„Schäfer ist man 365 Tage im Jahr“
Dieser Beruf leistet einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege, bedeutet aber auch viele Entbehrungen.
GANGELT (dpa) Tobias Dommershausen ist in einen Schäferbetrieb hineingeboren. Der 24-Jährige ist im dritten Lehrjahr und kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung zum Tierwirt, Fachrichtung Schäferei. „Für mich ist das der Familienberuf, ich möchte die Tradition weitertragen.“Ihm ist klar, dass er sich für einen Beruf entschieden hat, in dem er Hobbys oder lange Urlaube beiseiteschieben muss. „Schäfer ist man 365 Tage im Jahr.“
Es verwundert nicht, dass viele Schäfereibetriebe Nachwuchssorgen haben. „Wir haben zwar unerwartet viele Menschen, die sich für den Beruf interessieren“, sagt Günther Czerkus vom Bundesverband Berufsschäfer. „Es gibt aber zwei Knackpunkte, die Interessenten abschrecken.“
Zunächst die Erwerbsaussichten. „Wenn jemand mit dem Berufswunsch Schäfer auf mich zukommt, dann frage ich zuerst: Traust du dir zu, von 1100 bis 1200 Euro im Monat eine Familie zu ernähren?“
Der zweite Punkt, an dem viele sich vom Schäferberuf verabschieden, sei „die überbordende Bürokratie“, sagt Czerkus. Schäfer sind Bindeglied zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Das heißt, sie müssen nicht nur Naturschutzauflagen, sondern auch Auflagen der Agrarförderung bedienen.
Dem Verbandsvorsitzenden zufolge ist mit Beginn der nächsten Förderperiode „ein Sprung bei der Entbürokratisierung“zu erwarten. Die Digitalisierung spiele dabei eine Rolle. Anstatt einem händisch geführten Weidetagebuch etwa könnte die Arbeit künftig mittels Vorher-Nachher-Fotos mit Geo-Koordinaten, Datum und Uhrzeit dokumentiert werden.
Selbst in Sachen Arbeitsorganisation soll es Verbesserungen geben. Eine Möglichkeit sei die Pflege von Sonderflächen und Naturschutzgebieten zu kombinieren, sagt Czerkus. Im Solarpark etwa müsse man nicht rund um die Uhr anwesend sein, um die Schafe zu hüten.
„Dann kann man auch am Wochenende mal etwas machen. Mein Leben besteht dann nicht nur aus Arbeit.“
Tobias Dommershausen betreut im Betrieb seines Vaters mit fünf weiteren Mitarbeitern drei Herden. Für den 24-Jährigen beginnt der Arbeitstag in der Regel um sieben Uhr morgens. Dann fahre er erstmal 100 Kilometer zur Herde. Dort ist es sein Job, die Zäune und die Tiere zu kontrollieren.
Dann lässt er die Hunde raus, und hütet die Herde für fünf bis sechs Stunden. „Nicht jeder Tag ist gleich.“Mal sei eines der Schafe krank, mal lammt ein Tier. Stehe man als Schäfer auf der Weide, habe man keine Minute Freizeit.
Im Grunde müsse man erspüren, was die Tiere vorhaben, sagt Czerkus. „Das kann ich nur, wenn ich aufmerksam mit allen Sinnen bei den Tieren bin.“
Angehende Schäfer wie Tobias Dommershausen lernen in ihrer Ausbildung außerdem, worauf es
bei der Beweidung verschiedener Flächen ankommt. Welche Pflanzen sind für die Schafe giftig? Wie hirtet man Flächen so aus, dass man Naturschutzzielen gerecht wird?
Wer sich für den Beruf interessiert, müsse auf jeden Fall viel Motivation und einen starken Willen mitbringen. „Wir sind im Winter bei minus Zehn und im Sommer bei plus 35 Grad draußen.“Schäfer könne man nur sein, wenn man Freude daran hat, eine Herde zusammenzuhalten.