Wie Gerichte den Machtpoker bei den Saar-Grünen entschieden
Parteirichter erzwangen die Neuwahl der Bundestagsliste und beeinf lussten mit einer Entscheidung sogar die Mehrheit beim jüngsten Parteitag.
SAARBRÜCKEN Mit der Einreichung der Grünen-Liste bei der Landeswahlleiterin steuert ein mit beispielloser Härte geführter Machtkampf am Montag auf sein Ende zu. Ein Machtkampf, der letztlich von Richtern entschieden wurde.
Zunächst untersagte am Dienstag ein Parteigericht den Grünen, die am 20. Juni gewählte Liste mit Hubert Ulrich als Spitzenkandidat einzureichen, wegen Formfehlern. Am gleichen Tag erlaubte das Landgericht dem Landesvorstand, zu einem neuen Parteitag einzuladen. Ulrich hatte genau das verhindern wollen.
Am Donnerstag der nächste, letztlich entscheidende juristische Paukenschlag: Das Bundesschiedsgericht schloss alle 49 Delegierten aus Saarlouis wegen eines Fehlers bei deren Wahl im Mai (kein Zutritt für einige auswärtige Mitglieder) vom Parteitag aus. Zwar sagte der Landesvorstand daraufhin den Parteitag ab, doch das Bundesschiedsgericht vereitelte das noch am selben Abend per Blitz-Entscheidung.
Für Ulrich ist das Bundesschiedsgericht unter dem Vorsitz des Bielefelder Rechtsanwalts Hartmut Geil Teil einer Kampagne der Bundespartei gegen ihn. Ulrichs Gegner halten das für absurd; Geil sei ein absolut integrer Jurist, der sich keine Befehle aus der Parteizentrale erteilen lasse.
Jedenfalls lässt sich der auch in einem SZ-Kommentar erhobene Vorwurf, das Gericht habe die Eil-Entscheidung über den Ausschluss der
Delegierten wochenlang hinausgezögert, bis sich der OV Saarlouis nicht mehr wehren konnte, nicht erhärten. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass das Gericht die Anfechtung der Delegiertenwahl zwar schon im Mai erhielt, sie aber zuständigkeitshalber an das Gericht der Saar-Grünen abgab und erst nach einer Beschwerde ab 5. Juli selbst damit befasst war. Es entschied dann binnen zehn Tagen.
Erst der Delegierten-Ausschluss ebnete Jeanne Dillschneider den Weg zur Spitzenkandidatur, weil sich dadurch die Mehrheitsverhältnisse beim Parteitag änderten. Der OV Saarlouis will zivilgerichtlich dagegen vorgehen.
Zwar hatte am Vorabend des Parteitages auch das Landesschiedsgericht unter dem Vorsitz des Saarlouiser Rechtsanwalts Peter Nobert, bekannt als Vorstand des Saarländischen Flüchtlingsrates, wegen eines Ladungsfehlers die Absage des Parteitags gefordert (ein Stadtratskollege von Ulrich, der dem Gericht angehört, wirkte nach eigenen Worten daran nicht mit). Doch das verhinderte das Bundesschiedsgericht.
Selbst die eingereichte Liste wird wohl noch einmal angefochten werden. Hier könnte erneut das Bundesschiedsgericht das letzte Wort haben. Es hat dem Gericht der Saar-Grünen, dem einige Personen aus Ulrichs Umfeld angehören, vorsorglich schonmal Befangenheit attestiert.