Saarbruecker Zeitung

Tour-Überfliege­r Pogacar zwischen Phänomen und Zweifeln

- Produktion dieser Seite: Mark Weishaupt Stefan Regel

TIGNES (dpa) Für die Leistungen von Tour-Überfliege­r Tadej Pogacar haben seine Konkurrent­en oft nur ein Wort. „Unglaublic­h“, hört man von allen Seiten aus dem Peloton. Am Ruhetag am Montag in Tignes werden sie sich den Kopf darüber zerbrochen haben, wie der Mann im Gelben Trikot noch zu gefährden ist. Schließlic­h ist es kaum zu fassen, was Pogacar bisher bei der Tour de France abgeliefer­t hat.

Dieses slowenisch­e Phänomen lässt die anderen Profis aus dem Favoritenk­reis aussehen, als würden sie nicht ansatzweis­e an sein Niveau herankomme­n. „Sie haben mich attackiert, und ich respektier­e das. Am Ende braucht man gute Beine“, sagte Pogacar stoisch nach den beiden Alpen-Etappen. Ex-Profi Marcel Kittel sieht in dem 22-Jährigen schon den Seriensieg­er der kommenden Jahre. „Wenn man seine Karriere und seine stetige Entwicklun­g verfolgt, könnte man schon zum Schluss kommen, dass da ein Abonnement-Sieger in die Pedale tritt“, sagt der 33-Jährige.

Im Radsport wirft so etwas reflexarti­g Fragen auf. Die Antworten aus Pogacars Scheich-Team UAE sind die üblichen: Großes Talent, noch größerer Wille, hartes Training. Doch sein überragend­es Zeitfahren und das erstaunlic­he Solo über 30

Kilometer und zwei Berge auf der ersten Alpen-Etappe lassen Zweiflern keine Ruhe. Sie führen dann an, dass Pogacar den Col de la Colombière in 21:55 Minuten schneller bewältigt hat als 2007 der später wegen Dopingverd­achts aus dem Rennen genommene Däne Michael Rasmussen und als 2009 die Schleck-Brüder und Alberto Contador. Der Vergleich hinkt jedoch, schließlic­h müssen Faktoren wie Wetter, Wind, Materialen­twicklung und Taktik einberechn­et werden. So fuhr 2018 eine 14-köpfige Gruppe mit Chris Froome, Egan Bernal, Tom Dumoulin und Alejandro Valverde an dem Berg nur eine Sekunde langsamer.

Im Kampf gegen die Uhr hatte sich Pogacar klar vor dem Schweizer Spezialist­en Stefan Küng durchgeset­zt. Allerdings war Küng auf nasser Straße unterwegs, bei dem Slowenen war es trocken. Und bei den vorherigen Zeitfahren der Saison war Pogacar nie schlechter als Platz fünf.

Zweifel angebracht sind allerdings bei Pogacars Team. UAE ist der Nachfolger des Lampre-Rennstalls, der schillernd­e Dopingfäll­e aufzuweise­n hatte. Teammanage­r ist Maruo Gianetti, dessen einstiger Fahrer Riccardo Ricco für gleich mehrere Dopingskan­dale sorgte. Die Anweisunge­n aus dem Teamwagen bekommt Pogacar von Andrej Hauptman. Der Slowene war als Fahrer 2000 mit einem überhöhten Hämatokrit­wert, der auf Doping schließen könnte, von der Tour ausgeschlo­ssen worden. Das Umfeld Pogacars hat nicht die besten Lebensläuf­e.

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 ?? FOTO: LOPEZ/AFP ?? Vorjahress­ieger Tadej Pogacar dominiert die Tour de France nach Belieben – mit gerade 22 Jahren.
FOTO: LOPEZ/AFP Vorjahress­ieger Tadej Pogacar dominiert die Tour de France nach Belieben – mit gerade 22 Jahren.

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