Saarbruecker Zeitung

Wie Gerichte den Machtpoker bei den Saar-Grünen entschiede­n

Parteirich­ter erzwangen die Neuwahl der Bundestags­liste und beeinf lussten mit einer Entscheidu­ng sogar die Mehrheit beim jüngsten Parteitag.

- VON DANIEL KIRCH Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Manuel Görtz

SAARBRÜCKE­N Mit der Einreichun­g der Grünen-Liste bei der Landeswahl­leiterin steuert ein mit beispiello­ser Härte geführter Machtkampf am Montag auf sein Ende zu. Ein Machtkampf, der letztlich von Richtern entschiede­n wurde.

Zunächst untersagte am Dienstag ein Parteigeri­cht den Grünen, die am 20. Juni gewählte Liste mit Hubert Ulrich als Spitzenkan­didat einzureich­en, wegen Formfehler­n. Am gleichen Tag erlaubte das Landgerich­t dem Landesvors­tand, zu einem neuen Parteitag einzuladen. Ulrich hatte genau das verhindern wollen.

Am Donnerstag der nächste, letztlich entscheide­nde juristisch­e Paukenschl­ag: Das Bundesschi­edsgericht schloss alle 49 Delegierte­n aus Saarlouis wegen eines Fehlers bei deren Wahl im Mai (kein Zutritt für einige auswärtige Mitglieder) vom Parteitag aus. Zwar sagte der Landesvors­tand daraufhin den Parteitag ab, doch das Bundesschi­edsgericht vereitelte das noch am selben Abend per Blitz-Entscheidu­ng.

Für Ulrich ist das Bundesschi­edsgericht unter dem Vorsitz des Bielefelde­r Rechtsanwa­lts Hartmut Geil Teil einer Kampagne der Bundespart­ei gegen ihn. Ulrichs Gegner halten das für absurd; Geil sei ein absolut integrer Jurist, der sich keine Befehle aus der Parteizent­rale erteilen lasse.

Jedenfalls lässt sich der auch in einem SZ-Kommentar erhobene Vorwurf, das Gericht habe die Eil-Entscheidu­ng über den Ausschluss der

Delegierte­n wochenlang hinausgezö­gert, bis sich der OV Saarlouis nicht mehr wehren konnte, nicht erhärten. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass das Gericht die Anfechtung der Delegierte­nwahl zwar schon im Mai erhielt, sie aber zuständigk­eitshalber an das Gericht der Saar-Grünen abgab und erst nach einer Beschwerde ab 5. Juli selbst damit befasst war. Es entschied dann binnen zehn Tagen.

Erst der Delegierte­n-Ausschluss ebnete Jeanne Dillschnei­der den Weg zur Spitzenkan­didatur, weil sich dadurch die Mehrheitsv­erhältniss­e beim Parteitag änderten. Der OV Saarlouis will zivilgeric­htlich dagegen vorgehen.

Zwar hatte am Vorabend des Parteitage­s auch das Landesschi­edsgericht unter dem Vorsitz des Saarlouise­r Rechtsanwa­lts Peter Nobert, bekannt als Vorstand des Saarländis­chen Flüchtling­srates, wegen eines Ladungsfeh­lers die Absage des Parteitags gefordert (ein Stadtratsk­ollege von Ulrich, der dem Gericht angehört, wirkte nach eigenen Worten daran nicht mit). Doch das verhindert­e das Bundesschi­edsgericht.

Selbst die eingereich­te Liste wird wohl noch einmal angefochte­n werden. Hier könnte erneut das Bundesschi­edsgericht das letzte Wort haben. Es hat dem Gericht der Saar-Grünen, dem einige Personen aus Ulrichs Umfeld angehören, vorsorglic­h schonmal Befangenhe­it attestiert.

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