Der Messwein heiligte hier einst den Stein
Bei einer Sanierung der protestantischen Kirche Walsheim fand man eine zugemauerte Nische. Das Haus stammt aus dem 12. Jahrhundert.
GERSHEIM-WALSHEIM Ein historischer Bau sei das, meint Pfarrer Wolfgang Kafitz zur protestantischen Kirche in Walsheim im Bliesgau. „Wenn die Stephanskirche in Böckweiler in aller Munde ist, dann kommt unsere Kirche historisch gesehen an nächster Stelle.“Die Böckweiler Kirche wurde 1149 zum ersten Mal erwähnt; bei jener in Walsheim ist das genaue Jahr nicht bekannt, nur, dass sie ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert stammt.
Die typische romanische Dorfkirche stand in enger Verbindung zum nahegelegenen Kloster Hornbach. Dieses übte damals eine immense wirtschaftliche und politische Macht in der Region aus. Als Erstes bestand der Bau nur aus dem wuchtigen Turm. Er gilt als einer der ältesten „Hornbacher Türme“, die mit zweiseitigem Satteldach rund um das Kloster errichtet wurden und in einigen Orten noch erhalten sind. Zunächst war die Kirche dem Heiligen Michael geweiht. Ein Relikt aus ihrer katholischen Zeit fand man bei Sanierungsarbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg: Da stieß man auf eine später zugemauerte Sakramentsnische in der Wand des Chorraums. Diese wurde wieder freigelegt samt des roten und runden Glasfensters zur Außenseite hin. „In jeder katholischen Kirche brennt ein ewiges Licht. Das hat man hier sehr energieeffizient gestaltet“, sagt Kafitz. Nicht nur das Ewige Licht symbolisiert das runde Glas, sondern auch das Auge Gottes, Oculus Dei, das über die Kirche wacht.
Die Kirche ist geostet, so dass das Licht der Morgensonne durchs rote Glas in den Innenraum fällt – ein klassisches Gestaltungsprinzip. Auch sei die protestantische Kirche in Walsheim ein Zwillingsbau zur katholischen Kirche St. Martin in Medelsheim, sagt Kafitz. „Dort finden sich ähnliche bauliche Elemente wie etwa das Oculus Dei.“
Als die Bevölkerungsanzahl aufgrund der günstigen klimatischen Verhältnisse und der Einführung der Dreifelderwirtschaft anwuchs, erweiterte man die Kirche um ein Schiff – wann genau, weiß man leider nicht. Von der zweiten Erweiterung um einen Chorraum kennt man jedoch das Jahr: 1289 geschah dies. Von da an bis zur Reformation war die Kirche St. Margaretha und allen Heiligen geweiht. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, als Walsheim noch keine katholische Kirche besaß, diente die protestantische Kirche als Gotteshaus für beide Konfessionen, also als Simultankirche.
Heute erkennt man noch die Umrisse eines zugemauerten Bogens: Dort war einst die Sakristei angebaut, in der sich der katholische Pfarrer auf den Gottesdienst vorbereitete. 1855 wurde sie abgerissen und das heutige Eingangsportal im Turm eingerichtet.
Ein nette Anekdote weiß Kafitz über eine weitere Nische in der Außenmauer: Dort habe man den schlecht gewordenen Wein des Abendmahls ins Mauerwerk gegossen. Als Verkörperung des Blutes Christi konnte die Flüssigkeit ja nicht einfach weggeschüttet werden. Was also tun? „Da hat man den Kelch rituell entleert und damit den Stein geheiligt.“
Den Chorraum schmückt ein großes Bleiglasfenster, das die wichtigsten Passagen der Bibel bildlich zusammenfasst. Der Lehrer und Instrumentenbauer Tibor Ehlers gestaltete das Glas 1956. Zu erkennen sind die Schlange im Paradies, die Arche Noah, das Goldene Kalb, die Gesetzestafeln und der Turmbau zu Babel aus dem Alten Testament. Weiter oben sind die Menschwerdung Gottes und die Auferstehung dargestellt. Interessant ist, dass in die Sandsteinplatte des Altars verschiedene Kreuze eingeritzt sind. „Jedes der Kreuze erinnert daran, dass die Kirche eine besondere Weihe erfahren hat“, weiß Pfarrer Kafitz. Als bei den Umbauten der Altar verschoben werden musste, war eine neue Einweihung erforderlich – und somit ein neues Kreuz.
Der Taufstein der Kirche ist auch älteren Datums, zu erkennen an der verwitterten Inschrift „Ich bin bei euch bis ans Ende der Welt“. Er wurde überarbeitet und mit einem Kupfereinsatz versehen. Da er auf Rollen gestellt wurde, ist er beweglich. Die Kanzel wurde bei der Sanierung in den 1970er-Jahren von einer exponierten Lage auf den Kirchenboden zurückgestellt. 1958 kam eine einmanualige Mayer-Orgel auf die Empore, die ursprünglich sieben Register umfasste. 1975 wurde eines davon aus Platzgründen entfernt, 2005 wurde das Instrument von Dietmar Schömer restauriert.