Der legendäre Musiker Jim Morrison starb vor 50 Jahren. Um die Todesumstände ranken sich bis heute Mythen.
In Schiffweiler hat der bekannte Street-ArtKünstler Hendrik Beikirch bereits das zweite Fassaden-Porträt im Saarland realisiert. Daraus könnte mehr werden.
SCHIFFWEILER Mehr Farbe! Wenn’s nach den Kindern aus der Walter-Bernstein-Grundschule in Schiffweiler ginge, würde Hendrik Beikirch seine Graffiti-Kunst in Bunt sprühen. Jedenfalls äußerten die Schüler der dritten Klasse diesen Wunsch, als sie vor wenigen Tagen Beikirchs jüngstes Werk vor Ort begutachteten, und der sie nach „Verbesserungsvorschlägen“für das 15 Meter hohe Riesen-Porträt fragte. Doch nein. Beikirch ist international nun mal genau dafür bekannt: für seine konsequent auf Grautöne reduzierten Street-Art-Kunstwerke, sein Zeichen: ECB. Durch Schwarz-Weiß lasse sich ein Kontrast setzen zur grellen Werbung im Stadtraum, meint Beikirch später: „Man konkurriert im öffentlichem Raum mit sehr Vielem.“
Er strebt eine Ästhetik an, „die vergleichbar ist mit der klassischen, grobkörnigen Schwarz-Weiß-Fotografie: Damit lässt sich die Aura einer Person besser visualisieren.“In der Regel erlebt Beikirch die Ausstrahlung seiner Modelle selbst, die mitunter Arbeiter der „alten“Industrien sind wie bei seinem viel beachteten „Ferropolis“-Projekt in Sachen-Anhalt. Für Schiffweiler macht er eine Ausnahme, denn der Mann, den er porträtierte, ist seit 40 Jahren tot. Es ist dies der in der Nachkriegszeit als „Arbeitermaler“populäre Walter Bernstein (1901-1981), der in Schiffweiler lebte. Ein Foto von ihm diente Beikirch als Vorlage, doch er veränderte den Bildausschnitt, platzierte Bernsteins Kopf schräg auf der Wand, so dass letzterer nun wie ein gütiger Wächter wirkt.
Erst zum zweiten Mal in seiner Laufbahn arbeitet Beikirch nach einem Foto. Überhaupt ist die Schiffweiler Arbeit für ihn besonders, denn erstmals stellte er sich in den Dienst eines Kollegen: „Ich reagierte zuerst skeptisch, aber dann fand ich es umso charmanter, dass der Künstler den Künstler malt.“
Beikirchs Menschen-Bilder findet man als öffentliche Graffiti-Kunst in Manchester, New York oder Shanghai – seit 2019 auch in Neunkirchen, nachdem ein zunächst für Völklingen geplantes Arbeiterporträt-Projekt platzte. Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte hatte es angestoßen, es bestanden Kontakte zu Beikirch, als Teilnehmer der „Urban Art“-Biennale des Weltkulturerbes. Auf dem Hütten-Areal blieb dann auch ein Frauen-Porträt von ihm, „Rakouch Timallizene“. Aber es ist weder öffentlich zugänglich noch hat es die imponierenden Dimensionen der Giebelwand-Werke. In Neunkirchen setzte Beikirch den Neunkircher Hüttenarbeitern ein Denkmal, malte einen von ihnen, Bodo Lutze. Dadurch wurde Roman Uwer von der Förderstiftung auf ihn aufmerksam und engagierte den in Koblenz lebenden Künstler im Rahmen des „Walter Bernstein Jahres“. Das Programm soll dem vergessenen Bernstein „mehr Anerkennung“bringen und ihm einen Platz in der regionalen Kunstgeschichte erkämpfen – und auch Stolz in Schiffweiler erzeugen.
„Wer an der Wand vorbei kommt, ist begeistert“, meint Orstvorsteher Dominik Dietz: „Das wertet das triste bergmännische Grau auf“, meint er. Die Schau-Lust bringt jedoch noch nicht alle in Bewegung, selbst Angestellte eines benachbarten Friseursalons haben zwar von der Aktion gehört, sich aber bis Freitag noch nicht selbst aufgemacht, wie sie der SZ auf Nachfrage berichten.
Laut Uwer hat die Aktion 20 000 Euro gekostet, inklusive Künstlerhonorar und Vorstrich der Giebelwand, die Gemeinde habe „ein ordentliches Stück“mitgeholfen. Die Kostenfrage beschäftige die Bürger, hört man von Bernd Welter (67). Dessen Traditions-Friseurladen wiederum befindet sich direkt im Haus, dessen Fassade nun ein Kunstwerk ist. Welter selbst ist Bernstein noch begegnet, hat ihm sogar die Haare geschnitten, denn Welters Großvater und Bernstein seien Kumpels gewesen, sagt er. Welter freut sich über das Porträt-Graffiti, denn Bernstein sei prima getroffen: „Das einzige, was fehlt, ist das Franzosen-Käppi, das er immer anhatte.“
Urbanes Flair also in einer 16 000-Bürger-Gemeinde – die Förderstiftung ist „hoch zufrieden“, so Uwer. An der zentralen Straßen-Kreuzung herrsche eine bisher unbekannte „Stimmung“: Menschen hupten, machten Fotos oder hielten im Vorbeifahren den Daumen hoch. Könnte sowas nicht „viral“ansteckend sein, zumal der Name eines „Weltkünstlers“mit läuft? Die Tourismuszentrale Saar hat das erkannt. Sie schickte ein Filmteam, um die Schiffweiler Kunstaktion zu vermarkten. Voraussichtlich wird sich 2022 noch mehr an PR-Stoff ergeben. Beikirch wird nach eigenem Bekunden nun doch noch in Völklingen arbeiten, eine Giebelwand sei bereits fest reserviert. Es könnte also noch was werden mit einer langsam, von Kommune zu Kommune, wachsenden Straßen-Galerie für die Arbeiter-Kultur im Saarland.
„Farbigkeit kann durchaus auch ablenkend wirken.“Hendrik Beikirch Graffiti-Künstler
Einweihung des „Bernstein-Giebels“: 3. Juli, 10 Uhr, mit dem Künstler. Ecke Rathausstraße/Parkstraße, Anmeldung notwendig: foerderstiftung-walterbernstein@gmx.de