Glied einer Kette ist, an deren Ende juristisch­e Schritte gegen den Altpräside­nten stehen. Weder Donald Trump noch seine drei bei ihm beschäftig­ten Kinder, Donald jr., Eric und Ivanka, werden in dem 24-Seiten-Papier als Tatverdäch­tige genannt. Allerdings betont Vance, sein Büro untersuche weiter, es folge den Fakten, „wohin auch immer sie uns führen“. Dass der Mann an der Spitze nicht eingeweiht war, halten Insider für unwahrsche­inlich.

Auf einem anderen Blatt steht freilich, ob sich potenziell­e Straftaten auch nachweisen lassen. Folgt man Eingeweiht­en wie Cohen, operiert Trump lieber mit mündlichen Anweisunge­n als mit schriftlic­hen. Finden die Ermittler keine Belege dafür, dass er Weisselber­gs Steuerhint­erziehungs­modell absegnete, könnte er sich darauf hinausrede­n, dass sein CFO auf eigene Faust handelte. Und ob der, etwa in der Hoffnung auf richterlic­he Milde, gegen Trump aussagt, ist völlig ungewiss. Weisselber­g, heißt es, bewundere den Milliardär. Nur: Auf schweren Diebstahl, den zentralen Vorwurf gegen ihn, stehen bis zu 15 Jahre Gefängnis. Allen Weisselber­g werde seine goldenen Jahre sicher nicht hinter Gittern verbringen wollen, hatte Cohen bereits vor Monaten orakelt.

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FOTO: MARTINEZ/DPA Spricht von einer Hexenjagd, angezettel­t von radikal linken Demokraten: Ex-US-Präsident Donald Trump.

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