Rassismus-Eklat kurz vor dem Olympia-Start
Deutsche Fußball-Mannschaft bricht ihren Test gegen Honduras kurz vor dem Ende ab. Trainer Kuntz nennt Vorfälle „traurig und armselig“.
YOKOHAMA (sid) Stefan Kuntz nahm den „aufgelösten“Jordan Torunarigha fest in die Arme, das magere 1:1 im Olympia-Test gegen Honduras geriet für die deutschen Fußballer angesichts des Rassismus-Eklats kurz vor Spielende schnell zur Nebensache. „Das verletzt unsere Werte – das können wir nicht dulden“, sagte DFB-Trainer Kuntz, der gemeinsam mit seiner Mannschaft fünf Minuten vor dem Schlusspfiff im japanischen Wakayama empört den Rasen verlassen hatte.
Schon während der Begegnung am Samstag hatte sich Kuntz über die seltsame Körpersprache von Torunarigha gewundert. „Fünf Minuten vor Ende kam es dann zu einem Gerangel. Ich habe Jordans Mimik gesehen und bin gleich zu ihm gelaufen. Er war kaum einzukriegen, hat sich furchtbar aufgeregt und war sehr aufgelöst. Er hat gesagt, dass er wiederholt rassistisch beleidigt wurde“, sagte Kuntz, der die Vorfälle „traurig und armselig“nannte.
Als Folge habe er dem Schiedsrichter und dem Gegner mitgeteilt, das Spiel abbrechen zu wollen. Seine Spieler trugen diese Entscheidung mit. „Rassismus hat einfach keinen Platz im Fußball“, sagte Max Kruse, Kapitän Maximilian Arnold bekräftigte: „Wir haben ein Statement gesetzt. Das war wichtig.“
Torunarigha war bereits im Februar 2020 beim Pokalspiel zwischen Schalke und Hertha mit rassistisch motivierten Beschimpfungen konfrontiert worden. In der Verlängerung hatte der sichtlich aufgebrachte Hertha-Verteidiger damals die Gelb-Rote Karte gesehen.
Nach Ansicht von Fan-Forscher Gunter A. Pilz hat die deutsche Mannschaft alles richtig gemacht. „Das war die einzig richtige Reaktion, sehr konsequent“, sagte Pilz der Rheinpfalz: „Da kann man nicht wegsehen. Ein solches Zeichen zu setzen, sollte anderen Mut machen.“
Welche Worte genau am Samstag in Wakayama benutzt wurden, blieb unklar. Honduras’ Verband sprach nach der Partie in einer offiziellen Stellungnahme von einem
„Missverständnis unter den Spielern beider Mannschaften“. Kuntz konnte darüber aber nur gequält lächeln. „Wenn ich früher mit einer Sechs nach Hause kam, habe ich meiner Mutter auch immer gesagt, dass es ein Missverständnis zwischen dem Lehrer und mir war“, sagte der DFBCoach und fügte an: „Das lasse ich mal am besten unkommentiert.“
Immerhin sei die Mannschaft der Mittelamerikaner nach dem Abbruch noch zum DFB-Team gekommen und habe sich entschuldigt. „Damit war das Thema für uns gegessen“, sagte Kuntz, der den Vorfall schnell abhaken will. Schließlich naht das erste Gruppenspiel gegen Brasilien am Donnerstag (13.30 Uhr), einen Tag vor der offiziellen Eröffnung, mit riesigen Schritten.
Der über 3x30 Minuten ausgetragene Test gegen Honduras, ausgetragen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, gab Kuntz zumindest erste Erkenntnisse. Felix Uduokhai vom FC Augsburg erzielte in der 84. Minute den Ausgleich in einer stellenweise hart geführten Begegnung. Kuntz war unter dem Strich zufrieden, schließlich sei Honduras nicht die „Waikiki-Inseln“, sondern ein Olympia-Teilnehmer. „Ich war mit dem Test extremst zufrieden. Jeder weiß jetzt, wo er noch ein Schippchen drauflegen muss“, sagte Kuntz, der allen 18 Spielern Einsatzzeit gab: „Wir werden viel daraus mitnehmen für unser erstes Spiel.“Das sah auch Kapitän Arnold so: „Wir hatten bisher nur vier Tage Training, dafür haben wir ganz ordentlich gespielt.“