Lehrer sorgen sich um Unterricht nach Ferien
In drei Wochen enden in den ersten Bundesländern bereits die Sommerferien. Doch noch ist nicht geklärt, ob die Schulen bis dahin auch pandemiefest sind. Viele Lehrer schlagen Alarm.
Werden die Schulen erneut nicht pandemiefest sein, wenn der Unterricht nach den Ferien wieder startet? Die FDP fordert, die Vorbereitungen jetzt zu treffen, damit die Schulen nicht wieder in den Lockdown müssen. Doch die Kultusminister tagen erst wieder im Oktober.
BERLIN In drei Wochen enden in den ersten Bundesländern bereits die Sommerferien, Anfang September sollen alle elf Millionen Schüler wieder in ihren Klassen sitzen. Doch erst im Oktober beraten die Kultusminister darüber, wie es in der Pandemie nun weitergehen soll. Diese Terminierung findet die Unionssprecherin im Bundestags-Kulturausschuss „äußerst problematisch“. Gerade jetzt sollten die Verantwortlichen und die Schulen alles dafür tun, dass der Präsenzunterricht nach den Ferien wieder regulär stattfinden könne, verlangt Elisabeth Motschmann.
Besorgt zeigt sich auch FDP-Chef Christian Lindner angesichts einer Umfrage, nach der die Landesregierungen völlig unterschiedlich vorgehen wollen. „Eine einheitliche Strategie, von der Kultusministerkonferenz mehrfach beschworen, gibt es noch nicht.“Seine Mahnung: „Die Versäumnisse aus dem letzten Sommer dürfen sich auf gar keinen Fall wiederholen. Kindern und Jugendlichen darf nicht erneut ihr Recht auf Bildung vorenthalten werden.“
Vor einem Monat hatte die Kultusministerkonferenz ( KMK) beschlossen, mit dem neuen Schuljahr „dauerhaft in den Regelbetrieb“ zurückzukehren. Dies gelte nicht nur für den Unterricht selbst, sondern auch für alle anderen Vorhaben wie Schulfahrten oder Schüleraustausch. Dieser Regelbetrieb sei „nicht an individuelle Impfungen von Schülerinnen und Schülern beziehungsweise Impfquoten geknüpft“, verfügte die KMK weiter. Eine Maskenpflicht sei nur „in Betracht zu ziehen“, wo Abstände nicht eingehalten werden könnten.
Für die Bildungsexpertin Motschman muss „sichergestellt sein, dass nach mehr als einem Jahr Pandemie endlich alle Klassenzimmer mit Lüftungsanlagen ausgestattet werden“. Doch der Befund aus dem Sommer des letzten Jahres scheint sich zu wiederholen: Die allermeisten Klassenräume werden nicht mit zusätzlicher Lüftung bestückt sein. Zwar hatte die Bundesregierung im Mai ein Förderprogramm aufgelegt, um vor allem Schulen mit unter Zwölfjährigen mit solchen Aerosol-Filtern auszustatten, da diese Altersgruppen im Herbst noch nicht geimpft und damit besonders anfällig für die Delta-Variante sein werden. Doch nach zwei Monaten waren nicht einmal 180 Anträge eingegangen, lediglich 84 bewilligt – und das angesichts von allein 15 000 Grundschulen in Deutschland.
NRW-Kommunal- und Bauministerin Ina Scharrenbach beteuert dennoch: „Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sind sichere Orte für Kinder und Jugendliche.“Wo bislang keine natürliche Belüftbarkeit gegeben gewesen sei, hätten Städte und Gemeinden seit dem Sommer vergangenen Jahres „kräftig“investiert und – „wo erforderlich“– mobile Luftfiltergeräte gekauft und aufgestellt. Über eine Zahl der Klassenräume mit oder ohne Luftfilter verfügt ihr Ministerium jedoch nicht. Es seien jedoch bisher rund zehn Millionen Euro für mobile Luftfiltergeräte und Instandsetzungen von Fenstern bewilligt worden.
Der Deutsche Lehrerverband spricht von einem „miesen Schwarze-Peter-Spiel“. Die Politik verweise auf Förderprogramme und zeige auf Schulträger, die ihren Eigenanteil nicht übernehmen wollten, die Städte und Gemeinden forderten dagegen eine hundertprozentige Finanzierung durch die Länder und den Bund. „Unsere Befürchtung ist, dass bis zum Herbst wieder viel zu wenig passiert“, sagt Verbandschef Heinz-Peter Meidinger. Er schätzt, dass „im Herbst weniger als zehn Prozent der über 650 000 Unterrichtsräume in Deutschland eine Filtertechnik haben werden“. Hinzu komme die Abschaffung der Maskenpflicht in einzelnen Ländern und eine nur geringe Impfquote unter Schülern. „Besser kann man den Schulstart im Herbst unter Corona-Bedingungen und angesichts des bevorstehenden Imports der Deltavariante durch Reiserückkehrer nicht verbocken“, sagt Meidinger.
Deswegen fordert FDP-Chef Christian Lindner, die Kultusministerkonferenz dazu auf, jetzt mit der Bundesregierung die Vorbereitungen zu treffen, damit im Herbst Präsenzunterricht möglich sei. „Es ist dringender Handlungsbedarf, denn auf einen normalen Start ins nächste Schuljahr deutet derzeit wenig hin“, unterstreicht Lindner. Jetzt müsse die Logistik für bessere Hygienekonzepte und Lolli-Tests vorbereitet werden. Auch solle es das Angebot von Impfungen durch mobile Teams an Schulen geben, sobald die Ständige Impfkommission dies empfehle.
„Die Versäumnisse aus dem letzten Sommer dürfen sich auf gar keinen Fall wiederholen.“Christian Lindner FDP-Chef