Wie geht es bei den Saar-Grünen nach den Rücktritten weiter?
Jahrelang war die Partei in der Versenkung verschwunden. Nun kann sie sich auf die Rückkehr in den Landtag einrichten – und regieren?
SAARBRÜCKEN Im nächsten Jahr feiert die FDP ein kleines Jubiläum, aber keines, auf das sie stolz wäre. Seit zehn Jahren gehören die Liberalen dann nicht mehr dem Landtag an. Die Saarländer scheinen die Partei nicht groß vermisst zu haben – jedenfalls ging es in Umfragen selten über drei oder vier Prozent hinaus.
Nun aber erlebt die FDP im Saarland eine Auferstehung. Sie ist die einzige Oppositionspartei, die sich nicht zerfleischt. Das bringt ihr sogar Lob von der Konkurrenz ein. Während es an der Regierungsfähigkeit von Linken und Grünen „erhebliche Zweifel“gebe, fahre die FDP „in ruhigem Saarwasser“, sagte SPD-Generalsekretär Christian Petry kürzlich. „Kompliment an den Vorsitzenden Oliver Luksic.“
Dass der FDP-Landesverband im Aufwind ist, hat allerdings weniger mit ihm selbst als mit der politischen Großwetterlage zu tun. In der Corona-Pandemie haben sich die Liberalen für Kritiker der Lockdown-Politik bundesweit als seriöse Alternative präsentiert. Das bekommen auch die Saar-Liberalen zu spüren: Nachdem sich der Landesverband zwischen 2009 und 2019 von 1826 Mitgliedern auf 960 Mitglieder halbiert hat, geht es jetzt wieder etwas nach oben. Dieses Jahr gebe es netto einen starken Zuwachs, sagt Luksic, die Leute kämen wieder von allein, man müsse ihnen nicht mehr hinterherlaufen.
Personell hat der Landesverband heute kaum noch etwas mit jenen
Liberalen gemein, die sich in den Jamaika-Zeiten (2009-2012) zerlegten. Horst Hinschberger (damals Fraktionschef) ist weg, Victor’s-Chef Hartmut Ostermann (damals Saarbrücker Kreisvorsitzender und Sponsor der Partei) auch, und die früheren Abgeordneten Christian Schmitt und Christoph Kühn auch.
Der damalige FDP-Gesundheitsstaatssekretär Sebastian Pini ist wie auch der damalige FDP-Schatzmeister Rainer Keller inzwischen bei den Grünen. Ex-Generalsekretär Rüdiger Linsler ging schon vor Jahren zur SPD, und auch der frühere FDP-Landesvize Sebastian Greiber – Wadgasser Bürgermeister – gehört nun der SPD an.
Nimmt man noch den einstigen intellektuellen Vordenker der Saar-FDP hinzu, den früheren Generalsekretär und EU-Abgeordneten Jorgo Chatzimarkakis, der jetzt Landeschef der bürgerlich-ökologischen Kleinpartei ÖDP ist, dann zeigt sich das Ausmaß des personellen Aderlasses der Liberalen im vergangenen Jahrzehnt.
Übrig geblieben ist Oliver Luksic. Der Verkehrsexperte ist im Bundestag als Gegenspieler von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Maut-Untersuchungsausschuss auf allen Kanälen präsent. Hinter dem Landesvorsitzenden allerdings wird es in seinem Landesverband schnell dünn. Von den Stellvertretern Helmut Isringhaus, Tobias Raab und Angelika Hießerich-Peter ist am ehesten Isringhaus sichtbar, der mit seiner Dauerkritik am Corona-Krisenma
Nachdem sich der Landesverband zwischen 2009 und 2019 auf 960 Mitglieder halbiert hat, geht es jetzt wieder nach oben.
nagement des Gesundheitsministeriums und seiner Weigerung, im Saarbrücker Stadtrat trotz Jamaika-Koalition den grünen Bewerber zum Kulturdezernenten zu wählen, die Liberalen landespolitisch wieder ins Gespräch brachte.
Nächstes Jahr soll die Partei auch auf Landesebene wieder mitbestimmen und in den Landtag einziehen. „Die Chancen sind ganz gut“, sagt Luksic. Zwar haben es die Liberalen im Saarland immer ein bisschen schwerer als anderswo, weil es in dem Bundesland mit vielen großen
Industriebetrieben an Selbstständigen, Mittelständlern und Akademikern fehlt. Doch wenn die FDP im Bund zweistellig bleibt, ist die Partei auch im Saarland automatisch über fünf Prozent.
Kommt nach der Bundestagswahl im September Schwarz-Grün, hofft Luksic darauf, dass dann viele enttäuschte CDU-Wähler ihr Kreuz bei der Landtagswahl im März bei der FDP machen. Eine Koalitionsaussage für die Landtagswahl wird die FDP voraussichtlich nicht treffen. „Die SPD bemüht sich sichtlich um ein gutes Verhältnis“, sagt Luksic. Am Aschermittwoch bestritt er sogar einen gemeinsamen Auftritt mit SPD-Landeschefin Anke Rehlinger, was in beiden Parteien zu leichten Irritationen führte. „Wir sind eine kleine außerparlamentarische Partei, da bin ich für jede Aufmerksamkeit und Aufwertung dankbar“, sagt Luksic. Da solle man aber bitteschön nichts hineininterpretieren. Er selbst stehe der CDU inhaltlich näher als der SPD. Am Ende könnte es auch eine Neuauflage von Jamaika geben: „Denkbar ist das.“