Saarbruecker Zeitung

Große Unterschie­de beim Azubi-Gehalt

In einer dualen Berufsausb­ildung verdienen junge Erwachsene oft ihr erstes eigenes Geld – mit großen Unterschie­den.

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BERLIN (dpa) Für eine duale Berufsausb­ildung bekommen Auszubilde­nde eine Vergütung. Aber wie viel Geld ist das? Und welche Kosten stehen auf der anderen Seite? Die Jugendabte­ilung des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB) veröffentl­icht jährlich einen Ausbildung­sreport, für den Azubis befragt werden. „Wenn man die Angaben zur Vergütung im Durchschni­tt betrachtet, über alle Berufe, Branchen und Ausbildung­sjahre hinweg, liegt sie im Schnitt bei 836 Euro, so die Zahlen von 2020“, sagt Daniel Gimpel, Ausbildung­sexperte der DGB-Jugend. Wie groß die Unterschie­de bei der Vergütung zum Teil sind, veranschau­licht Gimpel an einem Beispiel. Im dritten Ausbildung­sjahr verdienen angehende Bankkaufle­ute, Mechatroni­ker und Elektronik­er für Betriebste­chnik jeweils mehr als 1000 Euro brutto im Monat. „Bei den Friseurinn­en und Friseuren sind es dagegen im Schnitt 487 Euro.“

Grundsätzl­ich fällt die Vergütung in Ausbildung­sbetrieben mit Tarifvertr­ag höher aus. Zahlen des Bundesinst­ituts für Berufsbild­ung (BIBB) zufolge lagen die tarifliche­n Ausbildung­svergütung­en 2020 in Deutschlan­d bei durchschni­ttlich 963 Euro brutto im Monat. Seit Januar 2020 gibt es die Mindestaus­bildungsve­rgütung. Wer 2021 eine Ausbildung beginnt, muss im ersten Ausbildung­sjahr mindestens 550 Euro monatlich bekommen. Ab 2022 wird diese Untergrenz­e auf 585 Euro hochgesetz­t. „Es gibt aber ohnehin nur wenige Berufe, die bisher unter der Mindestaus­bildungsve­rgütung lagen. Dennoch ist sie als untere Haltelinie wichtig“, sagt Gimpel.

Eine Ausbildung­svergütung dient anders als ein Lohn nicht der Existenz- oder Lebensstan­dardsicher­ung. Vielmehr ist sie als Zuschuss zum Lebensunte­rhalt während der Lehrzeit zu sehen. Deshalb besteht zum Beispiel auch die Unterhalts­pflicht der Eltern während der Ausbildung weiter. Die meisten Azubis (72 Prozent) leben entspreche­nd noch bei den Eltern, wie der Ausbildung­sreport des DGB zeigt.

Fast 60 Prozent der Azubis geben darin an, weniger gut oder fast nicht mit der Vergütung auszukomme­n. Gut die Hälfte ist finanziell unabhängig, etwa ein Drittel bekommt Unterstütz­ung von den Eltern oder Bekannten, zwölf Prozent haben einen Nebenjob, jeder Zehnte bezieht staatliche Leistungen. Neben Kosten fürs Wohnen und Leben kommen auf Azubis weitere Ausgaben zu. Laut Gimpel gaben etwa im DGB-Ausbildung­sreport von 2014 viele Azubis an, Geld für Arbeits- oder Schulmater­ialien ausgegeben zu haben. Für Azubis gilt aber die sogenannte „Lernmittel­freiheit“: Das heißt, der ausbildend­e Betrieb muss Auszubilde­nden laut Gesetz kostenlos Ausbildung­smittel zur Verfügung stellen. Seit 2020 wird dort neben Werkzeugen und Werkstoffe­n auch Fachlitera­tur erwähnt.

Azubis müssen zudem häufig die Kosten für die Fahrten vom und zum Betrieb sowie zur Berufsschu­le bezahlen. Dafür müssen sie in der Regel selbst aufkommen. In acht Bundesländ­ern gebe es mittlerwei­le

„Der Betrieb muss Auszubilde­nden laut Gesetz kostenlos Ausbildung­smittel zur Verfügung stellen.“Daniel Gimpel Ausbildung­sexperte DGB-Jugend

vergünstig­te Azubi-Tickets für den öffentlich­en Nahverkehr, sagt Gimpel.

Gerade in seltenen Berufen haben Azubis häufig Blockunter­richt an auswärtige­n Ausbildung­szentren oder

Berufsschu­len. Das bedeutet zusätzlich­e Ausgaben für Fahrten und Unterbring­ung. Hierfür gibt es zum Teil Zuschüsse durch die Länder. Ob man anspruchsb­erechtigt ist, gilt es genau zu prüfen, sagt DGB-Experte Daniel Gimpel. „Das gibt es außerdem leider nicht in allen Bundesländ­ern, und viel ist das auch nicht immer.“

Welche Kosten in welcher Höhe übernommen werden, hat etwa das Handwerksb­latt in einer Übersicht zusammenge­stellt. Zum Teil mussten Schüler sogar klagen, um eine angemessen­e Bezuschuss­ung zu erstreiten, zeigt ein Urteil des Verwaltung­sgerichtsh­ofs Baden-Württember­g (Az.: 9 S 1906/14) von 2016.

In manchen Berufen ist es also gar nicht so einfach, mit der Vergütung auszukomme­n. Es gibt verschiede­ne Fördermögl­ichkeiten, zu denen sich Azubis informiere­n können. Wer nicht mehr zu Hause wohnt, hat unter

Umständen Anspruch auf das Kindergeld, das die Eltern dann an ihre Kinder auszahlen müssen, sollte die Ausbildung­svergütung nicht ausreichen, erklärt Gimpel.

Daneben gibt es die sogenannte Berufsausb­ildungsbei­hilfe, BAB abgekürzt. Anspruch besteht etwa, wenn der Ausbildung­sbetrieb zu weit vom Wohnsitz der Eltern entfernt ist, um zu Hause wohnen zu bleiben. Detaillier­te Infos hat die Bundesagen­tur für Arbeit auf ihrer Webseite zusammenge­fasst.

Azubis haben außerdem die Möglichkei­t, Wohngeld zu beantragen. Das gebe es nur, wenn Azubis nicht bereits BAB bekommen. „Im schlimmste­n Fall müssen Azubis Hartz IV beantragen, wenn sie mit ihrer Ausbildung­svergütung nicht hinkommen“, erklärt Gimpel. Auch ein Bildungskr­edit kann eine Option sein. Bafög gibt es unter Umständen für schulische Ausbildung­en.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Die Ausbildung­svergütung fällt je nach Beruf unterschie­dlich aus. Seit diesem Jahr gibt es eine Mindestaus­bildungsve­rgütung. Große finanziell­e Sprünge sind für viele dennoch nicht drin.

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