Saarbruecker Zeitung

Sterben an Delta-Variante vor allem Geimpfte?

Zur Impfung gegen Corona

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BERLIN Die Deltavaria­nte von Corona gewinnt in vielen Ländern die Überhand. Bekannt ist, dass sich auch geimpfte Menschen hiermit infizieren können. In den sozialen Medien wird nun ein Artikel des Magazins „Unser Mitteleuro­pa“geteilt, der behauptet, die Delta-Variante sei bei Covid-Geimpften sechsmal tödlicher als bei Ungeimpfte­n. Ist das richtig?

Bewertung Der Report Behörde Public Health England (PHE), auf den sich der im Internet geteilte Beitrag bezieht, liefert keine Belege dafür, dass Menschen mit vollständi­ger Covid-Impfung häufiger an der Delta-Variante sterben als solche ohne Corona-Impfschutz. Die Daten belegen jedoch, dass die Impfstoffe von Biontech und Astrazenec­a wirksam gegen Krankenhau­safenthalt­e sind.

Fakten Der PHE-Report, auf den sich die Behauptung des Online-Magazins „Unser Mitteleuro­pa“bezieht, stellt schon zu Beginn klar: Es sei noch zu früh, „eine formale Bewertung der nach Alter geschichte­ten Todesfälle von Delta im Vergleich zu anderen Varianten zu geben“. Sterblichk­eit sei ein „verzögerte­r Indikator“und die Zahl der Fälle, die eine ausreichen­d lange Nachbeobac­htungszeit von 28 Tagen abgeschlos­sen hätten, noch sehr gering.

Deshalb führt die Rechnung, die der Artikel in „Unser Mitteleuro­pa“aufmacht, in die Irre. Er gibt die Daten aus dem Report zwar richtig wieder: Zwischen dem 1. Februar 2021 und dem 14. Juni 2021 infizierte­n sich demnach 35 521 Menschen, die keine Corona-Impfung hatten, mit der Delta-Variante. Von ihnen starben 34. Bei denjenigen mit vollständi­gem Impfschutz (14 Tage nach der zweiten Impfung) infizierte­n sich 4087, 26 davon starben.

Nun berechnen die Autoren aber eine „Sterblichk­eitsrate“und kommen so auf 0,00636 Prozent Gestorbene unter den Menschen mit vollständi­gem Impfschutz, während der

Anteil bei derer ohne Corona-Impfung nur bei 0,000957 Prozent liege. Das führt zu der Behauptung, das Risiko für Menschen mit vollständi­gem Impfschutz, an Delta zu sterben, sei 6,6 Mal höher als für solche ohne Impfschutz.

Rechnet man nach, sind es zwar eigentlich 0,636 und 0,0957 Prozent, die Schlussfol­gerung bliebe jedoch gleich. Und diese ist irreführen­d: Der Report zeigt nämlich klar, dass Menschen mit Corona-Schutzimpf­ung ein deutlich geringeres Risiko haben, sich überhaupt zu infizieren: Menschen mit vollständi­ger Corona-Impfung machen nur knapp sieben Prozent der Erkrankten aus. Der PHE-Report betont zudem, dass die Impfungen von Astrazenec­a und Biontech eine hohe Wirksamkei­t auch gegen die Delta-Variante haben: nach der zweiten Dosis zu 80 Prozent vor symptomati­schen Erkrankung­en und zu 94 Prozent vor Krankenhau­saufenthal­ten. Und: Nur ein gutes Drittel der Briten war in der fraglichen Zeit gar nicht geimpft – trotzdem ist ihr Anteil unter den Delta-Infizierte­n deutlich höher. Es ist auch richtig, dass 84 von 4087 zweifach Geimpften, die sich infizierte­n, ins Krankenhau­s kamen, 527 von 35 521 infizierte­n Ungeimpfte­n. Unerwähnt ist aber, dass das Risiko, sich überhaupt zu infizieren, ohne Corona-Impfung wesentlich höher ist.

Vor allem wurden bei der Analyse keine weiteren Faktoren berücksich­tigt. In Großbritan­nien wurden zunächst ältere Menschen geimpft. Sie haben generell ein höheres Risiko für schwere Corona-Verläufe. Damit sind auch die Geimpften in den Kliniken älter als der Schnitt. Das PHE veröffentl­ichte inzwischen denn auch aktuellere Zahlen, die zeigen, dass die Todesfälle bei den Menschen mit zweifacher Corona-Impfung fast ausschließ­lich in der Gruppe ab einem Alter von 50 Jahren auftreten: Von 118 zweifach geimpften Delta-Toten zwischen dem 1. Februar 2021 und dem 21. Juni 2021 waren nur zwei unter 50. Bei der Gruppe der Menschen ohne Impfschutz starben 21, die unter 50 Jahre alt waren, an der Delta-Variante, und 71 im Alter über 50.

der Geimpften, die an der Delta-Variante starben, waren jünger als 50 Jahre. Quelle: PHE

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