Die Saarbrücker Abwassergebühr bleibt bis 2024 konstant
Corona sorgt für Materialmangel und Verzögerungen an Kanalbaustellen des ZKE, aber das bleibt für die Bürger ohne Konsequenzen.
SAARBRÜCKEN (fitz) Das Wichtigste zuerst: Auch wenn Corona-Folgen wie die Verknappung von Baumaterial dazu führen, dass in Saarbrücken die Löcher für manche Kanalbaustellen wesentlich länger im Asphalt gähnen als geplant – die Saarbrücker Abwassergebühren bleiben noch ein Weilchen stabil.
„Wir haben eine Gebührenkalkulation für die Jahre 2021 bis 2023 im Abwasserbereich erstellt. Dies bedeutet, dass die Gebühren bis einschließlich 2023 konstant bleiben werden“, versichert Judith Pirrot, die Sprecherin des Zentralen Kommunalen Entsorgungsbetriebes (ZKE), auf Anfrage der Saarbrücker Zeitung.
Der ZKE ist ein sogenannter städtischer Eigenbetrieb und deshalb juristisch quasi ein Teil der Stadtverwaltung. Hintergrund der SZ-Nachfrage war eine Pressemitteilung des ZKE, wonach sich der Abschluss der Kanalbaustelle in der Spichererbergstraße noch bis Ende August verzögern wird – wegen des durch Corona verursachten Materialmangels in der Bauwirtschaft.
In der Saarbrücker Unterwelt verlaufen rund 1000 Kilometer dunkle Kanäle. 14,7 Kilometer davon sind gemauert mit Durchmessern zwischen 60 Zentimetern und drei Metern. Die gemauerten Kanäle sind wegen ihrer Fugen besonders anfällig für Schäden, wie sie entstehen, wenn beispielsweise ein Platzregen mit voller Wucht durch die Kanäle abfließt. Der ZKE hatte schon im Jahr 2009 alle seine Kanäle abgefilmt und in Zustandsklassen aufgeteilt – und er wiederholt das alle zehn Jahre. So stellt er fest, welche Kanäle besonders dringend saniert werden müssen.
Im Augenblick hat der ZKE insgesamt 17 Baustellen in Saarbrücken, 11 davon sind größere Projekte. Allerdings ist es nicht der ZKE selbst, der an diesen Baustellen baggert, das machen vielmehr private Baufirmen, die vom ZKE beauftragt sind. Dabei legt der ZKE in seinen Verträgen mit den Baufirmen auch fest, was an Material zu verbauen ist, was es kosten darf und dass die Baufirma dieses Material zu liefern hat. Wenn’s teurer wird als erwartet, muss die Baufirma das tragen. Und das gilt auch für Kostensteigerungen, die durch Corona bedingt sind.
Für Investitionen in die dunklen Kanäle der Saarbrücker Unterwelt hat der ZKE im Investitionsplan 2021 rund 33 Millionen Euro vorgesehen. Und am 30. Juni waren bereits Aufträge für rund 17 Millionen
Euro vergeben.
Weiter erläutert ZKE-Sprecherin Judith Pirrot: „Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren jeweils in etwa dieselbe Summe an Investitionen notwendig ist, um den Wert des städtischen Kanalnetzes zu erhalten und Infrastrukturerweiterungen durchführen zu können.“
Genaueres lasse sich über die Investitionen der nächsten Jahre noch nicht sagen. Pirrot: „Der Wirtschaftsplan für das kommende Jahr befindet sich derzeit in der Aufstellung und ist noch nicht beschlossen. Daher können hierüber keine weiteren Angaben gemacht werden.“
Was dagegen feststeht, ist die Tatsache, dass der ZKE nicht genug Geld zur Verfügung hat, um im großen Rahmen einfach schnell mal alles reparieren zu lassen, was es nötig hat. Pirrot berichtet: „Der ZKE hat eine Priorisierung, an welchen Teilen der Kanalisation Erneuerungen oder Sanierungen durchgeführt werden müssen. Hierzu werden die Kanäle verfilmt und auch Schadensbilder aufgenommen. Dies ist ein gängiges Verfahren zumal Teile der Kanäle bereits über 100 Jahre alt sind.“
Der ZKE teilt sich sein Geld also ein und repariert zunächst da, wo die Kanäle am meisten danach aussehen, dass sie in Kürze zu Problemfällen werden könnten. Und auch hier geht der ZKE mit System vor. Pirrot: „Der ZKE unterhält ein Projektmanagement zur Planung und Durchführung seiner Baumaßnahmen. Planbare Arbeitspakete sind daher bei der Beauftragung der Baumaßnahmen in der vorgesehenen Bauzeit berücksichtigt. Der ZKE plant die Durchführung aller Baumaßnahmen nach bestem Wissen und Gewissen.“
Aber trotz aller Systematik und Planung bleibt doch auch und besonders bei den Baustellen des ZKE ein gewisses Restrisiko, das auch jeder Häuslebauer eingehen muss. Schließlich hält der Boden einer alten Stadt immer irgendwelche Überraschungen bereit.
Und so ist es gerade beim Kanalbau durchaus möglich, dass die Bauarbeiter beim Aufbaggern in der Erde Dinge finden, mit denen vorher keiner gerechnet hat – beispielsweise unbekannte Starkstromleitungen, Gasrohre, verrostete Fliegerbomben oder gar eine Starkstromleitung, die auf einer Fliegerbombe liegt, wie 2009 auf dem Rodenhof.
Auch das Wetter ist ein Unsicherheitsfaktor für den ZKE. Das zeigte sich gerade in diesem Jahr wieder: Januar und Februar waren überraschend kalt und anschließend regnete es monatelang so stark, dass Baugruben zu schlammigen Auffangbecken werden konnten. Andere Unsicherheitsfaktoren sind mögliche Krankheiten beim Personal der Baufirmen und schließlich – wie jetzt diskutiert – Lieferschwierigkeiten für Baumaterial.
Und dann gibt es noch die spektakulären Fälle, wo etwas völlig unerwartet einstürzt oder den Geist aufgibt und dann schleunigst repariert werden muss, um womöglich eine Katastrophe zu verhindern. Was zur Folge hat, dass deshalb dann ein lang geplantes anderes Projekt verschoben werden muss.
Ein Musterbespiel für einen solchen Fall war 2009 der unerwartete Einsturz des Regenwasserkanals im Sittersweg auf dem Rodenhof. Der Kanal stammte aus den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts, er war 1,05 Meter hoch und 70 Zentimeter breit – und ein Nadelöhr, durch das fast der gesamte Regen vom Rodenhof abfloss. Nach dem plötzlichen Einsturz dieses Kanals musste der ZKE damals am 8. Juli um 21 Uhr sechs Betonmischer auffahren lassen, um das Haus Sittersweg 10 mit Hilfe von 20 Kubikmetern Spezialbeton vor dem Einsturz zu bewahren (die SZ berichtete).